Großer Preis von Spanien 1975
Renndaten
4. von 14 Rennen der Automobil-Weltmeisterschaft 1975
Name: XXI Gran Premio de España
Datum: 27. April 1975
Ort: Barcelona
Kurs: Circuit de Montjuïc
Länge: 109,91 km in 29 Runden à 3,79 km
Geplant: 284,25 km in 75 Runden à 3,79 km
Wetter: sonnig und heiß
Pole-Position
Fahrer: Osterreich Niki Lauda Italien Ferrari
Zeit: 1:23,4 min
Schnellste Runde
Fahrer: Vereinigte Staaten Mario Andretti Vereinigte Staaten Parnelli
Zeit: 1:25,1 min
Podium
Erster: Deutschland Jochen Mass Vereinigtes Konigreich McLaren
Zweiter: Belgien Jacky Ickx Vereinigtes Konigreich Lotus
Dritter: Argentinien Carlos Reutemann Vereinigtes Konigreich Brabham

Der Große Preis von Spanien 1975 fand am 27. April auf dem Circuit de Montjuïc in Barcelona statt und war das vierte Rennen der Automobil-Weltmeisterschaft 1975.

Berichte

Hintergrund

Fast zwei Monate nach dem Großen Preis von Südafrika stand der Spanien-GP auf dem Programm, der gemäß dem jährlichen Wechsel mit der Rennstrecke Circuito Permanente del Jarama in diesem Jahr erneut auf dem temporären Rennkurs am Montjuïc in Barcelona stattfinden sollte.

In der Zwischenzeit hatten zwei nicht zur Weltmeisterschaft zählende Formel-1-Rennen stattgefunden. Tom Pryce hatte diese Gelegenheit genutzt, um mit einem Sieg beim Race of Champions in Brands Hatch die Konkurrenzfähigkeit des Shadow DN5 unter Beweis zu stellen. Die International Trophy in Silverstone konnte Niki Lauda mit dem neuen Ferrari 312T für sich entscheiden.

Das Team von Frank Williams trat mit einem neuen Wagen und einem neuen Fahrer in Spanien an. Da nämlich Jacques Laffite an einem zeitgleich stattfindenden Formel-2-Rennen auf dem Nürburgring teilnahm, erhielt Tony Brise die Chance auf sein Grand-Prix-Debüt. Es gab zudem noch zwei weitere Debütanten an diesem Wochenende, und zwar Alan Jones, der in einem privaten Hesketh an den Start ging, sowie Roelof Wunderink, der einen neuen Hauptsponsor für Ensign Racing mitbrachte, wodurch dem Team der erste Auftritt in der Saison 1975 ermöglicht wurde.

Graham Hill ließ sich in seinem eigenen Team von François Migault vertreten. Dieser steuerte somit den zweiten nun offiziell als „Hill GH1“ bezeichneten Wagen neben Stammfahrer Rolf Stommelen, wodurch das bisherige Lola-Kundenteam endgültig als eigenständiges Werksteam mit der Bezeichnung „Embassy Hill“ galt.

Training

Gleich zu Beginn des Wochenendes wurde festgestellt, dass die Leitplanken der temporären Rennstrecke nur unzureichend befestigt worden waren und auch die sonstigen Vorbereitungen hinsichtlich der Sicherheit nicht den üblichen Standards entsprachen. Die Fahrervereinigung GPDA beschloss daraufhin unter Federführung des amtierenden Weltmeisters Emerson Fittipaldi, den Grand Prix zu bestreiken.

Von den Stammfahrern nahm daraufhin nur Jacky Ickx, der kein Mitglied der GPDA war, am ersten Training teil. Außer ihm fuhr lediglich Vittorio Brambilla eine gezeitete Runde, die er jedoch bewusst langsam absolvierte. Die Veranstalter sicherten daraufhin zu, die Sicherheitsvorkehrungen im Verlauf der folgenden Nacht zu verbessern. Um dies in der Kürze der Zeit zu ermöglichen, wurden auch vereinzelt Mechaniker der Rennteams zur Mithilfe herangezogen.

Am zweiten Trainingstag waren die Fahrer nach wie vor nicht mit dem Ergebnis der Arbeiten zufrieden und boykottierten das Training weiterhin. Neben Ickx absolvierten am Samstagvormittag lediglich Bob Evans und Neuling Roelof Wunderink offizielle Trainingsrunden. Daraufhin drohte der Veranstalter damit, das gesamte Formel-1-Material, das sich im zum Fahrerlager umfunktionierten Estadi Olímpic de Montjuïc befand, zu beschlagnahmen, sofern die Fahrer sich weiterhin weigerten, das Training aufzunehmen. Als zudem die CSI verlautbarte, dass die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend seien, gaben die Teams nach und alle Piloten nahmen an der Qualifikation teil. Einzig Emerson Fittipaldi blieb konsequent, indem er lediglich drei bewusst langsame Runden absolvierte und sich weigerte, am Rennen teilzunehmen.

Die beiden Ferrari-Piloten Niki Lauda und Clay Regazzoni qualifizierten sich für die erste Startreihe. Die zweite Reihe teilte sich James Hunt mit Mario Andretti. Es folgten Vittorio Brambilla und John Watson. Aufgrund der verkürzten Trainingszeit kam es zu einigen ungewohnten Platzierungen. So qualifizierten sich beispielsweise die zum Kreis der Favoriten zählenden Jody Scheckter auf Tyrrell sowie die beiden Brabham von Carlos Reutemann und Carlos Pace lediglich für die Plätze 13, 14 und 15.

Rennen

Kurz nach dem Start versuchte Brambilla den direkt vor ihm gestarteten Andretti zu überholen. Dabei kollidierten die beiden, woraufhin Andretti in das Heck von Laudas Ferrari prallte. Dieser schied aus, nachdem er seinerseits in die Seite von Regazzonis Wagen gedrückt worden war. Dieser schaffte zwar den Weg in die Box und nahm das Rennen nach einem Reparaturstopp wieder auf, lag jedoch aussichtslos zurück. Dadurch gelangte Hunt in die Spitzenposition vor Andretti, Watson, Stommelen, Brambilla und Pace.

Für drei weitere Piloten endete das Rennen bereits nach nur einer Runde, wobei Wilson Fittipaldi und Arturo Merzario bewusst aufgaben, um ihren Protest gegenüber den Veranstaltern zu demonstrieren. Patrick Depailler schied hingegen wegen einer defekten Aufhängung aus.

In der vierten Runde ereignete sich an Jody Scheckters Wagen ein Motorschaden, wodurch Öl auf die Strecke gelangte. Infolgedessen verunfallten Alan Jones sowie Penske-Pilot Mark Donohue an dieser Stelle. Drei Runden später folgte ihnen James Hunt. Andretti führte dadurch vor Watson und Stommelen. Im Laufe der folgenden Runden fiel Watson wegen Handlingproblemen zurück und Andretti schied wegen eines Aufhängungsschadens aus. Rolf Stommelen gelangte dadurch in die Führungsposition vor Carlos Pace, Ronnie Peterson, Jochen Mass und Jacky Ickx. Peterson schied in der 24. Runde im Zuge eines missglückten Überrundungsmanövers gegen François Migault aus.

Zwei Runden später brach der Heckflügel am Wagen des führenden Stommelen. Er prallte unkontrolliert in die Leitplanke und wurde von dieser auf die Strecke zurückgeschleudert. Daraufhin musste der unmittelbar folgende Pace ausweichen, um eine Kollision zu verhindern. Im Zuge dessen verunfallte er, während Stommelens Wagen die Leitplanken auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite berührte und sich über diese hinweg überschlug. Fünf dort stehende Zuschauer starben und Stommelen selbst erlitt schwere Verletzungen. Die mit dieser chaotischen Situation überforderten Veranstalter trafen erst vier Runden später die Entscheidung, das Rennen abzubrechen. Unterdessen war Jacky Ickx von Jochen Mass überholt worden, der somit seinen ersten und einzigen Grand-Prix-Sieg erreichte. Jean-Pierre Jarier kam als Dritter ins Ziel, wurde jedoch mit einer Zeitstrafe belegt, da er zuvor Reutemann unter gelben Flaggen überholt hatte.

Da zum Zeitpunkt des Abbruchs weniger als die Hälfte der geplanten Renndistanz absolviert worden war, erhielten die Fahrer auf den ersten sechs Plätzen zum ersten Mal in der Geschichte der Formel 1 nur die halbe Punktzahl. Darunter befand sich auch Lella Lombardi, die als Sechstplatzierte 0,5 Punkte erhielt. Dabei handelt es sich bis heute um die einzige Punkteplatzierung einer Frau in der Formel 1.

Die Entscheidung von Emerson Fittipaldi, der bereits abgereist war, erwies sich letztendlich als richtig. Als Konsequenz aus den Ereignissen fand seither kein Formel-1-Rennen mehr auf dieser Rennstrecke statt.

Meldeliste

Team Nr. Fahrer Chassis Motor Reifen
 Marlboro Team Texaco 1  Emerson Fittipaldi McLaren M23 Ford Cosworth DFV 3.0 V8 G
2  Jochen Mass
 Elf Team Tyrrell 3  Jody Scheckter Tyrrell 007 G
4  Patrick Depailler
 John Player Team Lotus 5  Ronnie Peterson Lotus 72E G
6  Jacky Ickx
 Martini Racing 7  Carlos Reutemann Brabham BT44B G
8  Carlos Pace
 Beta Team March 9  Vittorio Brambilla March 751 G
 Lavazza March 10  Lella Lombardi G
 Scuderia Ferrari SpA SEFAC 11  Clay Regazzoni Ferrari 312T Ferrari 015 3.0 F12 G
12  Niki Lauda
 Stanley B.R.M. 14  Bob Evans BRM P201 BRM P200 3.0 V12 G
 UOP Shadow Racing Team 16  Tom Pryce Shadow DN5 Ford Cosworth DFV 3.0 V8 G
17  Jean-Pierre Jarier
 Team Surtees 18  John Watson Surtees TS16 G
 Frank Williams Racing Cars 20  Arturo Merzario Williams FW04 G
21  Tony Brise Williams FW03
 Embassy Racing with Graham Hill 22  Rolf Stommelen Hill GH1 G
23  François Migault
 Hesketh Racing 24  James Hunt Hesketh 308 G
Custom Made Harry Stiller Racing 25  Alan Jones G
 Vel’s Parnelli Jones Racing 27  Mario Andretti Parnelli VPJ4 G
 Penske Cars 28  Mark Donohue Penske PC1 G
 Copersucar-Fittipaldi 30  Wilson Fittipaldi Copersucar FD02 G
 HB Bewaking Team Ensign 31  Roelof Wunderink Ensign N174 G

Klassifikationen

Startaufstellung

Pos. Fahrer Konstrukteur Zeit Ø-Geschwindigkeit Start
1  Niki Lauda  Ferrari 1:23,4 163,597 km/h 1
2  Clay Regazzoni  Ferrari 1:23,5 163,401 km/h 2
3  James Hunt  Hesketh-Ford 1:23,8 162,816 km/h 3
4  Mario Andretti  Parnelli-Ford 1:23,9 162,622 km/h 4
5  Vittorio Brambilla  March-Ford 1:24,2 162,043 km/h 5
6  John Watson  Surtees-Ford 1:24,3 161,851 km/h 6
7  Patrick Depailler  Tyrrell-Ford 1:24,4 161,659 km/h 7
8  Tom Pryce  Shadow-Ford 1:24,5 161,467 km/h 8
9  Rolf Stommelen  Hill-Ford 1:24,7 161,086 km/h 9
10  Jean-Pierre Jarier  Shadow-Ford 1:25,0 160,518 km/h 10
11  Jochen Mass  McLaren-Ford 1:25,2 160,141 km/h 11
12  Ronnie Peterson  Lotus-Ford 1:25,3 159,953 km/h 12
13  Jody Scheckter  Tyrrell-Ford 1:25,4 159,766 km/h 13
14  Carlos Pace  Brabham-Ford 1:25,8 159,021 km/h 14
15  Carlos Reutemann  Brabham-Ford 1:25,8 159,021 km/h 15
16  Jacky Ickx  Lotus-Ford 1:26,2 158,283 km/h 16
17  Mark Donohue  Penske-Ford 1:26,3 158,100 km/h 17
18  Tony Brise  Williams-Ford 1:26,4 157,917 km/h 18
19  Roelof Wunderink  Ensign-Ford 1:26,6 157,552 km/h 19
20  Alan Jones  Hesketh-Ford 1:26,7 157,370 km/h 20
21  Wilson Fittipaldi  Copersucar-Ford 1:27,2 156,468 km/h 21
22  François Migault  Hill-Ford 1:27,9 155,222 km/h 22
23  Bob Evans  B.R.M. 1:28,8 153,649 km/h 23
24  Lella Lombardi  March-Ford 1:30,3 151,096 km/h 24
25  Arturo Merzario  Williams-Ford 1:54,3 119,370 km/h 25
26  Emerson Fittipaldi  McLaren-Ford 2:10,2 104,793 km/h DNS

Rennen

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
1  Jochen Mass  McLaren-Ford 29 0 0:42:53,7 11 1:25,8
2  Jacky Ickx  Lotus-Ford 29 0 + 1,1 16 1:26,1
3  Carlos Reutemann  Brabham-Ford 28 0 + 1 Runde 15 1:27,2
4  Jean-Pierre Jarier  Shadow-Ford 28 1 + 1 Runde 10 1:25,4
5  Vittorio Brambilla  March-Ford 28 1 + 1 Runde 5 1:26,0
6  Lella Lombardi  March-Ford 27 0 + 2 Runden 24 1:30,2
7  Tony Brise  Williams-Ford 27 0 + 2 Runden 18 1:26,5
8  John Watson  Surtees-Ford 26 1 + 3 Runden 6 1:25,5
 Clay Regazzoni  Ferrari 25 1 NC 2 1:25,8 nicht gewertet
 Rolf Stommelen  Hill-Ford 25 0 DNF 9 1:26,2 Unfall
 Carlos Pace  Brabham-Ford 25 0 DNF 14 1:25,8 Unfall
 Tom Pryce  Shadow-Ford 23 0 DNF 8 1:26,0 Unfall
 Ronnie Peterson  Lotus-Ford 23 0 DNF 12 1:26,0 Aufhängungsschaden
 Roelof Wunderink  Ensign-Ford 20 0 DNF 19 1:28,5 defekte Kraftübertragung
 François Migault  Hill-Ford 18 0 NC 22 1:27,1 nicht gewertet
 Mario Andretti  Parnelli-Ford 16 0 DNF 4 1:25,1 Aufhängungsschaden
 Bob Evans  B.R.M. 7 0 DNF 23 1:30,8 defekte Kraftstoffzufuhr
 James Hunt  Hesketh-Ford 6 0 DNF 3 1:25,7 Unfall
 Jody Scheckter  Tyrrell-Ford 3 0 DNF 13 1:27,0 Motorschaden
 Mark Donohue  Penske-Ford 3 0 DNF 17 1:29,1 Unfall
 Alan Jones  Hesketh-Ford 3 0 DNF 20 1:29,6 Unfall
 Patrick Depailler  Tyrrell-Ford 1 0 DNF 7 1:46,1 Unfall
 Wilson Fittipaldi  Copersucar-Ford 1 0 DNF 21 2:18,8 Aufgabe
 Arturo Merzario  Williams-Ford 1 0 DNF 25 2:23,5 Aufgabe
 Niki Lauda  Ferrari 0 0 DNF 1 Unfall

WM-Stände nach dem Rennen

Die ersten sechs des Rennens bekamen regulär 9, 6, 4, 3, 2 bzw. 1 Punkt(e). Bei diesem Rennen wurden durch frühzeitigem Rennabbruch nur die jeweilige Hälfte an Punkten vergeben.

Fahrerwertung

Pos. Fahrer Konstrukteur Punkte
1  Emerson Fittipaldi McLaren 15,0
2  Carlos Pace Brabham 12,0
3  Carlos Reutemann Brabham 12,0
4  Jochen Mass McLaren 9,5
5  Jody Scheckter Tyrrell 9,0
6  James Hunt Hesketh 7,0
7  Patrick Depailler Tyrrell 6,0
Pos. Fahrer Konstrukteur Punkte
8  Clay Regazzoni Ferrari 6,0
9  Niki Lauda Ferrari 5,0
10  Jacky Ickx Lotus 3,0
11  Jean-Pierre Jarier Shadow 1,5
12  Vittorio Brambilla March 1,0
13  Lella Lombardi March 0,5

Konstrukteurswertung

Pos. Konstrukteur Punkte
1  Brabham 21,0
2  McLaren 20,5
3  Tyrrell 11,0
4  Ferrari 8,0
Pos. Konstrukteur Punkte
5  Hesketh 7,0
6  Lotus 3,0
7  Shadow 1,5
8  March 1,0

Einzelnachweise

  1. Kampf am Limit. Die Formel 1 Chronik 1950–2000, hrsg. v. Willy Knupp, RTL Buchedition: Zeitgeist Verlag: Düsseldorf/Gütersloh 2000, ISBN 3-89748-277-0, S. 184
  2. „Training“ (Memento des Originals vom 10. Mai 2005 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Motorsportarchiv.de; abgerufen am 10. Dezember 2011)
  3. 1975: Ein Spanien-Grand-Prix für die Ewigkeit. Abgerufen am 26. Januar 2021.
  4. „Bericht“ (abgerufen am 10. Dezember 2011)
  5. „WM-Stände“ (Memento des Originals vom 10. Mai 2005 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Motorsportarchiv.de; abgerufen am 10. Dezember 2011)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.