Joseph „Joe“ Robinette Biden, Jr. (Aussprache [ˈd͡ʒoʊ̯zəf ˌɹɑbɪˈnɛt ˈbaɪ̯dən], * 20. November 1942 in Scranton, Pennsylvania) ist ein US-amerikanischer Politiker der Demokratischen Partei und seit dem 20. Januar 2021 der 46. Präsident der Vereinigten Staaten. Von 1973 bis 2009 gehörte er als Vertreter des Bundesstaates Delaware dem Senat der Vereinigten Staaten an. Von 2009 bis 2017 war er während der Amtszeit Barack Obamas der 47. Vizepräsident der Vereinigten Staaten.
Biden studierte Geschichte und Recht und war vor seiner politischen Karriere als Rechtsanwalt tätig. Er verlor seine erste Frau Neilia und eine Tochter durch einen Unfall sowie einen Sohn durch Krankheit. 1972 wurde er als 29-jähriger Lokalpolitiker in den nationalen Senat gewählt. Dort wirkte er auf die Verschärfung des Strafrechts hin und profilierte sich als Außenpolitiker sowie als katholischer Vertreter der politischen Mitte. 1988 und 2008 bewarb er sich erfolglos um die Nominierung als demokratischer Präsidentschaftskandidat. An der Seite von Barack Obama gelang ihm 2008 und 2012 die Wahl als Vizepräsident.
2020 setzte sich Biden gegen starke innerparteiliche Konkurrenz vor allem vom linken Parteiflügel als Präsidentschaftskandidat der Demokraten und Herausforderer Donald Trumps durch. In der Wahl vom 3. November 2020 schlug Biden Trump mit 51,3 % der Stimmen und 306 (gegen 232) Wahlleuten. Im Januar 2021 trat er das Amt vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und der Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger als bisher ältester Präsident in der amerikanischen Geschichte an. Am 25. April 2023 gab Biden seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 bekannt.
Familie, Ausbildung und Beruf
Der Sohn von Joseph „Joe“ Robinette Biden, Sr. (1915–2002) und Catherine Eugenia „Jean“ Finnegan (1917–2010) wuchs mit zwei Brüdern, James Brian und Francis W. Biden, und einer Schwester, Valerie Biden, verh. Owens, auf. Die Familie ist römisch-katholisch und irischer Herkunft. Bidens väterliche Abstammungslinie führt jedoch nach England zurück: Sein Ur-Ur-Ur-Großvater war der Steinmetz William Biden, der 1789 in dem Dorf Westbourne in der südenglischen Grafschaft Sussex geboren wurde und 1820 als Einwanderer im US-Bundesstaat Maryland registriert wurde. Dessen ungeachtet betonte Biden öffentlich nur seine irischen Wurzeln.
Als Joe Biden Jr. zehn Jahre alt war, siedelte die Familie nach Claymont in Delaware über, wo er im vorstädtischen New Castle County aufwuchs. Der Vater arbeitete als Autohändler. Im Jahr 1961 schloss Biden in Claymont die römisch-katholische Archmere Academy ab; 1965 graduierte er an der University of Delaware in Newark in den Schwerpunkten Geschichte und Politikwissenschaft. Er erhielt die Gesamtnote „C“ und wurde 506. von 688 Studenten. 1968 folgte am College of Law der Syracuse University der Abschluss als Juris Doctor. Von den 85 Teilnehmern seines Jahrgangs belegte er den 76. Platz. Danach erhielt Biden die Zulassung als Rechtsanwalt und praktizierte ab 1969 in Wilmington (Delaware). Ab 1991 lehrte er Verfassungsrecht an der Widener University School of Law.
Am 27. August 1966 heiratete Biden seine College-Liebe Neilia Hunter in Skaneateles (Onondaga County). Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Joseph Robinette III (genannt „Beau“, 1969–2015), Robert Hunter (* 1970) und Naomi Christina (1971–1972). Am 18. Dezember 1972 kamen Neilia und Naomi bei einem Verkehrsunfall ums Leben; die beiden Söhne überlebten verletzt. Biden legte seinen Eid für den US-Senat im Januar 1973 an deren Krankenbett ab. Am 17. Juni 1977 heiratete er in New York City Jill Tracy Jacobs; die gemeinsame Tochter Ashley kam 1981 zur Welt. Am 30. Mai 2015 starb sein Sohn Beau an einem Gehirntumor. Biden hat sieben Enkel. Zur Zeit von Bidens Präsidentschaft wohnen neben Joe und Jill Biden auch seine Enkeltochter Naomi Biden (Tochter von Robert Hunter) und ihr Mann Peter Neal im Weißen Haus. Naomi Biden und Peter Neal heirateten dort im November 2022.
Biden leidet unter Stottern, das sich nach seinen eigenen Angaben seit seinen frühen Zwanzigern verbessert hat. Er sagt, er habe es reduziert, indem er Gedichte vor einem Spiegel rezitiert habe, wobei er eine Vorliebe für irische Dichter, und besonders Seamus Heaney, den er heute noch gern zitiert, entwickelt habe.
Politische Karriere bis zur Präsidentschaft
US-Senator für Delaware (1973–2009)
Politisch aktiv wurde Biden in den Jahren 1968 bis 1969, da die Inhaber der Anwaltskanzleien, in denen er arbeitete, jeweils aktive Lokalpolitiker waren. Seine (anfängliche) Registrierung als Unabhängiger führt er darauf zurück, dass er sowohl den republikanischen Präsidenten Richard Nixon als auch den demokratischen Gouverneur Charles L. Terry nicht leiden konnte – Letzterer hatte die Nationalgarde nach Rassismusunruhen in Wilmington patrouillieren lassen und war als „The Great Divider“ bekannt. Obwohl sich Biden selbst nicht in der Bürgerrechtsbewegung engagierte, nannte er sie immer wieder als einen Auslöser seiner Politisierung.
Biden gewann sein erstes politisches Mandat, als er (nunmehr Demokrat) im November 1970 in den Rat des New Castle County gewählt wurde. Bei der Wahl zum US-Senat 1972 trat er gegen Cale Boggs an, der als ehemaliger Gouverneur Delawares und langjähriger republikanischer Vertreter des Bundesstaates ein etabliertes Profil hatte. Als einer der Jüngsten überhaupt siegte er mit 29 Jahren und vertrat ab 1973 bis zum Antritt der Vizepräsidentschaft 2009 den Bundesstaat Delaware im Senat der Vereinigten Staaten. Dabei gewann er sechs Wiederwahlen. Als täglicher Bahnfahrer vertrat er im Senat die Interessen von Amtrak und sah sich als Interessenvertreter der Dover Air Force Base und der Hühnerverarbeitungsindustrie Delawares. Als Redner ist er bekannt für seine sprachgewandten und emotionalen, oft langen Reden. Viele Jahre saß er im United States Senate Committee on the Judiciary und United States Senate Committee on Foreign Relations. In Letzterem war er zuletzt Vorsitzender und damit einer der profiliertesten Außenpolitiker des Kongresses.
Im Justizausschuss war Biden von 1987 bis 1995 Vorsitzender und von 1981 bis 1987 sowie von 1995 bis 1997 als Ranking Minority Member. In seine Amtszeit als Vorsitzender fielen die stark umstrittenen Verhandlungen zu den Nominierungen der konservativen Supreme-Court-Richter Robert Bork (1987, vom Senat abgelehnt) und Clarence Thomas (1991).
Biden war maßgeblich am Violent Crime Control and Law Enforcement Act (1994) beteiligt, der Waffenbesitz einschränkte, die Todesstrafe und die Ermittlungszuständigkeit für eine Reihe von Verbrechen auf die Bundesebene ausdehnte wie bestimmte Immigrationsverbrechen, Hass- und Bandenkriminalität oder Sexualverbrechen. Teil des Gesetzes war der Violence Against Women Act, der die Rechte von Frauen ausweitete. Ebenso war er 2003 Autor des Reducing Americans’ Vulnerability to Ecstasy Act (RAVE Act), der aufgrund seiner umfassenden Maßnahmen Kritik der elektronischen Musikszene auf sich zog.
Als Vorsitzender des International Narcotics Control Caucus beschäftigte sich Biden mit Gesetzen zur Anti-Drogen-Politik der USA. Als Mitglied des Ausschusses setzte sich Biden für verschärfte Maßnahmen gegen Flunitrazepam, MDMA (Ecstasy), Ketamin und anabole Steroide ein.
Außenpolitisch engagierte sich Biden im Kampf gegen den Terrorismus und gegen Massenvernichtungswaffen und spezialisierte sich auf Europa nach dem Kalten Krieg, den Nahen Osten und Südostasien. Er trat kurz nach dem Zerfall Jugoslawiens für eine aktive und notfalls gewaltsame US-Außenpolitik auf dem Balkan ein. Er nannte Slobodan Milošević früh einen Kriegsverbrecher und setzte sich dafür ein, das Waffenembargo gegen die Gegner der Serben aufzuheben und bosnische Muslime militärisch zu trainieren. Sein Eintreten für Lufteinsätze der NATO war mit ausschlaggebend, Bill Clinton von dieser Option zu überzeugen.
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 unterstützte Biden US-Präsident George W. Bush und forderte mehr Bodentruppen im Krieg in Afghanistan. Im Senat stimmte er der Resolution zum Irakkrieg zu, da er der Meinung war, dass Saddam Hussein gestürzt werden müsse. Heute bereut Biden diese Entscheidung, genau wie andere führende Demokraten.
Präsidentschaftskandidat (1988 und 2008)
Bei der Präsidentschaftswahl 1988 erklärte Biden seine Kandidatur im Juni 1987, stieg aber bereits nach sechs Wochen aus dem Rennen aus, nachdem Plagiatsvorwürfe gegen ihn erhoben worden waren. Er hatte eine Rede des britischen Labour-Vorsitzenden Neil Kinnock kopiert, die Einzelheiten zum persönlichen Leben enthielt, die in Kinnocks Fall stimmten, bei Biden nicht. 2004 galt er aufgrund seiner Erfahrung als möglicher Außenminister oder Vizepräsident des (unterlegenen) demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry.
Für die Präsidentschaftswahl 2008 galt Biden seit Ende 2004 als potenzieller Kandidat der Demokraten und erklärte am 7. Januar 2007, dass er sich bewerben werde. Formell trat Biden Ende Januar ins Rennen ein. Nachdem er bei der ersten Abstimmung im demokratischen Vorwahlprozess, dem Caucus im Bundesstaat Iowa, nur ein knappes Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte, erklärte Biden im Januar 2008 seinen Ausstieg aus dem Rennen um die Präsidentschaft.
Vizepräsident der Vereinigten Staaten (2009–2017)
Wahl 2008 und erste Amtszeit
Am 23. August 2008 erklärte Obama Biden zu seinem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft. Dieser hatte nach seinem Rückzug von der Präsidentschaftskandidatur angedeutet, er wolle sich zwar nicht aktiv um die Vizekandidatur bemühen, sie jedoch annehmen, falls sie ihm angeboten werde. Der politisch erfahrene Biden sollte insbesondere in außenpolitischen Fragen die geringere Erfahrung Barack Obamas im Wahlkampf kompensieren. Auch galt er unter weißen Arbeitern als angesehen. Am 4. November 2008 gingen Obama und Biden als Sieger aus der Präsidentschaftswahl hervor. Sie konnten in 28 Staaten und Washington, D.C. die Mehrheit erringen, was 365 Stimmen im Electoral College brachte, während das republikanische Team aus John McCain und Sarah Palin 22 Staaten gewann und nur 173 Stimmen erhielt.
Biden wurde am 20. Januar 2009 im Rahmen einer großen Zeremonie vor dem Kapitol in Washington als Vizepräsident vereidigt, wenige Minuten bevor Barack Obama den Eid für das Präsidentenamt leistete. Er löste damit George W. Bushs Vizepräsidenten Dick Cheney ab. Während sein Vorgänger das Vizepräsidentenamt äußerst energisch ausgeübt hatte, änderte Biden den Stil der Amtsführung. Nach eigenen Angaben wollte er im Hintergrund ein wichtiger Berater Präsident Obamas sein. Als Vizepräsident unterstützte er maßgeblich den Kurs des Präsidenten in Innen- und Außenpolitik. Mehrmals reiste Biden auch als dessen Repräsentant ins Ausland für Gespräche mit anderen Regierungen oder die Wahrnehmung zeremonieller Aufgaben, die häufig Vizepräsidenten zufallen. Biden galt als klarer Unterstützer der 2010 verabschiedeten Gesundheitsreform in den USA, die Präsident Obama vehement vorantrieb. Durch die Reform erhielten mehrere Millionen Amerikaner Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung. Im Sommer 2011 war Vizepräsident Biden eine der zentralen Figuren bei der Verabschiedung des Budget Control Act von 2011. Hintergrund war, dass aufgrund der steigenden amerikanischen Staatsausgaben die Schuldengrenze erhöht werden musste. Da jedoch die Republikanische Partei bei den Zwischenwahlen im November 2010 die Mehrheit im Repräsentantenhaus errungen hatte (auch wenn die Demokraten nach wie vor die Kontrolle des Senats behielten), war es für die Obama-Regierung unausweichlich, mit den Republikanern einen Konsens zu finden. Da sich die Verhandlungen über einen entsprechend langen Zeitraum hinzogen, drohte ohne die gesetzliche Anhebung der Schuldengrenze der Staatsbankrott. Beim Durchbruch, der im August 2011 gelang, war der Vizepräsident ein wichtiger Verhandlungsführer mit den Republikanern und deren Oppositionsführer John Boehner. Auch in der Verabschiedung arbeitspolitischer Gesetze und der Steuerpolitik spielte Biden bisweilen eine wichtige Rolle in Obamas Regierung. Im Mai 2012 sorgte Biden landesweit für Schlagzeilen, als er sich deutlich dafür aussprach, in den ganzen USA homosexuelle Ehen zu ermöglichen. Bei einem Interview wenige Monate später erklärte Präsident Obama dies ebenfalls.
Wiederwahl und zweite Amtszeit
Vor der Präsidentschaftswahl am 6. November 2012 hatten einige US-Medien darüber spekuliert, ob Biden als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten ersetzt werden könnte, etwa durch Außenministerin Hillary Clinton oder New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo. Obama erklärte jedoch im Sommer 2012, wieder mit Biden antreten zu wollen; beide wurden am 6. September 2012 auf dem Parteitag der Demokraten in Charlotte, North Carolina für eine zweite Amtszeit nominiert. Den Wahlkampf der Demokraten prägte er mit seinem Slogan: “Bin Laden is dead and General Motors is alive.” (deutsch: „Bin Laden ist tot und General Motors lebt“). Obama und Biden erhielten bei der Präsidentschaftswahl 2012 51,1 % der Stimmen (26 Bundesstaaten und 332 Wahlmännerstimmen). Die republikanischen Kandidaten Mitt Romney und Paul Ryan erhielten 47,2 % der Stimmen (24 Staaten und 206 Wahlmännerstimmen). Biden wurde am 20. Januar 2013 im Weißen Haus erneut zum Vizepräsidenten vereidigt.
Nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School im Dezember 2012 übernahm Biden den Vorsitz einer Arbeitsgruppe für eine Änderung des Waffenrechts, insbesondere für ein gesetzliches Verbot des Verkaufs von Sturmgewehren an Privatpersonen. Bereits als US-Senator war Biden in ähnlichen Arbeitsgruppen im US-Kongress involviert gewesen. Eine Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene fand aber keine Mehrheit im Kongress.
Während des Bürgerkrieges in Syrien forderte Biden 2013 ein Eingreifen und sagte, Baschar al-Assad könne sein Volk nicht mehr regieren.
Seit der Wiederwahl Obamas wurde Biden als möglicher Nachfolger und damit demokratischer Präsidentschaftsbewerber zur Wahl 2016 gehandelt, bei der Obama wegen Amtszeitbegrenzung nicht erneut antreten konnte. Am 21. Oktober 2015 gab Biden bekannt, 2016 nicht für die Präsidentschaft zu kandidieren; er werde aber im anstehenden Wahlkampf „nicht leise“ sein. Im Mai 2016 äußerte er, er habe kandidieren wollen, aber nach dem Krebstod seines Sohnes Beau Biden im Mai 2015 seine Meinung geändert. Im Herbst 2016 absolvierte er mehrere Wahlkampfauftritte mit der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton, wobei er dem republikanischen Bewerber Donald Trump die Eignung für das Präsidentenamt absprach. Am 15. Mai 2016 verlieh die University of Notre Dame Biden (und John Boehner) die Laetare-Medaille; sie gilt als höchste Auszeichnung für amerikanische Katholiken. Obama verlieh Biden am 12. Januar 2017 die Presidential Medal of Freedom with Distinction, die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten; diese besondere Ausführung wird nur selten verliehen (zuletzt 2004).
Die Amtszeit von Obama und Biden endete turnusgemäß am 20. Januar 2017. Nach Trumps Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2016 trat der bisherige Gouverneur von Indiana, Mike Pence, Bidens Nachfolge als Vizepräsident an.
Präsidentschaftswahlkampf 2020
Vorwahlkampf
Nach Trumps Wahl zum Präsidenten 2016, die viele Beobachter überrascht hatte, erklärte Biden, dass er als Kandidat der Demokraten die Wahl hätte gewinnen können; der republikanische Senator Ben Sasse meinte, Biden hätte einen Erdrutschsieg gegen Trump schaffen können. Im Mai 2017 gründete Biden ein Political Action Committee, eine Organisation zur personellen und finanziellen Unterstützung seiner politischen Arbeit. Ende April 2019 gab Biden bekannt, vor der Präsidentschaftswahl 2020 in der Vorwahl seiner Partei zu kandidieren. Damit stieg er relativ spät in den internen Wettbewerb der Demokraten ein. Zuvor hatten bereits 19 andere Parteimitglieder ihre Kandidatur erklärt, darunter die Senatoren Elizabeth Warren und Bernie Sanders. Biden galt lange als Favorit, blieb hingegen in den ersten drei Abstimmungen im Februar 2020 jeweils ohne Sieg und damit unter den Erwartungen. In der auf aggregierten Umfragen beruhenden Prognose bei FiveThirtyEight galt Bernie Sanders Ende Februar als Favorit für die Nominierung der Demokraten, während Biden mit großem Abstand auf Platz zwei lag. Bei der Primary in South Carolina am 29. Februar 2020 siegte Biden mit 49 Prozent der Stimmen klar gegenüber 20 Prozent für Sanders, was Beobachter auf Bidens Stärke bei Afroamerikanern zurückführten. Es handelte sich um seinen ersten Sieg bei einer Abstimmung zur Präsidentschaftsvorwahl überhaupt.
Nach weiteren deutlichen Siegen in den Vorwahlen und der Unterstützung durch andere ausgeschiedene moderate Kandidaten wurde Biden wieder deutlicher Favorit. Am 8. April 2020 erklärte Bernie Sanders seinen Rückzug aus dem Rennen um die Kandidatur.
Am 5. Juni 2020 wurde die Auswertung der Vorwahlergebnisse bekannt. Demzufolge hatte Biden die nötige Mindestzahl von 1991 Delegierten erreicht, um beim Parteitag der Demokratischen Partei nominiert zu werden. Am 15. Juni 2020 konnte Biden einen neuen persönlichen Rekord an Spenden verzeichnen, als er auf einer Online-Wahlkampfveranstaltung 6 Millionen US-Dollar einsammelte. Im Mai erreichte er mit Spenden von 81 Millionen US-Dollar einen neuen Höchstwert.
Als Stärken Bidens wurden von Politikanalysten sein gemäßigter Pragmatismus und sein ausgleichendes Naturell gesehen – damit hebe er sich positiv von Trump ab. Es sei schwer, Biden zu einer Hassfigur zu stilisieren; im Gegensatz hierzu stehe die 2016 gegen Trump kandidierende Hillary Clinton. Als eine der größten Schwächen Bidens galt seine mangelnde Rednergabe. Seine Reden schweiften oft vom Thema ab und gerieten zu weitläufigen, wenig mitreißenden Monologen. Er komme nicht auf den Punkt und hinterlasse einen glanzlosen Eindruck, so auch der Tenor von der Demokratischen Partei nahestehenden Kommentatoren. Der Satiriker und Fernsehkommentator Stephen Colbert äußerte in The Late Show, dass die „größte Gefahr für Biden“ in „seinem eigenen Mundwerk“ liege. Die beste Figur habe Biden während der ersten Monate der COVID-19-Pandemie in den Vereinigten Staaten abgegeben, als er sich in das Kellergeschoss seines Hauses in Delaware in sozialer Isolierung zurückzog und sich weitestgehend öffentlicher Äußerungen enthielt. Dadurch habe er Statur gegenüber Präsident Trump gewonnen, dessen Fehleinschätzungen und Versäumnisse bei seiner Vorgehensweise in der Krise offenbar geworden seien.
Am 12. August 2020 erklärte Biden die kalifornische Senatorin Kamala Harris zu seiner Running Mate, also seiner Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten.
Am 18. August 2020 wurde Joe Biden bei der Democratic National Convention 2020 offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten gewählt.
Wahlkampf Bidens als bestätigter Präsidentschaftskandidat
Als wichtigster Ideengeber und Antreiber im Wahlkampf erwies sich Biden selbst. Laut Aussage seiner Beraterin Anita Dunn war es in dieser Hinsicht eine der am wenigsten von Managern gestalteten und geformten Wahlkampagnen in der jüngeren amerikanischen Geschichte. Biden machte die polarisierende und äußerst umstrittene Amtsführung Trumps, die die „Seele des Landes“ gefährdete, zu seinem wichtigsten Wahlkampfthema. Die Kampagne führte er entgegen den Ratschlägen einiger Demokraten größtenteils in den Blue-Wall-Staaten um die Großen Seen. Bei den Primaries hatte er innerparteilichem Druck widerstanden, programmatisch weiter nach links zu rücken, und führte diese Linie im Präsidentschaftswahlkampf fort. Als die COVID-19-Pandemie in den Vereinigten Staaten ausbrach und Trump ihre Gefährlichkeit ignorierte, konnte sich Biden als Alternative ins Licht rücken und den Bürgern seinen Umgang mit dieser Krise im Falle seiner Wahl erläutern.
Wahl zum Präsidenten
Am Abend des Wahltags, des 3. November 2020, lag Biden in den Hochrechnungen zunächst nach Wählerstimmen knapp vor Amtsinhaber Trump, nach der Zahl der gewonnenen Wahlmänner jedoch hinter ihm. Da bei dieser Wahl eine bis dahin einmalig hohe Anzahl der Wähler wegen der COVID-19-Pandemie per Briefwahl abstimmten und ihre Wahlzettel in einigen Staaten erst nach der Schließung der Wahllokale ausgezählt werden durften, zog sich die Auszählung in vielen Bundesstaaten tagelang hin. Biden legte in den meisten der wichtigen Swing States kontinuierlich zu, weil insbesondere Demokraten per Briefwahl abgestimmt hatten. Am 7. November, vier Tage nach der Wahl, lag Joe Biden nach dem Sieg in Pennsylvania mit 273 Wahlmännerstimmen uneinholbar vor Trump und wurde von allen bedeutenden US-amerikanischen Medien zum designierten Präsidenten der Vereinigten Staaten erklärt. Letztlich konnte Biden über 81 Millionen Stimmen und 306 der 538 Wahlmänner des Electoral College auf sich vereinen, gegenüber über 74 Millionen Stimmen und 232 Wahlmännern für den Amtsinhaber Donald Trump.
Die eigentliche Wahl fand am 14. Dezember statt. Dabei wurde er, wie erwartet, mit der Mehrheit der Stimmen der Wahlmänner des Electoral College zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Am 6. Januar 2021 kamen der Senat und das Repräsentantenhaus in einer gemeinsamen Sitzung im Kapitol zusammen, um die Stimmen aus dem Electoral College zu zählen. Die Bestätigung des Ergebnisses erfolgte nach einer Unterbrechung der Sitzung aufgrund eines Sturms auf das Kapitol erst am 7. Januar 2021. Bidens Amtseinführung fand am 20. Januar 2021 statt. Die Amtszeit begann wie gesetzlich vorgegeben um 12 Uhr mittags Ortszeit in Washington (siehe auch Präsident im politischen System der Vereinigten Staaten).
Noch vor der Wahl im Electoral College machten Biden und sein designierter Außenminister Antony Blinken klar, dass sie eine Rückkehr der Vereinigten Staaten in das Atomabkommen mit dem Iran anstrebten. Dieses war im Jahr 2018 für Amerika von Trump aufgekündigt worden.
Präsidentschaft
Vereidigung
Joe Biden wurde am 20. Januar 2021 zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten vor dem Kapitol in Washington vereidigt. An seiner Seite wurde mit Kamala Harris erstmals eine Frau, die erste Afroamerikanerin und asiatische Amerikanerin in das Amt der Vizepräsidentin eingeschworen. In seiner Antrittsrede rief Biden zur nationalen Einheit auf und gedachte der 400.000 Todesopfer der COVID-19-Pandemie in den Vereinigten Staaten.
Im 117. Kongress verfügen Bidens Demokraten sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat über eine Mehrheit. Im Senat kommt bei einer Sitzverteilung von 50 Demokraten und 50 Republikanern die Mehrheit durch die Stichstimme von Vizepräsidentin Harris zustande, die kraft ihres Amtes auch Präsidentin der Kammer ist.
Politische Entscheidungen und andere Aktivitäten seit seinem Amtsantritt
Rücknahme von Trump-Dekreten
Als erste Amtshandlung unterzeichnete Biden wenige Stunden nach seiner Vereidigung 17 Dekrete, mehr als jeder frühere Präsident. Die meisten davon machten Verfügungen seines Amtsvorgängers Trump rückgängig; außerdem wurde die weitere Umsetzung von Verfügungen, die Trump zuvor erlassen hatte, ausgesetzt. So ordnete Biden unter anderem den Wiederbeitritt der Vereinigten Staaten zum Klimaschutz-Übereinkommen von Paris an, das Trump im Juni 2017 einseitig aufgekündigt hatte, und den Wiedereintritt der USA in die Weltgesundheitsorganisation (WHO), aus der Trump die USA zuvor hatte austreten lassen. Zudem verfügte Biden den Baustopp für die Mauer an der Grenze zu Mexiko, die 2016 eines der wichtigsten Wahlkampfversprechen Trumps gewesen war. Den sogenannten Muslim Ban und andere von Trump erlassene Einreisebeschränkungen hob Biden am ersten Tag seiner Amtszeit auf. Des Weiteren verfügte er, den Bau der Keystone-XL-Pipeline, welcher zuvor bereits durch das Kabinett Obama gestoppt worden war und unter dem Kabinett Trump fortgesetzt wurde, erneut zu stoppen. Weitere Dekrete betrafen Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, darunter eine für zunächst 100 Tage in allen Einrichtungen des Bundes geltende Maskenpflicht.
Transgender beim Militär
In der Woche auf seine Amtseinführung ordnete Biden an, dass Transgender den US-Streitkräften angehören dürfen. Dies wurde bereits unter Obama erlaubt, wurde aber unter Trumps Präsidentschaft rückgängig gemacht. Am selben Tag unterzeichnete Biden ein Dekret zur Stärkung der inländischen Wirtschaft; mit diesem als Buy-American bezeichneten Erlass wurde verfügt, dass ein größerer Teil des staatlichen Beschaffungsetats für US-amerikanische Produkte verwendet wird. In derselben Woche ließ Biden die Vergabe von Öl- und Gasbohrungsrechten auf bundeseigenem Land (inklusive Küstengewässern) stoppen und bestehende Bohrungsrechte auf den Prüfstand stellen.
US-Drohnenangriffe und Kampf gegen al-Qaida
Biden stoppte amerikanische Drohnenangriffe nach seinem Amtsantritt zunächst komplett und erarbeitete neue Richtlinien, die den Einsatz von Kampfdrohnen in Zukunft deutlich einschränken sollen (sein Amtsvorgänger Trump hatte Luftschläge durch Drohnen in seiner Amtszeit deutlich ausgeweitet). Nach knapp einjähriger Amtszeit Bidens haben sich US-Drohnenangriffe auf ein Allzeittief reduziert. Im Juli 2022 autorisierte Biden die Tötung von Aiman az-Zawahiri, dem Nachfolger von Osama bin Laden bei al-Qaida. Am 1. August 2022 vermeldete Biden die gezielte Tötung von az-Zawahiri, die durch einen Drohnenangriff erfolgt sei.
20-Dollar-Note ohne Andrew Jackson
Am 25. Januar 2021 griff Biden ein Vorhaben von Jack Lew, der unter Obama Finanzminister war, von 2016 auf, auf einer neuen 20-Dollar-Note anstelle von Andrew Jackson, 7. Präsident der USA, der wegen Sklavenbesitzes und Verbrechen gegen Indianer wie zum Beispiel des Pfades der Tränen umstritten ist, Harriet Tubman (~1820–1913) abzubilden, eine schwarze Fluchthelferin für Sklaven aus den Südstaaten.
Atomarer Abrüstungsvertrag
Am 26. Januar 2021 verständigten sich Biden und der russische Präsident Putin darauf, den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag (New-START) mit Russland, der sonst Anfang Februar 2021 ausgelaufen wäre, um weitere fünf Jahre zu verlängern.
Obergrenze der Flüchtlingsaufnahme
Im Februar 2021 kündigte Biden an, die Obergrenze der Flüchtlingsaufnahme von jährlich 15.000 ab dem Jahr 2022 auf 125.000 Menschen anzuheben, die Unterstützung für Saudi-Arabiens Militärintervention gegen Huthi-Rebellen im Jemen einzustellen sowie den von Trump angeordneten Abzug von Teilen US-amerikanischer Streitkräfte aus Deutschland zu stoppen. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit hatte Bidens Vorgänger Donald Trump beschlossen, die Huthi-Rebellen im Jemen als Terrororganisation einzustufen. Damit verbundene Sanktionen für Geschäfte mit den Huthi setzte Joe Biden im Februar 2021 für mindestens einen Monat aus, damit Lebensmittellieferungen an die Bevölkerung fortgesetzt werden können, um die Hungersnot im Jemen nicht weiter zu erhöhen. Die US-Regierung hebt die von Ex-Präsident Donald Trump verfügte Obergrenze zur Aufnahme von Flüchtlingen für das laufende Haushaltsjahr deutlich an. Für das bis September 2021 andauernde Haushaltsjahr verfügte Biden, die Obergrenze der Flüchtlingsaufnahme von 15.000 auf 62.500 Menschen anzuheben.
Militäroperationen in Syrien
Am 25. Februar 2021 ordnete Joe Biden Luftangriffe mit US-Kampfjets im Osten Syriens an der Grenze zum Irak an. Der Angriff war gegen Einrichtungen pro-iranischer Milizen sowie drei LKW mit Munition gerichtet. Die Ziele seien von Milizen genutzt worden, die vom Iran unterstützt wurden. Beim Luftangriff wurden mehrere pro-iranische Kämpfer getötet. John Kirby, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, gab bekannt, die Luftangriffe seien eine Antwort auf jüngste Angriffe gegen US-Soldaten und Partner im Irak gewesen. Im Februar 2022 bestätigte Joe Biden den Tod des Anführers des Islamischen Staats, Abu Ibrahim al-Haschimi al-Quraschi. Dieser tötete sich laut US-Angaben selbst, als ein US-amerikanisches Spezialkommando eine Operation gegen ihn in Syrien ausführte.
Greencard
Ende Februar 2021 hob Biden Einreisesperren für Greencard-Bewerber auf und erleichterte so den Zugang zu Arbeitserlaubnissen in den USA. Die von der Demokratischen Partei angestrebte schrittweise Erhöhung des nationalen Mindestlohns von 7,25 Dollar auf 15 Dollar bis 2025 konnte Biden Ende Februar vorerst nicht umsetzen.
Konjunktur- und Klimaprogramme
Im März 2021 verabschiedete der US-Kongress ein von Biden vorgeschlagenes Konjunkturprogramm mit einem Umfang von etwa 1,9 Billionen US-Dollar, womit unter anderem Direktzahlungen an die meisten Steuerzahler in Höhe von 1400 Dollar, Coronatests, Coronaimpfungen, Kindergeld, Schulöffnungen sowie zusätzliche Unterstützung für Arbeitslose finanziert werden sollen. Biden setzte dieses Konjunkturprogramm am 11. März 2021 in Kraft.
Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete am 5. November 2021, einige Wochen nach dem Senat, ein Investitionsprogramm in Höhe von rund 550 Milliarden US-Dollar, mit dem die Infrastruktur der USA – u. a. Straßen, Bahnstrecken, Brücken und die Wasserversorgung – modernisiert werden soll; ein Teil der Investitionen soll auch dem Klimaschutz dienen. Bei der Abstimmung erhielt das Programm auch Stimmen aus dem Lager der Republikaner. Einschließlich schon vorher veranschlagter Gelder hat das Programm einen Gesamtumfang von rund 1,2 Billionen US-Dollar. Am 15. November 2021 unterzeichnete Biden das Gesetz und vollzog damit einen Teil seiner „Build-Back-Better-Agenda“.
Am 9. August 2022 setzte Biden den CHIPS and Science Act, der zur Förderung der inländischen Forschung zu Halbleitern und ihrer Herstellung erarbeitet wurde, in Kraft.
Am 27. Juli 2022 fanden die demokratischen Senatoren Joe Manchin und Chuck Schumer schließlich einen Kompromiss für Bidens Wirtschafts-, Sozial- und Klimaprogramm, den sogenannten Inflation Reduction Act. Am 7. August 2022 verabschiedete der US-Senat es nach einer Abstimmung, bei der die Vizepräsidentin Kamala Harris mit ihrer Stimme eine einfache Mehrheit für die Befürworter des Gesetzespakets erbrachte. Am 12. August 2022 passierte das Gesetz das Repräsentantenhaus. Am 16. August 2022 unterzeichnete Biden es. Das Gesetz ist das Ergebnis fortgesetzter Verhandlungen über Bidens ursprüngliche Build-Back-Better-Agenda, die Manchin im Vorjahr blockiert hatte. Das Gesetzespaket sieht neben 64 Milliarden Dollar für das Gesundheitswesen (Preissenkungen für Medikamente) unter anderem etwa 370 Milliarden Dollar für Energiesicherheit und Klimaschutz vor – was die größte Maßnahme gegen die globale Erwärmung in der Geschichte der Vereinigten Staaten bedeutet. So zielt es unter anderem darauf ab, den CO2-Ausstoß in den USA um rund 40 Prozent (rückwirkend ab 2005) bis 2030 zu senken. Steuerschlupflöcher sollen mit dem Gesetz ebenfalls verhindert werden. Das Gesetz soll des Weiteren indirekt das staatliche Haushaltsdefizit um mehr als 300 Milliarden Dollar verringern.
COVID-19-Pandemie
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) gab Biden im Februar 2021 bekannt, im Rahmen der COVID-19-Pandemiebekämpfung die Organisation COVAX, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will, mit zwei Milliarden US-Dollar zu unterstützen; dies wurde kurz später auf vier Milliarden US-Dollar erhöht.
Nachdem US-Präsident Biden die Politik seines Vorgängers, angesichts der COVID-19-Pandemie in den USA im eigenen Land de facto zunächst keine Impfstoffe aus den USA exportieren zu lassen, nicht revidiert hatte, bat ihn die EU Anfang März 2021 offiziell und öffentlich um einige der Impfdosen von AstraZeneca, die in den USA wegen der fehlenden Zulassungen bislang nicht genutzt werden; auch der Hersteller AstraZeneca unterstützte dies und sicherte zu, dass er den USA die Impfdosen wieder ersetzen werde. Die Regierung Biden lehnte dies ab; Pressesprecherin Jen Psaki sagte, dass man angesichts von täglich 1.400 amerikanischen COVID-Toten maximale Flexibilität haben wolle; die USA wollten „over-supplied and over-prepared“ sein. Biden erklärte auch, dass, nachdem sichergestellt sei, dass die Amerikaner versorgt seien, jeder Überschuss mit der übrigen Welt geteilt werde und dass der Kampf gegen die Pandemie wie ein Krieg behandelt werden müsse: “I said we had to treat this like a war.”
Am 18. März 2021 erklärte Pressesprecherin Jen Psaki, dass man plane, den Impfstoff von AstraZeneca an die beiden Nachbarländer zu liefern: Mexiko solle 2,5 Millionen Impfdosen bekommen und Kanada 1,5 Millionen; zugleich bat sie Mexiko um Unterstützung bei der Bewältigung des stark gestiegenen Andrangs von Migranten an der US-Südgrenze.
Nach den rasch steigenden Infektionsraten in Indien im April 2021 weigerte sich die Regierung zunächst, die Exportbeschränkungen für Rohstoffe für Impfstoffe aufzuheben. Der Sprecher des Außenministeriums Ned Price erklärte dazu, es liege nicht nur im Interesse der USA, dass die US-Amerikaner geimpft seien, sondern der ganzen Welt: “It’s of course not only in our interest to see Americans vaccinated, it’s in the interests of the rest of the world to see Americans vaccinated.” Nach massiver Kritik von indischen und US-amerikanischen Gesundheitsbehörden gab Emily Horne, eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, am 25. April 2021 bekannt, dass die Regierung Vorläufersubstanzen identifiziert habe, die für die indische Herstellung des AstraZeneca-Impfstoffs dringend benötigt werden und sofort verfügbar seien, und dass die USA eine erhebliche Erweiterung der indischen Produktionskapazitäten finanzieren würden.
Am 26. April 2021 kündigte das Weiße Haus an, dass die USA bis zu 60 Millionen Dosen AstraZeneca-Impfstoff an andere Länder weitergeben, sobald Sicherheitsüberprüfungen durch die Bundesbehörden abgeschlossen sind. Am 17. Mai 2021 gab Biden bekannt, dass zusätzlich zu den schon versprochenen 60 Millionen Dosen weitere 20 Millionen Dosen von schon zugelassenen Coronaimpfstoffen bis Ende Juni an andere Länder abgegeben würden und damit mehr Impfstoff als von jedem anderen Land.
Einwanderungskrise
Im März 2021 übertrug Biden der Vizepräsidentin Kamala Harris die Aufgabe, die drastisch angestiegenen Migrationsbewegungen von Lateinamerika nach Nordamerika und illegalen Übertritte der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko einzudämmen. Im Jahr 2021 erreichte der Migrationsandrang an der Grenze Rekordhöhen. Die unter Trump eingeführte Verordnung, Menschen aus Gründen des Seuchenschutzes während der Corona-Pandemie nach einem illegalen Grenzübertritt ohne Umschweife und ohne Asylantrag des Landes zu verweisen, wurde öfter angewandt als während Trumps Präsidentschaft – im Juli 2021 in 96.000 Fällen. Unbegleitete Minderjährige und Familien mit kleinen Kindern waren davon ausgenommen. Als ein US-amerikanisches Gericht entschied, dass alle Familien von der Verordnung auszunehmen seien, legte Bidens Regierung dagegen Klage ein. Andererseits schaffte Bidens Regierung die Regel ab, dass Migranten bis zur Klärung ihres Asylantrags auf mexikanischem Boden zu warten hätten. Danach entstand auf der US-amerikanischen Seite der Grenze eine Zeltstadt. Ein Gericht entschied daraufhin, dass jene Regel wieder anzuwenden sei.
Auf dem Gipfeltreffen der Organisation Amerikanischer Staaten, das auf Einladung Bidens im Juni 2022 in Los Angeles stattfand, haben 20 nord-, mittel- und südamerikanische Staaten eine Erklärung zu der in den letzten Jahren rapide angewachsenen inneramerikanischen Migrationsbewegung verabschiedet. Darin vereinbarten sie, künftig enger zusammenzuarbeiten, um die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern, die legale Arbeitsmigration zu erleichtern und den Kampf gegen kriminelle Schlepperbanden zu verstärken. Die USA wollen u. a. 20.000 Flüchtlinge aufnehmen und stellen 314 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe und Entwicklungsprojekte in anderen Ländern, die Migranten aufnehmen, zur Verfügung. Um die illegale Einwanderung einzudämmen, verkündete Biden eine Regelung, die vorsieht, dass bis zu 30.000 Migranten pro Monat aus Venezuela, Nicaragua, Kuba und Haiti legal in die USA einreisen und im Gegenzug 30.000 illegale Einwanderer pro Monat aus diesen Ländern nach Mexiko abgeschoben werden. Außerdem entschied der Oberste Gerichtshof der USA, die Richtlinie Title 42 in Kraft zu setzen, die vorsieht, dass Migranten ohne Ausweise, von Ausnahmen abgesehen, sofort abgewiesen werden, ohne einen Asylantrag stellen zu können.
Internationaler Strafgerichtshof
Anfang April 2021 hob Bidens Regierung die von Trumps Regierung gegen den Internationalen Strafgerichtshof verhängten Sanktionen auf, die wegen Untersuchungen des Gerichtshofs zu Taten von US-Soldaten erlassen worden waren.
Israelisch-Palästinensischer Konflikt
Anfang April 2021 sprach sich US-Außenminister Antony Blinken im Namen der US-Regierung für eine Zweistaatenlösung des Israelisch-Palästinensischen Konfliktes aus. Zugleich bekräftigte er allerdings die von Trumps Regierung beschlossene Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels.
Konferenzen unter Biden
Vom 22. bis 23. April 2021 veranstaltete Biden aus eigener Initiative eine digitale Klimakonferenz, an der Staatspräsidenten oder Regierungschefs von 40 Staaten (darunter die größten Wirtschaftsnationen) teilnahmen. Dabei kündigten mehrere Länder an, ihre Klimaziele zu erhöhen. Biden gab bekannt, den Ausstoß von Treibhausgasen in den USA bis 2030 um 50 bis 52 Prozent im Vergleich zu 2005 zu verringern.
Im Dezember 2021 eröffnete Biden einen eigens organisierten zweitägigen digitalen „Gipfel für Demokratie“. Währenddessen erklärten die USA bis zu 424 Millionen US-Dollar in andere Länder zur Stärkung der dortigen Pressefreiheit und im Kampf gegen Korruption überweisen zu wollen.
Genfer Gipfelkonferenz
Am 16. Juni 2021 traf sich Biden anlässlich der Genfer Gipfelkonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Beziehungen, Handel und Handelskonflikte mit China, EU und Saudi-Arabien
Anfang Juni 2021 erließ Biden eine Executive Order, die US-Unternehmen und Privatpersonen den Besitz von und Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten von Unternehmen verbietet, die die US-Regierung als Teil des chinesischen militärisch-industriellen Komplexes oder des Überwachungsstaats bezeichnet. Gleichzeitig wurde die Liste, die Trump im November 2020 erstellt hatte, ausgeweitet und vom Verteidigungsministerium auf das Finanzministerium übertragen, das finanzielle Transaktionen besser überwachen kann.
Im Jahr 2021 konnten die USA und die Europäische Union (EU) mit beidseitig akzeptablen Regelungen ihren Handelskonflikt, der während der Präsidentschaft Trumps durch teils gegenseitig erhobene Zölle entstanden war, befrieden. Zusammen mit der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen beschloss Biden im Juni 2021 den Trade and Technology Council zu aktivieren.
Im Jahr 2022 erließ Bidens Regierung strenge Exportbeschränkungen bzw. de facto ein Embargo von Halbleitertechnik in die Volksrepublik China. Mit dem Embargo verbunden sind auch Produkte, die für den Aufbau einer Halbleiterindustrie in China benötigt werden. Außerdem verfügte die US-Regierung, dass sowohl US-Firmen als auch Personen mit amerikanischer Staatsbürgerschaft oder Ausländer mit Greencard oder Wohnsitz in den USA eine Erlaubnis benötigen, wenn sie in sensiblen Bereichen der chinesischen Chipindustrie arbeiten wollen. Durch die erlassenen Bestimmungen kollabierte die im Aufbau befindliche chinesische Halbleiterindustrie, weil das ausländische technische Know-how aus China abwanderte. Analysten bezeichneten die Entscheidung der US-Regierung als Eröffnung eines Wirtschaftskrieges gegen China. Die US-Regierung hatte zuvor versucht, auch europäische Staaten von einem Halbleiter-Embargo gegen China zu überzeugen.
Hatte Biden einst erklärt, den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman wegen der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi als Paria zu ächten, traf sich Biden im Juli 2022 mit ebendiesem Kronprinzen in Saudi-Arabien, um über die Ölpreispolitik zu verhandeln. Nachdem Salman im Herbst 2022 von seinem Vater zum Premierminister seines Landes befördert worden war, machte das US-Justizministerium von einer Immunitätsklausel Gebrauch, wodurch ein wegen der Tötung von Khashoggi anhängiges Zivilverfahren gegen Salman an einem US-Gericht verhindert wurde.
Juneteenth als Feiertag
Am 17. Juni 2021 unterzeichnete Biden ein Gesetz, das den Juneteenth (19. Juni) als bundesgesetzlichen Feiertag zur Erinnerung an die Befreiung von der Sklaverei einführte.
Nord Stream 2
Im Juli 2021 erklärte die US-Regierung, ein Abkommen mit der deutschen Bundesregierung über Nord Stream 2 getroffen zu haben und trotz ihrer Ablehnung gegenüber Nord Stream 2 auf Sanktionen zu verzichten, solange im Abkommen genannte Bedingungen erfüllt bleiben.
Truppenabzug aus Afghanistan
Mitte April 2021 verkündete Biden, den Truppenabzug aller US-Streitkräfte aus Afghanistan vom 1. Mai bis zum 11. September 2021 angeordnet zu haben und den Krieg in Afghanistan damit beenden zu wollen. Er stellte dafür laut Medienberichten keine Bedingungen. Auf die Entscheidung der USA folgte die Entscheidung der NATO, alle regulären Soldaten von NATO-Mitgliedstaaten und Partnernationen aus Afghanistan abzuziehen.
Nachdem die Taliban bis Mitte August Afghanistan mitsamt seiner Hauptstadt innerhalb von Wochen beinahe vollständig eingenommen hatten, befehligte Biden die Evakuierung von Botschaftspersonal und afghanischen Ortskräften über den Flughafen Kabul. Bei dieser internationalen Evakuierung wurden von Kabul aus über 100.000 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen. Einen Großteil davon, über 80.000 Menschen, evakuierten die US-amerikanischen Streitkräfte. Allein am Flughafen Kabul waren 5200 US-Soldaten im Einsatz.
Ukraine/Russland
Im Dezember 2021 erklärte Biden im Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, vor dem Hintergrund, dass US-Geheimdienste Kenntnisse hätten, wonach Russland im Ukrainekonflikt eine militärische Offensive in der Ostukraine plane, dass die USA in jenem Falle ihre NATO-Kapazitäten in Osteuropa erhöhen und Sanktionen verhängen, aber selbst nicht militärisch eingreifen würden.
Nach dem im Februar 2022 begonnenen Überfall Russlands auf die Ukraine verhängte Biden Sanktionen gegen Moskau, stockte die US-Truppen in Europa auf und beteiligte die USA, teilweise im Rahmen des verabschiedeten Leih- und Pachtgesetzes, an der internationalen Auslandshilfe für die Ukraine, in Form von finanziellen Hilfen und Lieferungen von (teils tödlicher) Militärtechnik.
Aufgrund und in Folge des Überfalls verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Russland und den USA deutlich. Biden nannte den russischen Präsidenten Wladimir Putin im März 2022 einen „Kriegsverbrecher“ und „mörderischen Diktator“. Dafür überreichte Russland dem US-Botschafter in Moskau, John J. Sullivan, eine Protestnote. Bereits zu Anfang seiner Präsidentschaft hatte Biden Putin unter anderem als „Killer“ bezeichnet. Schon als Vizepräsident hatte Biden laut eigener Aussage Putin wissen lassen, dass er ihn verachte.
Diplomatischer Boykott der Olympischen Winterspiele 2022
Biden kündigte Anfang Dezember 2021 an, zu den Olympischen Winterspielen im Februar 2022 in China keinen Vertreter seiner Regierung zu schicken und auch selbst nicht dort zu erscheinen. Er begründete dies damit, dass die Kommunistische Partei Chinas massive Menschenrechtsverletzungen zu verantworten habe.
„Ich bin Vanessa Guillen“-Gesetz
Am 26. Januar 2022 erließ Biden ein Dekret, das sexuelle Belästigung im Militärrecht als Straftat und nicht mehr nur als Vergehen einstuft. Damit drohen Tätern Gefängnisstrafen. Der Name bezieht sich auf eine Soldatin, die 2020 auf einem Militärstützpunkt sexuell belästigt und dann ermordet worden war.
Freigabe afghanischer Geldreserven
Am 11. Februar 2022 ordnete Biden an, dass die in den USA lagernden afghanischen Währungsreserven in Höhe von 7 Milliarden Dollar, die nach der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 eingefroren wurden, beschlagnahmt werden. Eine Hälfte davon soll der notleidenden afghanischen Bevölkerung zugutekommen; die andere Hälfte ist zur Entschädigung für die Angehörigen der Opfer der Terroranschläge am 11. September 2001 vorgesehen, die vor Gericht Schadensersatz gefordert hatten. Jedoch entschied ein US-amerikanisches Gericht, dass die Freigabe der Gelder für Opfer des Anschlags vom 11. September 2001 nicht erfolgt.
Energiepakt mit der EU
Am 25. März 2022 schlossen die USA und die EU einen Pakt, in dem sich die USA dazu verpflichteten, mehr Flüssigerdgas (LNG), an Europa zu liefern, sodass die Europäer unabhängiger von russischem Öl und Gas werden können.
Lynchjustiz als Straftat
Am 29. März 2022 unterzeichnete Biden ein Gesetz, welches Lynchjustiz unter Strafe stellt. Die Höchststrafe sind 30 Jahre Haft.
Erste schwarze Richterin am Obersten Gerichtshof
Joe Biden nominierte Ketanji Brown Jackson als Nachfolgerin des Richters am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten Stephen Breyer, der zum Ende des Gerichtsjahres 2021/2022 in den Ruhestand treten wird. Am 7. April 2022 bestätigte der US-Senat ihre Ernennung mit 53:47 Stimmen, wobei alle 50 Demokraten und 3 Republikaner für sie und 47 Republikaner gegen sie stimmten. Am 30. Juni 2022 trat Jackson ihr Amt an und ist somit die erste schwarze Frau, die dem Obersten Gerichtshof angehört; die formelle Zeremonie zur Amtseinführung erfolgte Ende September 2022 im Beisein Bidens.
Schutz der Rechte von sexuellen Minderheiten
Vor dem Hintergrund eines Wahlversprechens zum Einsatz für besseren Schutz der Rechte von homo- und transsexuellen Menschen und angesichts homophober Gesetze in einigen republikanisch regierten Bundesstaaten der USA, wie etwa des „Don’t-say-gay“-Gesetzes in Florida, unterzeichnete Biden am 15. Juni 2022 eine Exekutivverordnung, die gegen die Diskriminierung dieser Menschen vorgeht.
Bipartisan Safer Communities Act
Am 25. Juni 2022 unterschrieb Biden ein zuvor vom US-Kongress beschlossenes Gesetz zur Verschärfung des Waffenrechts, durch das mehr Geld in Antigewaltprogramme investiert wird und mit dem Menschen, die zum Führen von Waffen ungeeignet sind, eine Waffe leichter entzogen werden kann. Dieser Schritt wird von Experten als der bedeutendste seit Mitte der 1990er-Jahre beurteilt, auch wenn er nur einen Minimalkompromiss darstelle.
Begnadigung für wegen Marihuana-Besitzes verurteilte Personen
Am 6. Oktober 2022 begnadigte Biden alle US-Amerikaner und Personen mit ständigem Wohnsitz in den USA, die nach Bundesrecht wegen des Besitzes geringer Mengen von Marihuana verurteilt worden waren.
Vorgehen gegen Schusswaffengewalt in den USA
Im September 2023 gründete Biden als Reaktion auf Tötungsdelikte durch Waffengewalt, denen innerhalb von neun Monaten knapp 30.000 Menschen in den USA zum Opfer fielen, mit dem White House Office of Gun Violence Prevention ein Büro im Weißen Haus, das politische Maßnahmen zur Prävention von Schusswaffengewalt koordinieren soll.
Personal
Biden stellte während des Präsidentschaftsübergangs seine Minister und Führungskräfte im Executive Office vor. Dabei bezog er eine Reihe Beamter aus der Regierung Obama ein und legte den Fokus auf ethnische Vielfalt. Außerdem besteht nahezu die Hälfte seines Kabinetts aus Frauen. Nominierungen für Kabinettsposten legte er wie üblich am Tag seiner Vereidigung dem Senat zur Bestätigung vor. Als Stabschef des Weißen Hauses nahm Bidens langjähriger Vertrauter Ron Klain die Arbeit umgehend nach Antritt des neuen Präsidenten auf. Außerdem wurde der Posten des US-Klimabeauftragten neu geschaffen und mit Kabinettsrang ausgestattet. Dieses Amt übernahm der frühere Außenminister John Kerry.
Verlauf der Präsidentschaft
Erstes Jahr seiner Amtszeit
Im ersten Jahr seiner Amtszeit hatte Biden Schwierigkeiten, seine Partei bei einem Investitionsprogramm mit einem Volumen von mehr als einer Billion Dollar und einem Konjunkturprogrammen mit einem Volumen von mehr als 3,5 Billionen Dollar hinter sich zu bringen, da es einen Streit zwischen dem linken Parteiflügel, dem Congressional Progressive Caucus, und den moderaten Senatoren Joe Manchin und Kyrsten Sinema um die Höhe der Ausgaben des Konjunkturprogrammes gab. Die Senatoren verweigerten (Stand Oktober 2021) dem Konjunkturprogramm, das im Repräsentantenhaus schon verabschiedet wurde, im Senat ihre Zustimmung; dafür verweigerte der Congressional Progressive Caucus dem Repräsentantenhaus seine Zustimmung zu dem Infrastrukturprogramm, welches unter anderem von den beiden Senatoren mit den Senatsrepublikanern ausgehandelt wurde und im Senat verabschiedet wurde. Im November 2021 wurde dem Infrastrukturprogramm schließlich zugestimmt, und noch im selben Monat wurde es von Biden per Unterzeichnung verabschiedet. Einen Monat später konnte eine drohende Zahlungsunfähigkeit der USA durch eine Schuldenaufnahme von 2,5 Billionen US-Dollar abgewendet werden.
Zweites und drittes Jahr seiner Amtszeit
Durch die Midterms 2022 bzw. die Wahlen zum Repräsentantenhaus im Herbst 2022 verlor die demokratische Partei ihre Mehrheit im Repräsentenhaus, aber behielt überraschend die Macht im Senat. Am 25. April 2023 gab Biden seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024, für eine zweite Amtszeit, bekannt. Im Mai 2023 hat Biden, wie bereits im ersten Jahr seiner Amtszeit, einen drohenden Staatsbankrott abzuwenden.
Zustimmungswerte
Bidens Zustimmungswerte sind innerhalb seines ersten Präsidentschaftsjahres zunehmend gesunken. Während laut einer Gallup-Studie in den ersten sechs Monaten seiner Präsidentschaft noch 54 bis 57 % der Amerikaner angaben, mit Biden zufrieden zu sein, sagten das in den Monaten Oktober und November 2021 nur noch 42 %. Unter den Befragten, die keiner politischen Partei zugehörig sind (Independents), sank die Zustimmungsrate laut der Studie von Ende Januar bis Mitte November 2021 sogar von 61 % auf 37 %. Auch die Wahlniederlage des Demokraten Terry McAuliffe Anfang November 2021 gegen den republikanischen Kandidaten Glenn Youngkin bei den Gouverneurswahlen in Virginia werteten einige Medien als Votum gegen Bidens Präsidentschaft.
Auseinandersetzung mit der Politischen Rechten
Seit September 2021 war von Anhängern der politischen Rechten in den USA (Far-Right/Alt-Right) der Schlachtruf „Fuck Joe Biden“ auf diversen Großveranstaltungen zu hören. Nachdem die NBC-Reporterin Kelli Stavast in einem Interview mit dem NASCAR-Fahrer Brandon Brown daraus „Let’s Go Brandon“ machte, wird dies synonym verwendet.
Im Vorfeld der Wahlen in den Vereinigten Staaten 2022 erklärte Biden, dass diese über den Fortbestand des Wahlrechts und der Demokratie in den USA entscheiden und dass ein Teil der Republikanischen Partei, „Donald Trump und die MAGA-Republikaner“, einen Extremismus repräsentiert, „der die Grundfesten“ der US-amerikanischen Republik bedroht. Trump bezeichnete Biden daraufhin, auch vor dem Hintergrund der FBI-Durchsuchung seiner Residenz Mar-a-Lago, die von Bidens Justizminister Merrick B. Garland genehmigt worden war, vor seinen Anhängern als „Feind unseres Staates“.
Aktenaffäre
Im Januar 2023 wurde publik, dass Biden geheime Unterlagen aus seiner Zeit als Vizepräsident sowohl in seinen privaten Büroräumen in der Hauptstadt Washington als auch in seinem Haus in Rehoboth Beach (Delaware) aufbewahrte. Die Durchsuchung seines Hauses hatte Biden dem Justizministerium von sich aus angeboten. Biden habe, laut Erklärung seiner Regierung, die Räumlichkeiten nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Vizepräsidenten 2017 bis etwa 2020 genutzt. Bei den Unterlagen handelt es sich Berichten zufolge um mindestens zehn geheime Dokumente, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Biden erklärte, von dem Fund überrascht zu sein und nicht zu wissen, wer die Dokumente dorthin gebracht habe oder was sie beinhalteten. Biden versprach vollste Kooperation bei den Ermittlungen. Am 12. Januar setzte US-Justizminister Merrick B. Garland einen unabhängigen Sonderermittler ein. Anfang Februar 2023 wurde auch Bidens Strandhaus in Rehoboth Beach durchsucht. Gefunden wurden dort keine weiteren Geheimdokumente.
Zweifel an Amtseignung aufgrund seines Alters
Während seiner politischen Karriere, insbesondere jedoch seit der Präsidentschaft und der Kandidatur für diese, fiel Biden durch zahlreiche wirre Äußerungen und bizarre Verhaltensweisen auf. Sein Alter (Biden ist von allen US-Präsidenten der älteste im Amt) und seine öffentlichen Auftritte riefen teilweise Zweifel an seiner Amtseignung hervor. Sein Leibarzt erklärte ihn hingegen im Februar 2023 für uneingeschränkt amtsfähig.
Rezeption
Internationale Politik
Laut Einschätzungen des Politikexperten James M. Lindsay vom Council on Foreign Relations (CFR) haben die Verbesserung der Beziehungen zu traditionellen Verbündeten der USA und ein entschiedeneres Auftreten gegenüber China unter der Biden-Administration Priorität. Die Beziehungen mit Bündnispartnern sollen repariert werden, um in der internationalen Politik wieder geeint handeln zu können. China soll in seiner herausfordernden Politik verstärkt konfrontiert werden, wobei die Biden-Administration auf den entschiedenen Beistand von Bündnispartnern wie Deutschland hofft. Mit dem Iran will die Biden-Administration an den Verhandlungstisch zurückkehren, um ein neues Atomabkommen aushandeln zu können. Die Biden-Administration möchte außerdem Israel weiterhin unterstützen. Laut Außenminister Antony Blinken soll Trumps Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem nicht revidiert werden. Bei anderen Konflikten in der Region, sei es der Krieg in Syrien oder der Gasstreit im Mittelmeer, wollen die USA eine zurückhaltende Rolle spielen.
Recht auf Abtreibung
Biden wurde von katholischen Bischöfen in den USA mehrfach unter Druck gesetzt, sich für striktere Abtreibungsregelungen einzusetzen. Joseph Fred Naumann warf der Regierung vor, „in der Hand von Abtreibungsextremisten“ zu sein.
Preise und Ehrungen
Biden wurde 2008 für „die Verbesserung der Lebensqualität der Amerikaner mit familienfreundlichen Arbeitsgesetzen“ (Original: improving the American quality of life through family-friendly work policies) vom amerikanischen Magazin Working Mother ausgezeichnet. Außerdem wurde er ebenfalls 2008 zusammen mit dem Senator Richard Lugar mit dem Hilal-i-Pakistan Verdienstorden für seine beständige Unterstützung Pakistans ausgezeichnet. Der Kosovo verlieh Biden ein Jahr später die Goldene Medaille für Frieden in Anerkennung seines Einsatzes für die Unabhängigkeit des Staates.
2016 wurde Biden der Freedom of the City Preis des County Loth verliehen.
Im Januar 2017 wurde Biden die Presidential Medal of Freedom with Distinction von Präsident Obama verliehen, eine der beiden höchsten Ehrungen in den Vereinigten Staaten. Obama begründete die Verleihung mit Bidens lebenslangen Einsatz für die Vereinigten Staaten und seine Mitbürger.
Am 10. Dezember 2020 wurde Biden zusammen mit seiner Vizepräsidentin Kamala Harris durch das amerikanische Nachrichtenmagazin Time zur Person of the Year ernannt.
Dokumentarfilme
- Joe Biden: Comeback King. 60 Min. Ein Film von Finlay Bald und Danielle Winter. USA 2020.
- Amerika hat die Wahl: Trump gegen Biden. 110 Min. Ein Film von Michael Kirk und Mike Wiser. USA 2020.
- Joe Biden – Das Porträt. 52 Min. Ein Film von Michael Kirk und Mike Wiser. USA 2021.
Schriften
- Promises to Keep. On Life and Politics. Random House, New York 2007, ISBN 978-1-4000-6536-3.
- Promise Me, Dad. A Year of Hope, Hardship, and Purpose. Flatiron Books, New York 2017, ISBN 978-1-250-17167-2.
- deutsch: Versprich es mir: Über Hoffnung am Rande des Abgrunds. Aus dem Amerikanischen von Henning Dedekind und Friedrich Pflüger. C.H. Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-76713-5.
Literatur
- Chris Whipple: The Fight of His Life: Inside Joe Biden’s White House. Simon & Schuster, New York 2023, ISBN 978-1-982106-44-7.
- Tim Koch: Joe Biden: Der Bildband über Amerikas neuen Präsidenten, Verlag 27amigos, München 2020, 39 Fotografien, ISBN 978-3-7505-0111-9.
- Branko Marcetic: Yesterday’s Man: The Case against Joe Biden. Verso, London 2020, ISBN 978-1-83976-028-0.
- Evan Osnos: Joe Biden. Ein Porträt. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ulrike Bischoff und Stephan Gebauer. Suhrkamp, Berlin 2020, ISBN 978-3-518-42999-0.
- Jules Witcover: The American Vice Presidency. From Irrelevance to Power. Smithsonian Books, Washington, D. C. 2014, ISBN 978-1-58834-471-7, S. 495–508 (= 47. Joseph R. Biden Jr. of Delaware).
- Jules Witcover: Joe Biden: A Life of Trial and Redemption. William Morrow, New York 2010, ISBN 0-06-179198-9.
Weblinks
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- Offizielle Website von Joe Biden (englisch)
- Joe Biden. In: whitehouse.gov (englisch)
- Joe Biden im Biographical Directory of the United States Congress (englisch)
- Joe Biden im Miller Center of Public Affairs der University of Virginia (englisch)
- The American Presidency Project: Joseph R. Biden. Datenbank der University of California, Santa Barbara mit Reden und anderen Dokumenten aller amerikanischen Präsidenten (englisch)
- Literatur von und über Joe Biden im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Antonio de Luca, Thomas Kaplan and Umi Syam: Joe Biden’s Long Road to the Presidency. The New York Times, 20. Januar 2021 (abgerufen am 26. Januar 2021)
Einzelnachweise
- ↑ „Joe Biden takes the oath of Office of Vice President“ (ab 0:00:58) auf YouTube
- ↑ William Addams Reitwiesner: Ancestry of Joe Biden. In: Wargs.com, 26. August 2003 (englisch)
- ↑ Joe Biden: US Vice President returns to his Irish roots. BBC News, 21. Juni 2016, abgerufen am 6. März 2020 (englisch).
- ↑ Joshua Nevett, William McLennan: Joe Biden: Unearthing the president’s unsung English roots. BBC News, 12. Juni 2021, abgerufen am 1. Juli 2022.
- 1 2 Biden Admits Errors in School Claims. Chicago Tribune, 22. September 1987, abgerufen am 9. November 2020 (englisch).
- 1 2 Joe Biden Timeline. (Memento vom 1. Januar 2009 im Internet Archive) In: Biden.Senate.gov, Archivversion vom 1. Januar 2009 (englisch).
- ↑ Sohn von US-Vizepräsident Biden stirbt an Hirntumor. In: Die Welt, 31. Mai 2015.
- 1 2 3 Vice President Joe Biden. In: ObamaWhiteHouse (englisch).
- ↑ Hochzeit von Biden-Enkelin Naomi: Ja-Wort im Weißen Haus. In: Der Spiegel. 20. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 20. November 2022]).
- ↑ Joseph R. Biden, Jr.: Letter to National Stuttering Association chairman. National Stuttering Association, 9. Juli 2009, archiviert vom am 28. Juli 2011; abgerufen am 9. Dezember 2010.
- ↑ Evan Songs: Joe Biden. Ein Portrait. Suhrkamp, Berlin 2020, S. 56.
- ↑ Janet Hook: Joe Biden’s childhood struggle with a stutter: How he overcame it and how it shaped him. In: Los Angeles Times. 16. September 2019, abgerufen am 24. Juli 2020.
- ↑ Carl P. Leubsdorf: Lifelong ambition led Joe Biden to Senate, White House aspirations | News for Dallas, Texas | Dallas Morning News | Reporting from Washington: Carl Leubsdorf. (Nicht mehr online verfügbar.) 26. September 2008, archiviert vom am 26. September 2008; abgerufen am 12. November 2020 (englisch).
- 1 2 3 4 Michael Barone: The Almanac of American Politics. University of Chicago Press, Chicago 2007, ISBN 978-0-89234-116-0.
- ↑ David Greenberg: The Write Stuff. Why Biden’s Plagiarism Shouldn’t Be Forgotten. In: Slate, 25. August 2008.
- ↑ Who Will it Be? In: The Washington Post, 2004 (englisch, über mögliche Running Mates für John Kerry).
- ↑ Alex Pareene: Joe Biden Announces Candidacy For President, Resolution of Unexplained Identity Crisis. In: Wonkette, 8. Januar 2007 (englisch).
- ↑ Dan Balz: Biden Stumbles at the Starting Gate. Comments About Obama Overtake Bid for President. In: The Washington Post, 1. Februar 2007 (englisch).
- ↑ Jeff Zeleny: New Face and a Call for Change Shake Up the Democratic Field. In: The New York Times, 4. Januar 2008, abgerufen am 21. Oktober 2015 (englisch).
- ↑ Mark Leibovich: Speaking Freely, Biden Finds Influential Role. In: The New York Times, 28. März 2009 (englisch).
- ↑ Glenn Thrush, Manu Raju, John Bresnahan, Carrie Budoff Brown: Joe Biden, Mitch McConnell and the Making of a Debt Deal. In: Politico, 2. August 2011 (englisch).
- ↑ Rodney Hawkings: Biden: We are better off, “bin Laden is dead and General Motors is alive”. In: CBS News, 3. September 2012 (englisch).
- ↑ US-Waffenrecht: Obama will alle Waffenkäufer überprüfen lassen. In: Die Zeit, 16. Januar 2013.
- ↑ Sicherheitskonferenz in München: „Staatengemeinschaft muss Verantwortung für Syrien wahrnehmen“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Februar 2013.
- ↑ Peter Baker, Maggie Haberman: Joe Biden Will Not Run for President. In: The New York Times, 21. Oktober 2015 (englisch).
- ↑ „Ich wäre der beste Präsident gewesen“. In: Spiegel Online, 12. Mai 2016.
- ↑ In Scranton, Pa., Hillary Clinton and Joe Biden’s memory lane tour is an appeal to white working-class Democrats. In: The Washington Post, 15. August 2016 (englisch).
- ↑ Allie Malloy CNN: Biden, Boehner lament negative politics in Notre Dame addresses. Abgerufen am 21. August 2020.
- ↑ Jessica Estepa: Former vice president Joe Biden: I could have won the 2016 election. In: USA Today, 27. März 2017; Mark Hensch: GOP senator: Biden would have beat Trump. In: The Hill, 5. April 2017.
- ↑ Jonathan Martin: Biden to Create a Political Action Committee, a Possible Signal for 2020. In: The New York Times, 31. Mai 2017.
- ↑ Ex-Vizepräsident Biden kandidiert. In: Tagesschau.de, 25. April 2019.
- ↑ Sarah Frostenson: Bernie Sanders Is The Front-Runner. In: FiveThirtyEight, 23. Februar 2020.
- ↑ Nate Silver: What Biden’s Big South Carolina Win Might Mean For Sanders. In: FiveThirtyEight, 1. März 2020; South Carolina 2020 Primary: Live Results. In: The New York Times, 29. Februar 2020.
- ↑ Manuel Escher: US-Senator Bernie Sanders zieht sich aus Rennen um die Präsidentschaft zurück. In: derStandard.de. 8. April 2020, abgerufen am 9. Juni 2020.
- ↑ Präsidentschaftswahl: Biden gewinnt Kandidatur der Demokraten. In: FAZ.NET. 6. Juni 2020, abgerufen am 9. Juni 2020.
- ↑ USA: Joe Biden knackt Spendenrekorde im Wahlkampf. In: Handelsblatt. 16. Juni 2020, abgerufen am 16. Juni 2020.
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