Diverses:100 Meisterwerke – Die Schrankwand (Eiche rustikal)
Die Schrankwand (Eiche rustikal), gegenständliches Arrangement auf Eiche, Wanne-Eickel 1967.
Diese dreidimensionale Installation besticht durch ihre klare Formgebung und ihre ruhige und dennoch wortgewaltige Bildsprache. Große Kunst muss nicht laut sein um zu wirken. Im Gegenteil, das Werk schöpft seine Kraft gerade aus dieser erhabenen Gelassenheit.
Schaut man ein Stück weiter als die meisten heutigen Kulturnihilisten, die in ihrem oberflächlichen Urteil hier vorschnell nur ein Stück Mobiliar sehen, sieht man gar in die Seele des Kunstwerkes, erkennt man, dass es sich hier um einen Aufschrei gegen die Zwänge der Evolution handelt. Dies ist kein Ort der Veränderung, Die Schrankwand (Eiche rustikal) lässt uns schmerzhaft die eigene Rastlosigkeit spüren. Sie transportiert ein Gefühl der Stärke aber gleichzeitig auch Unsicherheit. Wird die Zukunft Veränderung in dieses deutsche Idyll bringen? Hier ist die Verletzlichkeit förmlich mit Händen zu greifen.
Es ist dem Künstler durch einfachste Linienführung gelungen einen deutlichen Fingerzeig, ja fast schon einen anklagenden Zeigefinger gegen neumodische Trends und die Wegwerfgesellschaft zu erheben.
Die Farbe erinnert eindeutig an das bekannte Balzgefieder des südamerikanischen Braunkehlchens. Wie die geweihten Schrumpfköpfe eines Maya-Schamanens schreit die Tonkrugsammlung im linken oberen Eck ihren Schmerz in die Welt. Fast achtlos sind diese Artefakte arrangiert, in krassem Gegensatz zur sonst so geordneten Welt der Schrankwand. Ein Zufall? Wohl kaum. "Auch in der größten Ordnung findet sich ein Stück Anarchie" will uns der Künstler durch dieses eigenwillige Stilmittel erklären. Wie ein Leuchtturm thront die Messingvase über dem restlichen Kunstwerk. Der einzige Farbtupfer in dieser sonst so tristen Landschaft, diesem Biotop der grauen Mäuse. Eine Anklage an die Gesellschaft? Die Obrigkeit schwelgt im Überfluss, während die grauen Mäuse der Bourgeoisie in ihrem unentrinnbaren Dasein gefangen bleiben.
Mittelpunkt des Arrangements, wenn auch dezentral angeordnet sind die Mittel der modernen Kommunikation, Radio und Fernseher. Das Radiogerät, welches ohne üppige Ornamentik, eher bieder in der Wand unterzugehen droht, wird als gestrige Technik in der Masse der ausgestellten Artefakte gleichsam verborgen. Hier erhält es seinen vom Künstler verordneten Stellenwert. Im starken Gegensatz dazu durchbricht der scheinbar achtlos leicht verdrehte Fernseher brutal das perfekte Ensemble der rechten Winkel und setzt so einen spannenden Kontrapunkt. Hier ist etwas Neues, etwas aufregendes, das aus der tristen Einsamkeit des Alltags ausbricht und die weite Welt vorführt.
Welche Inspiration führte die Hand des Künstlers im Mittelteil, der durch eine Vielzahl von Kleingegenständen gekennzeichnet ist. Die Pflanze, die keck über den Abgrund lugt, könnte es uns sagen. Aber sie blinzelt nur verschwiegen in jene Sonne, die unbarmherzig durch die vergilbten Gardinen strahlt und an ihrem dürftigen Wasservorrat zehrt.
Häufig kopiert, kommt kein zeitgenössisches Machwerk auch nur annähernd an die Bildgewalt von Die Schrankwand (Eiche rustikal) heran. Und so ist sie auch heute noch so aktuell wie zu jenem Tag, an dem sie das Licht der Welt erblickte. Auch in vielen Jahren wird sie den Betrachter zum Verweilen und Staunen einladen und ihn nachdenklich und doch optimistisch seiner Wege schicken.
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