Kummerbund
Der Kummerbund ist eine Trauervereinigung frisch vermählter Ehemänner. Als Hilfs- und Schutzorganisation gegen die seelischen, ideellen und materiellen Traumata einer beginnenden heterosexuellen Gütergemeinschaft helfen Kummerbünde dem Mann, seine neu angelegten Fesseln durch eine Reihe tradierter Rituale zu verarbeiten und schrittweise zu akzeptieren. Die Hauptbetreuungstätigkeit erfolgt in den ersten Ehejahren bis zur Midlife-Crisis und beginnt mit der symbolischen Fesselung des Bierbauchs durch einen roten, halterlosen Unterbauchstraps am Hochzeitstag. In Härtefällen kann sie sich bis zur Scheidung, spätestens aber bis zur Lindenstraße hinziehen, die als Zeichen der vollintegrierten Auflösung des Mannes in der Lebenspartnerschaft gilt. Die Hilfs- und Beratungsangebote von Kummerbünden gegen Migräne, Bausparvertrag und Kinder erstrecken sich hauptsächlich auf nostalgisch-motivierende Momente wie Bier, Gesprächskreise bei dem einzigen Mitglied mit Sky-Monatspaket, Kegelvereine und Bocchiarunden in All-Inclusive-Ressorts mit Blick auf die neunzehnjährigen Mädchen, die auf dem angrenzenden Volleyballfeld schwitzen.
Herkunft der Kummerbünde
Das Zeichen der Kummerbünde, die sexy Schärpe, kommt ursprünglich aus Indien, wo sie die Unberührbaren als Unterhose getragen haben, bis die höheren Kasten der Meinung waren, dass das zu viel kostbaren Stoff verbrauche und sie lieber in dem Bettlaken herumlaufen sollten, in dem sie auch schlafen. Englische Soldaten brachten die Kummerbünde daher Ende des 18. Jahrhunderts nach Europa und trugen sie als rot eingefärbte Männerreizwäsche vor ihren Frauen auf, um sie durch verzweifelte Versuche exotisch zu wirken, von allzu exzessiven Affären mit dem Stalljungen oder dem Kaminfeger abzuhalten.
Mit dem Aufkommen der Superhelden Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es salonfähig, die roten Schärpen auch über der Hose zu tragen, sodass immer mehr Gentleman in besseren Gesellschaften ihre Leidensgenossen erkannten, sich in Rauchersalons zusammenfanden und über die Nachteile viktorianischer Mode oder die bedrückenden Leasingsraten ihrer Familienkutsche klagten. Ende der 1930er Jahre gründete sich in der Londoner Langton Road ein erstes Etablissement, das die Alltgsbewältigung verheirateter Männer durch eine Auswahl aus dreißig Sorten Pfeifentaback, Brandy, Billiardräumen und Swing-Musik erträglicher zu machen suchte und dem Mann einem Rückzugsort bot, wo er zwischen einem harten Arbeitstag und einem anstrengenden Feierabend mit der Familie Trost und Geborgenheit finden konnte. Zu Scharen sah man gebeugte Männer zu der warm erleuchteten Tür mit der großen Träne über dem Eingang pilgern und sich von dem Türsteher männlich freundschaftlich in den Arm nehmen lassen, um dann mit einem jovialen Poklatscher im Bundhaus zu verschwinden. Hinter dessen Eingangstür standen Schüsseln mit warmer Seifenlauge bereit, um die Hand leichter von der Last des Eherings zu befreien. Leichtfüßige Barhasen in engen Miedern legten dem labilen Herren seine Trauerschärpe an und begleiteten ihn zu einem gemütlichen Sessel, wo sie ihm die Pantoffeln und die Pfeife brachten. Immer zwei von ihnen blieben beim Bundmitglied stehen und machten ihm Komplimente über seine Hände, seinen Tatendrang und seine Männlichkeit. Anders als in anderen Männerdomänen wie Römischen Bädern, Eckkneipen oder Freimaurerlogen hatte der Mann im Londoner Kummerbund keine Rolle zu spielen, um seine Männlichkeit zu beweisen, sondern konnte sich mit anderen Männern in entspannter Atmosphäre treffen und damit prahlen, was für schöne Komplimente man ihm gerade über seine Hände gemacht hatte.
Die gesellschaftlich anerkannten Modekonventionen machten den Kummerbund als Eingangstor zu einer ehefrauenfreien Welt bald über Londons Grenzen hinaus bekannt und während Frauen dachten, sie hätten modisch bewusste Männer geheiratet, die sich über die starren Konventionen der biederen Smokingweste hinwegsetzten, zwinkerten und knickknackten sich die Kummerbündigen auf feinen Empfängen heimlich zu, immer erfüllt von wehmütigen Gedanken an die schönen Stunden in der Zwischenwelt des männlichen Eheideals.
Organisation
Seit den 30er Jahren hat sich die Organisation der Kummerbünde ausdifferenziert und von den damals üblichen Clublounges wegbewegt. Die wohl größte Änderung im Kummerbundwesen ist heute, dass das Mentoring der Ehemänner nicht mehr zentral und mit angelegtem Leibgurt stattfindet, sondern Kummerbünde nur noch aus Initiationsgründen vor einer Schicksalsgemeinschaft von vier bis sechs Leidensgenossen, sog. „Kumm-Pels“ getragen werden, die den neuen Mitleider aufnehmen und dann auf lokaler Ebene eine dauerhafte Vereinigung bilden, die sich gegenseitig mit kleinen Neckereien, Gelegenheitspläuschen oder monatlichem Briefkastenwettscheißen in der Nachbarschaft stärkt. Diese Gemeinschaften erweisen sich bei spontan auftretenden Eheproblemen, z.B. einer plötzlichen Eheberatung wegen eines massiven Alkoholproblems, als flexibel und reaktionsfreudig, sodass sich der Ehemann immer mal schnell unter dem Vorwand einer Radtour oder einer Aushilfe auf dem Bau entschuldigen und für ein paar Tage auf eine Motivationsreise in Rotlicht- und Glücksspielviertel abtauchen kann.
Einmal monatlich finden vom Obertrauerbund vorgegebene Weiterlebensseminare statt, in denen im Stile einer Tupperwarepartie Lifecoaches, sog. alte Freunde, das Befinden ihrer Kummerbund-Mitglieder überprüfen und ihnen neue Methoden der Alltagsflucht und Rollenvergessenheit vorstellen. Die hierarchische Struktur der Kummerbünde hat damit die Aufgabe, die lokale Kummerbewältigung vor Ort zweitinstanziell zu unterstützen.
- Der Weltschmerzverband in London steht den meisten nationalen Kummerbünden vor. Er besteht zu 90 % aus glücklichen Witwern und zu 10 % aus Angestellten, die noch für den Profikiller sparen. Er finanziert sich aus den Geldern stiften gegangener Ehemänner und delegiert an die nationalen Kummerbünde Metaaufgaben, um die Rahmenbedingungen für Männerabende und gefährliche, leichtsinnige Ideen bereitzustellen, die Leid und Kummer für einen Moment vergessen lassen. Dazu gehören u.a. die Unterstützung von Bikergangs für Ruhe und Ordnung auf Vergnügungsmeilen, Investitionen in internationale Bierwerbung und die Förderung von Sportübertragungen im Privatfernsehen.
- Die nationalen Kummerbünde bestehen aus einem Londoner Delinquenten und einem gewählten Assessor und Vorsitzenden. In Deutschland ist es die Obertrauerkammer, bzw. der Obertrauerbund mit dem sog. Kanzler der Herzen. Sie kontrollieren die nationalen Änderungsschneidereien bzw. Hochzeitsmodengeschäfte und substituieren Seideneinkäufe für armbreite Stoffgürtel. Ihre zentrale Aufgabe besteht darin, in enger Zusammenarbeit mit den Standesämtern der Länder, neue Mitglieder zuzuordnen und zu betreuen. Sie weisen Visitationen in Bezirke an, die über längere Zeit ohne unvernünftige Aktionen geblieben sind und versuchen sog. „Zigarettenholer“ davon zu überzeugen, dass es woanders nichts gibt, wofür es sich lohnt, neu anzufangen (schon gar keinen Lucky Strike).
- Die regional departierten alten Freunde oder Kumm-Panen haben mehrere Kummerbünde an sich, die sie nach einem Rotationsprinzip betreuen. Nicht nur deswegen fahren sie große Harleys und tragen Willie-Nelson-Kopftücher, denn die Kumm-Panen reisen auch durch das Land und sind immer nah am Puls der Zeit, was die neuesten halblegalen Ablenkungsmöglichkeiten für frustrierte Pantoffelhelden angeht. Sie laden die Mitglieder eines Kummerbunds oft zu spontanen und ungewissen Kurztrips ein, die Todd Phillips letztlich den Stoff für eine noch schalere Hangover-Fortsetzung liefern werden.
- Auf lokaler Ebener bilden sich schließlich die regulären Kummerbünde aus den Kumm-Pels (eine Metapher aus dem Bergbau, weil Einfahrer immer befürchten müssen, nie wieder das Licht zu sehen). Sie kommunizieren mit dem Kumm-Panen über neue Schicksalsgenossen, nehmen die Initiationsriten vor und kümmern sich um ihren nächsten Bekümmerten. Während der aktiven Kummerzeit und Ehegattenbegleitung verwalten sie Seufzer, geben „Kopf hoch“-Klopfer, erzählen Herrenwitze und machen in Härtefällen auch mal ein Kompliment zu einem zufällig ausgewählten Kleidungsstück, das sie direkt nach dem Sehen wieder vergessen. Jeder von ihnen weiß, wie wichtig die gegenseitige Zuwendung ist, denn die Ehe ist eine der schwersten Zeiten im Leben und da ist man nicht gern allein.
Initiation
Wie der Ehemann Ehemann wird, ist kulturell festgeschrieben und streng rituell geregelt. Dass der Ehemann mit seinem Eintritt in die Liebessklaverei jedoch ein Sammelsurium aus Versatzstücken verschiedener Klassen und Gesellschaftszugehörigkeiten abgibt, erschließt sich aus seinem gestriegelten Äußeren nicht aufs Erste. Der Kummerbund, als eines dieser Versatzstücke, markiert den Eintritt in eine neue, manisch-depressive Phase des Lebens und ist die Krone einer kümmerlichen Initiation auf dem Glückspfad ins Nichts.
Der Ritus zur Aufnahme des jungen Leidensgenossen in die Reihen regional zusammengeschwitzter Männlichkeitsschicksale beginnt am Abend vor der Hochzeit. Alle Kummerbundmitglieder versuchen dem neuen Mitglied mit einer Art potenziertem Vatertag den Eintritt in seinen Leidensweg so angenehm wie möglich zu machen. Mit Hilfe nackter Frauen mit schrecklicher Vergangenheit, selbstbedruckter T-Shirts mit Bauchmuskelfotos, Edelweinkartons aus dem ALDI und viel schlechter Musik sollen dem Mann die Freuden seines Singlesdaseins suggeriert werden, mit denen er vor diesem Abend vermutlich noch nie zu tun hatte. Der ahnungslose Junggeselle gibt sich ganz den mitleidigen Aufbaureden seiner wissenden Kameraden hin und freut sich über ganz und gar nicht scherzhaft gemeinte Aussagen wie: „So, unser junger Freund legt die Zügel an“ oder „Die Ehe ist ein Gefängnis, in dem sich wenigstens die Zelle frei bewegen darf.“ (Elmar Kupke, Würzburger Stadtphilosoph)
Die Botschaft dahinter scheint die Übertragung eines gesellschaftlichen Lebensmodells in das andere und das Ritual einer symbolische Überkompensation des eigenen Daseins zum Abschluss mit liebgewonnen Ritualen zu sein, aus dem das Gute für die Zukunft im Herzen bewahrt werden kann. Ist sie aber nicht. Selbst wenn noch der Kumm-Pan dazustößt und die Kummerbündler auf eine Spontanreise in eine fremde Stadt einlädt, wo sie Zeugen einiger die Menschheit entehrender Schauspiele werden, sollen die schlechte Luft zwielichtiger Busenbars und diverse Betäubungsmittel den neuen Mitleidenden einzig und allein bewusst- und willenlos machen, um ihm am anderen Morgen aus der Pfütze seines eigenen Urins zu heben und ihm den Kummerbund überzustreifen, der eng genug sitzt, dass er Lebenssaft und Samenstränge abschnürt, aber locker genug, um der ahnungslosen Frau beim Hochzeitstanz blutlos in den Armen zu liegen. Das ist das wahre Symbol der Ehe und damit die Frau nichts von dieser Initiation merkt, hat der moderne Kummerbund zwar nach wie vor keine Öffnung, die einen Ausweg aus der Situation versprechen würde, aber wenigstens eine eingebaute Windel bzw. einen kurzen Apfelsack, der bequem unter der Smokingjacke verschwinden kann.
Rituale
Ist das Eingangsritual genommen, hat der Mann den wahren Kummer seines Daseins begriffen und ist offen und dankbar gegenüber seinen Mitleidern, die er bei organisatorischen und seelischen Problemen aufsucht, z.B. um Ratschläge einzuholen,
wie man die horrenden Ausgaben für Dekomaterial in allen vier Jahreszeiten bewältigt, seine Rückzugsräume und Habe durch Einrichtung von Abstellkammern für das Dekomaterial aller vier Jahreszeiten verloren hat und mit der Sexlosigkeit aus dem daraus resultierenden Streit umgeht, wegen dem man nun in der Abstellkammer zwischen dem Dekomaterial für alle vier Jahreszeiten schlafen muss. Einige Männer probieren es anfangs mit Selbsthilfe und versuchen sich vorzustellen, dass es ja auch hungernde Kinder in Indien, Ebolawellen, religiöse Verfolgungen und unmenschliche Drogenkriege auf der Welt gibt, kommen aber zu der Ansicht, dass nichts davon an die Traurigkeit ihrer eigenen Lage heranreicht und suchen professionelle Hilfe bei ihrem Kummerbund.
Ein bis zwei Mitglieder des Bunds sind im Rotationsprinzip für die Betreuung zuständig und nehmen ihren Schicksalsgenossen zu jeder Tag- und Nachtzeit an einem weibgeschützten Ort auf, z.B. der Junggesellenwohnung des kleinen Bruders oder im Hobbykeller des verreisten Schwagers. Dort richten sie bequeme Gesprächsrunden mit Gerstensaft ein und beratschlagen über ihre Probleme. Meistens läuft das so ab, dass der Bekümmerte sein Problem vorträgt und ein zustimmendes Raunen und Nicken, teilweise mit hochgezogenen Augenbrauen und schwerem Ausatmen durch die Runde geht. Danach beginnt plötzlich ein anderer über seine Probleme zu klagen, ohne dass für den ersten eine Lösung gefunden wurde. Sind beide fertig, herrscht allgemeines Schweigen und nach einer kurzen Pause fragt der Gastgeber, ob die anderen sein neues Entertainmentsystem sehen wollen.
Nachdem dann der Rest des Abends mit Gesprächen über technische Details von Fernsehern verbracht wurde, die noch nie einer der Kummerbündler von innen gesehen hat, kommt irgendeinem der Männer in einer Sekunde der Muße sein Eheproblem wieder in den Kopf und er fragt den, der ihm am nächsten sitzt, was nun daraus werden solle. Der antwortet ihm beiläufig abwinkend: „Ach, wird schon werden“. Damit hat der Bekümmerte zwar nicht die Lösung für sein Problem, dafür aber den ganzen Nachmittag mit einem Breitbildfernseher verbracht. An Samstagen können diese Klagen auch eher beiläufig in die Pausen von Sportkommentierungen einfließen, wobei sich die Anwesenden aber schnell darauf einigen, dass der Bekümmerte zwar eine ganz arme Sau, das Spiel aber auch ganz gut sei.
Um Probleme ganz maskulin zu unterdrücken, haben die Kummerbünde eine Reihe interessanter Bewältigungsstrategien für ihre unverarbeitete Alltagsflucht. So stehen z.B. immer wieder kleine Grüppchen von 30-jährigen mit bunten Schirmmützen, rasiertem Haarparnass und ihren VW Golfs an unbelebten Kleinstadtstraßen oder Tankstellen und testen die neuen Bassboxen, die auf Ultraschallfrequenz mit Tönen schwingen, die den gerippten Avicii- und Katy-Perry-Stücken heftige Breakdowns unterschieben und dabei den ein oder anderen Nierenstein zertrümmern können. Jedes dieser dumpfen Beben steht für die innere Erschütterung des Bebenden über seine eigene, bekümmernswerte Unmündigkeit. Natürlich werden mit der Zeit die Probleme immer gravierender, sodass die Verdrängungsstrategien immer absurder werden, die Bierflaschen immer lauter klirren und sich zu Gruppenaktivitäten verzweifelte Heimwerkerei gesellt, bei der am Ende der Wasserhahn tropft, wenn der Mann bei sich zu Hause das Licht einschaltet. Spätestens wenn mit Anfang 40 die ersten Pläne für eine Garagenrockband auftauchen, ist der Weg zur Midlife-Crisis geebnet, die die Kummerbewältigung der sterbenden Restpersönlichkeit in die apathische Akzeptanz des wirklichen Kummerbundes überführt, in dem der ehemals Bekümmerte seine Hoffnungen und Träume in das weiche Grab viriler Freiheit bettet. Dann kann er anfangen, seine Söhne zu erziehen.
Der Liebeskummerbund
Seit einigen Jahren hat sich die Unsitte durchgesetzt, dass junge Männer dem Unmut über ihre körperlichen Evolutionsnachteile freien Lauf lassen und sich parallel zu verheirateten Trauerkämpfen in Grüppchen zusammenfinden, um sich gegenseitig die Gefühle zu gestehen, die sie eigentlich ihrer heimlichen Geliebten erzählen sollten. Zu Recht stigmatisieren Mitglieder der traditionellen Kummerbünde diese mentalen Keuschheitsgürtelträger als unmännlich. Immer wieder finden sich nämlich armselige Trauergestalten auch auf Kummerbundtreffen ein, um sich die für sie ganz unverständlichen Klagen über Eheprobleme anzuhören und dann allen Anwesenden mit tränenverquollenem Gesicht vorzuhalten, wie gut sie es doch haben.
Nicht nur die völlig irrationale Sehnsucht nach einer Frau macht die Bekümmerten wütend auf solche Auftritte, die die Möglichkeiten käuflicher Liebe ja nicht mal mehr in Erwägung ziehen dürfen, sondern die schlechte Laune der Liebeskümmerlichen drückt auch ganz allgemein auf die Stimmung. Die Folge sind depressive und verzweifelte Männer, die ziellos werden und vergessen, wie sie ihr eigenes Unglück erfolgreich annehmen können. Weil sie befürchten, durch eine Scheidung selbst zum asexuellen Antibild eines unglücklichen Ehemanns zu werden finden einige Kummerkompensierer zu unzeitgemäßen Retroversionen, kaufen sich schweineteure Lederjacken und wippen dann am Bierstand eines regionalen Jugendfestivals mit 16-jährigen zu „Killing in the Name of“ beinhart mit dem Kopf um die Wette.
Natürlich ist es auch schwer, eine richtige Antwort zu finden, wenn vierzigjährige Halbglatzenträger, die zweimal in der Woche Trecker bei der Agrargemeinschaft ihres Dorfs fahren, am liebsten Latzhosen tragen und nach ihrer abgebrochenen Berufsausbildung als Aufstocker bei den Eltern wohnen, ihre „guten“ Freunde auf einer Party, zu der sie nicht eingeladen waren, mit lallenden stammelnden Babylauten und einer feuchten Aussprache fragen: „Warum liebt Sie mich nicht? Bin ich nicht liebenswert?“ Es ist ja nicht so, als wäre das selbstverschuldet und natürlich sehen sich manche solchen Fragen so hilflos gegenüber, dass Aggressionen zwischen Kummerbündlern und Liebeskümmerlichen nicht ausbleiben. In der jüngsten Vergangenheit kam es zu regelrechten Ausschreitungen gegen Andersungeliebte, weil viele Ehemänner von ihren frauenlosen Genossen Verstöße gegen die Geschlechtsverkehrsordnung befürchteten, besonders dann, wenn der Kummerbündler und der Liebeskummerbündler zufällig merkten, dass sie über dieselbe Frau klagten.
Die schlimmsten Unruhen dieser Art, die regelrechten Bandenkriegen glichen, ereigneten sich am 14. Februar 2013 in Meppen, wo in der ganzen Stadt die Vorgärten mit Benzinherzen brannten und der Tag für mehrere Stunden von hunderten Liebesbeweisen verdunkelt wurde, obwohl die ineinanderfliegenden Himmelschreiber nur noch sinnentstellende Fragmente wie „Ich liebe ich“ oder „Sandra, …du bist mein … Ingeborg“ hinbekamen.
Einsame Wölfe schrecken solche Entwicklungen immer mehr ab. Sie gehen nach Brandenburg, wo es generell wenig Menschen gibt, protestieren im Stillen gegen die Entartungen des modernen Beziehungswesens und entziehen der Gesellschaft ihr Samenmaterial. Die Folge ist eine ungeheure Freisetzung von Frauen, die im Rennen gegen ihre innere Uhr in die Öffentlichkeit drängen. Schon laufen Models in der TV-Werbung, die dem hartherzigen Einzelgänger erzählen, dass sie jetzt parshipen und letztlich ist das einzige, was diese Frauen blasen doch nur Trübsal. Diverse Liebestrainer buhlen um die Aufmerksamkeit junger Heterosexueller, die sich immer mehr auseinanderleben, wenn nicht zufällig Inka Bause auf einem Strom aus Adjektiven vorbeirudert. Immer mehr Liebeskummer zerstört das empfindliche und doch so grundsolide Gleichgewicht zwischen Mann und Frau und vermutlich wird es fortdauern, bis der Mann erneut zu der Einsicht gelangt: Um eine Frau halten zu können, muss man sich viel versprechen. START_WIDGETddff8b09dd455e49-0END_WIDGET
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