Schleife

Früh- und Davorgeschichte

So kann man sich Weihnachten in der Vorzeit vorstellen

Heute steht fest, dass Weihnachten bereits vor vielen tausend Jahren erfunden wurde. Da damals aber neben den bereits vorhandenen Tannenbäumen nicht nur das Christuskind, sondern auch das Rad noch fehlte, sah man sich dem gewaltigen Problem gegenüber, dass Berge von Geschenken in den Höhlen herum standen, diese aber nur sehr aufwändig zu den zu Beschenkenden befördert werden konnten.

Der Begriff für die üble Schlepperei von Weihnachtsgeschenken war dem Geräusch entlehnt, das durch das Ziehen oder vor sich her Drücken der meist sehr schweren Steinpostkarten und –Verpackungsmaterialien über dem Boden auf ungebahnten Wegen entstand: das „Schleifen“.

Archäologische Rekonstruktion einer Zweihandschleife


Sein nicht überlieferter Erfinder war gegen alles, was gegen Ende des Jahres so herumstand und aufgrund zu großer Sperrigkeit und/oder zu großem Gewicht nicht oder nur schwer befördert werden konnte.

Weil er die Verwandtschaft auch nicht immer wieder einladen wollte, damit diese sich die obligatorischen Geschenke abholt und dies wohlmöglich mit stundenlangen Besuchen verbindet, kam er auf die geniale Idee, Lianen¹ um die zu befördernde Sache zu schlingen und sie auf der oberen Seite miteinander zu verknoten und eine oder mehrere Schleifen zu binden, je nachdem, wie viele Leute mit dem Schleppen betraut wurden.


In jede Schleife wurde eine Hand geschoben und der Gegenstand konnte so viel bequemer von einer Höhle zur anderen geschleift werden; so verlagerte sich der Name des Vorgangs auf den Namen des Hilfsmittels – das erste substantivierte Verb war geboren: Die Schleife.

Allerdings hatte dieser kluge Mann damit nicht das ursprüngliche Problem gelöst, da seine Verwandschaft seine Erfindung ein Jahr später auch praktizierte. Sie banden Schleifen an die Geschenke für seine Familie und brachten diese komfortabel zu ihm und blieb wie zuvor stundenlang zu Besuch. Es hatte sich de facto nichts geändert. Dieses systemimmanente Problem besteht heute noch - außer bei anonymen Geschenken, die aber andere Streitigkeiten auslösen können oder gar zu terroristischen Akten verleiten können.

Der Sinneswandel im Laufe der Zeit

Leider verlor die Schleife mit dem Einsatz moderner Beförderungsmethoden, nämlich im Zuge der

  • Erfindung des ersten Rades, etwa um 4000 v. Chr. und der
  • Erfindung des zweiten Rades, etwa um 3000 v. Chr.

ihren eigentlichen Sinn.

Dies wurde insbesondere nach der Erfindung des zweiten Rades beobachtet, weil mit nur einem Rad noch vieles umkippte und zum Schleppen geschleift werden musste.

Pfarrer tragen die hübschen Schleifen heute noch

Doch je üppiger Weihnachten gefeiert werden konnte, desto edler wurden zwar die Stoffe gearbeitet, aber umso unbrauchbarer waren sie hinsichtlich des früheren Verwendungszwecks. Anfangs wurden noch Naturfasern, wie z. B. Hanfseile, die nach ihrem Einsatz bei der Weihnachtsfeier immer noch geraucht werden konnten, genommen. Später wurden sie aus feineren Stoffen wie gewalzten Seidenraupen, verwobenen Pferdewimpern, und schließlich ab den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts aus Abspanungen von Hauptplatinen gefertigt.

Bereits im Mittelalter begann man, auch besonders kostbare, also edle und reiche Menschen, vor allem Mitglieder der Regierungen und auch Geistliche mit Schleifen für das Weihnachtsfest zu schmücken; aus dieser Zeit stammte daher auch der Brauch, dem Ehegatten Nachschub für die Hals-Bekleidung zum nächsten Weihnachtsfest zu schenken: das berüchtigte Krawatten-Geschenk! Da sich so über die Jahrzehnte und und Jahrhunderte riesige Massen an Krawatten ansammelten, ging man dazu über, sie im Alltag aufzutragen.

So erfuhr die Schleife eine ähnlich sinnentleerende Geschichte wie die des Hühnereis hin zum Fabergé-Ei und entwickelte sich letztlich allenfalls zu einem schmucken Beiwerk eines Weihnachtsgeschenkes, das allerdings psychologisch nicht zu unterschätzen ist.

Sie erzählt jedoch keine Geschichten mehr von Schweiß und Blut, von Hautabrieben, die sich in früheren Zeiten in den Fasern der Schleife fanden.

Die Schleife heute

Religiöse Bedeutung

Schleifen werden oft auch als ein wichtiges religiöses Symbol am Ende eines jeden Christenlebens verwendet und stellen damit ein Gegengewicht für die weihnachtliche Verwendung dar, wo sie ja letztlich nichts anderes als Attribute einer Geburtstagsparty sind.

Die Trauerschleife charakterisiert einerseits die immer noch bestehende Verbundenheit zwischen den Lebenden und dem/der Toten, allerdings durch die Wahl feinster Stoffe auch die Zerbrechlichkeit menschlicher Bande. Aufgrund ihrer leichten Entflechtbarkeit deutet sie als eine Art "geplatzter Knoten" auf das Ende der irdischen Qualen und das kommende Himmelreich hin.

Kritiker dieser Philosophie - die "Reli-Realos" - gehen allerdings davon aus, das sich die Verbundenheit allenfalls bis zum Sechswochenamt und/oder der Auszahlung der Erbschaft fortsetze und ihren religiösen Wert faktisch verloren habe. Allein weihnachtliche Schleifen bekräftigten die unter Lebenden und Lebensbejahenden vor dem Hintergrund des Geburtstages eines Religionsstifters den Zusammenhalt und die Gemeinschaft der Menschen. Kritiker dieser Philosophie - die "Re-Reli-Realos" - meinen, an diesen Festtagen nur die Verbundenheit zwischen Lebenden und toten Gegenständen feststellen zu können.

Psychologische Bedeutung

Mittlerweile werden heutzutage etwa mit der gleichen Energie Schleifen hergestellt, wie in der Früh-, Vor und Dazwischenzeit die eigentlichen Geschenke.

Sie ist zu einem Ausdruck des weihnachtlichen Zeitgeistes einer konsumierenden Bevölkerung, zu einem Hilfsmittel für die perfektionierte Oberfläche, für den Schein des Inhaltes unter ihr geworden, sie blendet den Beschenkten mit edler Verarbeitung und kunstvollen Knoten und lenkt vom stumpfen Inhalt ab.

So fungiert die Schleife angesichts der immensen Retourenzahlen von Weihnachtsgeschenken nach den Feiertagen und vielen von falschen oder unpassend empfundenen Geschenken, von Enttäuschungen ausgehenden Ehe- und Familienkriegen als wichtiges Attribut der heutigen Wegwerfgesellschaft und erhält auf diese Weise ihren ursprünglichen Sinn in abstrahierter Form fast zurück.

Das Schleifen

Die Tradition

Vor der industriellen Revolution musste das Schleifenlegen noch von Hand erledigt werden: Hier eine Anleitung zur manuellen Technik:

  1. Man nehme ein Schleifenband und durchtrennt es nach 2 ¾ der lichten Breite des einzupackenden Geschenks. Hinweis: nicht durchbeissen, weil es a) nicht fein ist und b) böse Schnittwunden im Zahnfleisch hinterlassen kann
  2. Mit dem Band umschlingt man das Geschenk in der Breite, verdreht es oben um 90°, umschlingt es noch einmal in der Länge, dreht das Geschenk, verdreht die Enden um 90°...
  3. Um nicht paranoides Opfer einer Endlosschleife zu werden, ruft man jetzt spätestens jemanden, der mit einem Daumen assistiert, der genau auf das Schleifenbandkreuz zu halten ist.
  4. Sie weisen den Daumenträger darauf hin, dass Sie den ganzen Mist noch einmal machen können, weil er nicht fest genug drauf gedrückt habe.
  5. Wiederholung des zweiten Schrittes
  6. Sie machen eine einfache, lose Schlaufe, während der besagte Daumen sich FEST auf dem Schleifenbandkreuz befindet und ziehen die Schlaufe GANZ FEST zu. Ignorieren Sie evtl. Schmerzenschreie.
  7. Wiederholen Sie die Schritte 1 und 2, weil der Daumen beim Akt des letzen Zuziehens nicht schnell genug herausgezogen wurde und Sie das verdammte Band nicht noch einmal brauchen können.
  8. Sie ziehen die Schlaufe GANZ FEST UND GANZ SCHNELL zu, während Sie dem Daumenträger "JETZT!!!" zubrüllen
  9. Bringen Sie das Geschenk zum Laden, wo Sie es gekauft haben und lassen es dort mit einer schönen Schleife versehen!

Automatisierung

Die Schleifentechnik hat sich jedoch stark gewandelt. Mittlerweile werden die meisten Geschenke nicht mehr von Hand geschleift. Diese Funktion hat in den allermeisten Haushalten der Winkelschleifer für eckige oder der Exzenterschleifer für runde Geschenke übernommen. Daher ist der Absatz dieser Geräte zur Weihnachtszeit auch am höchsten.


Hier ersieht man die Vorgehensweise des Schleifens mit einem Winkelschleifer:


Zunächst werden einzelne Schleifenbänder
um das Geschenk gezogen und in den Kopf des Schleifers eingefädelt.
Dies wird gemäß der gewünschten Anzahl
an Schleifen entsprechend oft wiederholt.
Das Gerät wird eingeschaltet.
Je kleiner die Schleifen sein sollen,
desto höher muss die Drehzahl sein!
UND
Die maschinell erstellte Schleife ist fertig!

Mythologie

Eine der sagenhaften Schleif-Feen im Alltag

Schon früh hatten sich Sagen gebildet, nach der eine wunderschöne Frau das wegen der schweren Arbeit berüchtigte Schleifen zur Weihnachtszeit still und heimlich erledigte. Man ging von einer feengleichen Erscheinung aus, die in der Nacht vor dem heiligen Abend ins Haus eindrang und alle Geschenke mit viel Liebe und Geschick schleifte und diese zu den glücklichen Beschenkten brachte: Die Schleif-Fee.

Tatsächlich gibt es in der Vergangenheit viele Beispiele für ein nicht erklärbares Geschleiftsein von Geschenken. Die Männer konnten nicht glauben, wie so viel Arbeit neben der eigentlichen Hausarbeit erledigt werden konnte. Daher gingen sie davon aus, dass es ihre Ehefrauen nicht gewesen sein konnten.

Die Schleife in der Literatur

Heinz Erhardt hat die mythologischen Aspekte aufgegriffen und dies in seinem zwölfzeiligen Hauptwerk "Weinerliche Weihnacht" verarbeitet, das allerdings später von Johann Wolfgang von dem Goethe verballhornt und als "Erlkönig" veröffentlicht wurde:

Wer weint so spät bei Wind und Weihnacht?
Ne Schleif-Fee ists, die Überstunden macht.
Das Band, das sie in den Händen hält,
hält sie fest, damits nicht runter fällt.
Weil es in die Finger schneidet,
ists der Grund, warum sie leidet!

Halb drei, halb fünf. Es wird schon hell.
Noch immer schleift die Fee so schnell.

Zum Ende windet sie behände,
mit Not und Hasten die letzten Knoten –
verbände sich die wunden Pfoten,
wenn sich nur n Pflaster fände!

Sonderformen

Schleifen als symbolische Geschenke

Schleifen um des Schleifens willen

Der Arbeitsalltag von Polizisten wird oft vom Schleifendienst beglückter und ihre Mitmenschen "beglückender" Weihnachtsmänner oder solchen, die es werden wollen, geprägt. Hier kommt die Schleife bzw. das Schleifen entgegen dem Trend zum ursprünglichsten Sinn zurück.

Schleifen um der Schleifen willen

Eine puritanische Weihnachtsbewegung – die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Zwei Weihnachtstage - forderte eine Abspaltung des Weihnachtsgeschenkes von der Schleife, da sie im ersteren nur ein böses verweltlichtes Konsumsymbol sah und nur durch die Schleife an sich den Charakter eines absichtslosen symbolischen Schenkens idealisiert erfüllt sah.

So wurden von Anhängern dieser Glaubensrichtung zu Weihnachten nur noch Schleifen verschenkt.

Die Warteschleife

Für die "Just for Fun"-, also die Kundenservice-Abteilungen, stehen aufgrund ihrer unternehmensinternen Geltung und der wirtschaftlichen Lage immer weniger Geld zur Verfügung. Verschärfend kommt hinzu, dass das Kundenselbstbewusstsein trotz der zu Recht vernachlässigten Betreuung - weil Weihnachten nicht abgeschafft zu werden droht - ständig ansteigt, was unternehmensintern Gegenstand vieler Recherchen ist. Jedenfalls muss immer weniger Personal auf immer mehr Rückfragen und Reklamationen aufgeteilt werden.

Diese Engpaßsituation nimmt z. T. dramatische Formen an. Was man jedoch schon erfolgreich im Informationsbereich überfüllter Supermärkte praktiziert, übernimmt man nach dem Staudamm-Prinzip einfach auch für die telefonische Variante dieses Phänomens.


Vorgehensweise:
Einsatz eines schlecht programmierten Telefoncomputers, der vom Standard des „niedersächsischen Edelhochdeutsch“ ausgeht. Um sicher zu gehen, dass der frische Anrufer erst einmal beschäftigt ist, kommen mindestens 15 Abfragen, von denen mindestens zwei verrauscht sind, so dass über die Option „Ich habe nichts verstanden – bitte wiederholen“ die Ansage neu gestartet werden muss.
Die Abfragen werden mit nervigen "JingleBells"- oder irrwitzig-sarkastischen "White-Christmas"-Tönen untermalt.
Nachfragen werden dramatischer - z.B. mit einem Weihnachtsoratorium - intoniert.
Für die Dialektarmen geht es in die zweite Phase:
„Einen Moment, der nächste freie Mitarbeiter wird sich um Sie kümmern!“
Speziell geschulte Anti-Telefonterror-Einheiten übernehmen nach zehn bis fünfzehn Minuten den bis hierhin gekommenen, leicht säuerlichen Anrufer. Standardsätze lauten:

„Dieser Artikel wäre ohnehin erst wieder Weihnachten 2008 lieferbar“
„Ihr Artikel müsste doch vor Ihrer Tür liegen! Schauen Sie mal nach! Ja, ich warte!" *klick*

„Sie sind in der EDV-Abteilung gelandet!“
"я не понимаю??"
Die etwas gestressten Kunden, die diese Tortur überstehen, werden dann nicht ohne ironische Entschuldigung der „Unanehmlichkeiten“ zum zuständigen Mitarbeiter überstellt, der vorsichtshalber noch einmal die kompletten Kontakt-Daten, inkl. Kundennummer, die sowieso fast nie zur Hand ist, nachfragt.
Alle anderen, die nicht so weit gekommen sind, haben eines gemeinsam, ob aktiv im Zwist mit dem Telefoncomputer befindlich oder inaktiv auf den nächsten freien Mitarbeiter hoffend: sie warten auf Hilfe zu ihren weihnachtlichen Problemen und haben nicht gemerkt, dass sie sich mitten in einer Bescherung befinden!


Die ganze Prozedur ist allerdings hinfällig, wenn man in der ersten Phase die Frage: „Möchten Sie eine Bestellung vornehmen?“ mit „Ja“ beantwortet.

Schematisch kann man sich die Warteschleife also wie eine „Reise nach Jerusalem“ in der Arztpraxis an einem Montagmorgen vorstellen, die nur sehr zögerlich abgebaut wird. Es sei denn, man ist Privatpatient.

Weitere Beispiele

Ein teures, schnelles Autos wird am besten in einer Nordschleife liegend – hier ein Abschnitt des Adenauer Forsts am Nürburgring - verschenkt
Männer werden am besten mit einer sog. Krawattenschleife ver- und beschenkt
Schuhe zu beschleifen ist nicht mehr ein nur zur Weihnachtszeit gepflegter Brauch
Die letzte Schleife - oft gebrauchtes Utensil während der Weihnachtsfeiertage

Siehe auch

1) Es ist derzeit in der Weihnachtsforschung heftig umstritten, ob abgenutzte Lianen die Vorgänger für das Lametta (Mehrzahl von "Opferlamm am Weihnachtsstamm") waren.

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