Spiegelwelten:Eröffnungsgala zum Sibirska Cup 2011
Über diesen Zackeleien - wohlwollend: Entscheidungsfindungsprozessen - war allerdings ein nicht unwesentlicher Gesichtspunkt auf der Strecke geblieben. Niemand hatte bis jetzt auch nur einen Gedanken an die Organisation der Gala verschwendet. Dieser beunruhigende Zustand fiel den Verantwortlichen just am Nachmittag des Tages auf, an dem die pompöse Veranstaltung stattfinden sollte. Eine Reihe hektischer Telefonate führte schließlich zu einem für (fast) alle Seiten befriedigenden Ergebnis. Man stellte einhellig fest, dass an Großveranstaltungen wie an einer Eröffnungsgala möglichst viele wichtige Leute teilnehmen müssen, damit sie gut werden. Man stellte weiter fest, dass man auf das Statistenpack weiterer Gäste gut und gerne verzichten könne, solange man einen exquisiten Ort für die Party habe. Daher beschloss man, nur mit den wichtigsten Leuten - Staatschefs betrachten sich selbst immer als solche - an Luxusburgs bester und edelster Adresse im kleinen Kreis zu feiern: in Claude Richemonts Wohnzimmer.
Dieser war bezeichnenderweise bei den entscheidenden Telefonaten nicht dabei.
Angeblich lag's am Akku.
Augustyus I. Vereinigte Moghulate von Ustbekistan Leopold IV. Animalien Vladimir Puschkin Russland Claude Richemont Luxusburg Xaver Süderbit Electronia
Süderbits roboerotischer SektempfangSieben Staatsoberhäupter stehen vor Claude Richemonts Wohnungstür. Solon Winckelzug klingelt Sturm, während Mascarin XIV. hoheitsvoll mit seinem Gehstock gegen die Tür pocht, was deutliche Scharten hinterlässt. Schließlich öffnet Richemont und steht im Trainingsanzug in der Tür. Richemont (entsetzt): Was wollt ihr denn hier? Während die staatstragende Horde in Richemonts ziemlich spießig und wenig kostspielig eingerichtete Bude strömen, entkorkt Süderbit den Sekt und drückt allen ein Gläschen in die Hand respektive die Pfote. Die meisten machen es sich vor Richemonts Uralt-Fernseher bequem. Süderbit: Stößerchen, meine Zuckerpuppen! Das wird sicher ganz toll, ein Herrenabend, nur für die Jungs. Hach, ich bin schon ganz aufgeregt. Wenn ihr lieb "bitte" sagt, zeig ich euch nachher meine Schnittstellen. Augustyus' Vorglühen auf UstbekischAugustyus I.: Ist Sibirska Cuph jetzt ereffneth? Augustyus hat ein altes Grammophon entdeckt, dass zur Wohnungsverschönerung in einer Ecke steht. Die solide Staubschicht verrät, dass es in den letzten einhundert Jahren weder bewegt, benutzt noch geputzt wurde. Richemont: Das ist ein Trichtergrammophon. Ein Erbstück. Sauteuer. In Richemonts lautlosen Schrei hinein ist Augustyus aufgestanden und macht sich an der Antiquität zu schaffen. Zwischendurch nimmt er immer wieder gewaltige Schlucke aus seinem Taschenrutscher. Erstaunlich schnell und geschickt bringt der ustbekische Princeps das Grammophon zum Laufen. Süderbit: Entzückend, lieber Augusyus, einfach entzückend! Noch bevor Richemont aufspringen kann, beginnt Augustyus damit, die Schelllackplatte zu scratchen. Winckelzug wippt leicht mit dem Kopf, die anderen schauen gespannt auf Richemont. Augustyus I.: Ah, wollhen nichth, dass ich das mache, Cherr Richemont, stimmth's. Khann ich auch bleiben lassen. Chätte ich zuhause aber ganzen Abend machen khennen. Aber chier wollen wir sein ghute Gheste. Abhängen mit Richemonts Sammlung von Alf-Keider-BändernMascarin XIV. (hat eine Kiste mit Filmdosen aus einem Regal gezogen): Werter Claude, wir fragen uns gerade, um was es sich hier handelt... Augustyus, der sich als verspäteter Erfinder der DJ-Kultur noch nicht ausreichend gewürdigt sieht, schnappt sich wortlos die Bänder, greift wahllos eines heraus und packt es in das Abspielgerät. Augustyus I.: Ah, warh das jingste Bandh in Kisthe. Khennen nehmen auch ein anderes. Mascarin XIV.: Wir müssen anerkennend sagen, dass das Prinzip der raison d'etat von diesem Keider verstanden wurde. Winckelzugs IdiotenmemoryLeopold IV.: Sagt, Großkanzler, was habt ihr vorbereitet für diesen Abend des würdevollen Feierns? Ohne eine Antwort abzuwarten, deckt Süderbit die erste Karte auf. Sie zeigt ein Bild Lightenings. Die anderen Gäste kommen nun hinzu und verschaffen sich einen Überblick. Mascarin XIV.: Uns will scheinen, als hätte Xaxer gleich die Karte mit dem höchsten Wert gezogen. Mal sehen, ob er auch die zweite findet. Süderbit hat sich währenddessen für eine zweite Karte entschieden. Er hat Glück, auch diese zeigt Lightening. Die Umstehenden klatschen beifällig. Richemont: Bravo, Xaver! Gleich auf Anhieb das erste Idiotenpaar gefunden, ausgezeichnet. Du bist immer noch dran. Los, nächste Karte. Süderbit will zwar kurzzeitig auf das "Du" verweisen, auf das man sich seiner Meinung geeinigt hat, lässt es aber bleiben und zieht stattdessen die nächste Karte. Diese zeigt wiederum Lightening. Irritiert greift er nach der nächsten - wieder Lightening. Auch die anderen schauen jetzt ein wenig irritiert drein, während Süderbit eine Karte nach der anderen aufdeckt, die immer wieder das gleiche Bild Lightenings zeigen. Schließlich sind nur noch zwei Karten übrig. Süderbit (klatscht begeistert in die Hände): Gewonnen, meine Süßen! Leopolds GladiatorenshowLeopold IV.: Freunde, Kampfgefährten, edle Krieger - ... Mit dramatischer Geste zieht Leopold eine kleine und eine größere Schachtel hervor und öffnet sie. Heraus kommen eine Maus und eine Katze. Sie verneigen sich vor dem mehr irritiert als begeistert dreinblickenden Publikum, und beginnen dann mit einer wilden Schlägerei auf Richemonts Teppichboden. Das Publikum starrt gebannt auf die Szene, plötzlich schnellen zwei Arme nach vorne. Einer gehört Solon Winckelzug, der die Katze am Kragen packt, die andere gehört - Xaver Süderbit. Süderbit: Meine Lieben, ich will euch nicht den Abend verderben, aber das finde ich ziemlich abartig. Da sträuben sich mir die Prozessoren. Winckelzug wirft Süderbit einen bösen Blick zu, tut aber wie ihm geheißen. Kaum berühren die Beine der Katze den Boden, rennt diese los und verkriecht sich unter Richemonts Sofa, von wo aus gelegentlich ein verängstigtes 'Miau' zu hören ist. Puschkin: Ah, großer Erfolg für russische Pädagogik. Patient geheilt. Mascarins TischfeuerwerkMascarin XIV.: Na, jetzt steht uns der Sinn nach etwas Heiterem. Beim letzten Wort entzündet der Florentier eine Zündschnur, die eine ganze Batterie von Feuerwerkskörpern in Gang setzt, die Mascarin in neutraler Verpackung auf dem Tisch platziert hat. Leider scheint er seinem Maitre de Plaisir nicht mitgeteilt zu haben, dass die fraglichen Objekte für den Indoorbereich geeignet sein sollten. Der absolute Monarch verschwindet nach wenigen Sekunden hinter einer absoluten Rauchwolke, die auch den Blick auf das Feuerwerk selbst deutlich einschränkt. Ohne auch nur das Geringste vom eigentlichen Vergnügen mitbekommen zu haben, kämpfen sich die Gäste unter gelegentlichem Husten einen Weg durch die Rauchschwaden. Richmonts Couch, Tisch und Teppichboden gleichen einem Schlachtfeld. Richemont bricht ohne jedes weitere Wort zusammen und bleibt bewusstlos am Boden liegen. Ruplack: Hö, geil! Saufgelage mit Ruplack und PuschkinSüderbit: Meine Schnuckelchen, das ist ein wunderbarer Herrenabend, mit allem, was dazu gehört. Wir haben sogar die Bude angezündet (klatscht begeistert in die Hände). Wir brauchen eigentlich nur noch... Am Boden regt sich Claude Richemont, der nach seinem schockbedingtem Ausfall nun wieder zu Bewusstsein gelangt. In der kritischen Übergangsphase hin zur vollen Erkenntnis seiner Lage stellt er sich folgende Fragen: Wo bin ich? Was ist hier passiert? Warum passiert das ausgerechnet mir? Was kann ich unternehmen, um den Zustand zu verbessern? Richemont beweist klarstes Denken, in dem er die Antwort auf alle Fragen in einer erstaunlich prägnanten Antwort zusammenfasst. Richemont: Alkohol!! Jetzt!! Alle Blicke richten sich auf Ruplack, der gerade eine Holzkiste aus dem Flur hereinzerrt. Angesichts der geballten Aufmerksamkeit und einer soeben auf Ex gelehrten Wodkapulle tritt einer seiner kurzen und seltenen Momente geistiger Klarheit ein. Mit den Worten: "Hö, ich hab noch 'n paar Fläschchen von meinem "Guten Selbstdestillierten" dabei, wusste ja nich', ob ich auf'em Heimweg an 'ner Bar vorbeikomme, ne." Ruplack, der in seinem Leben meistens Prügel hat einstecken müssen, sieht sich mit dem völlig unvertrauten Gegenteil konfrontiert: Beifall. Ganz wohl ist ihm bei der Sache nicht, besonders als Süderbit ihm freundschaftlich auf die Schulter schlägt. Zur Krisenbewältigung leert er sofort eine weitere Pulle auf Ex, was die Welt schon viel erträglicher macht. Unerwarteterweise klingt damit die Eröffnungsgala des Sibirska Cup 2011 recht versöhnlich, leicht verschwommen und torkelnd aus - ein Ende, das noch ungetrübter hätte sein können, wenn Xaver Süderbit auf der Suche nach einer Ladebuchse nicht aus Versehen in Richemonts Schlafzimmer gewankt wäre. Noch auf der Straße vor Richemonts Appartment war Süderbits Entsetzensschrei zu hören: "Claude-Schätzchen, in deinem Bett liegt eine Frau!!" Ende |
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