Das vierte 1000-km-Rennen von Spa-Francorchamps, auch Grand Prix de Spa (1000 Kms de Francorchamps), Circuit National de Francorchamps, fand am 11. Mai 1969 auf dem Circuit de Spa-Francorchamps statt und war der sechste Wertungslauf der Sportwagen-Weltmeisterschaft dieses Jahres.

Vor dem Rennen

Im Frühjahr 1969 hatte Jackie Stewart, als Vertreter der Grand Prix Drivers’ Association, die Rennstrecke von Spa-Francorchamps besichtigt und die Funktionäre des veranstaltenden Royal Automobile Club de Belgique erneut auf die Sicherheitsmängel an der Strecke hingewiesen. Die GPDA hatte schon lange die fehlenden Leitplanken an den gefährlichsten Stellen kritisiert und Stewart musste feststellen, dass nicht eine einzige der Anregungen umgesetzt wurde. In einer bis dahin einzigartigen Aktion im Grand-Prix-Sport, erwirkten die Fahrer der GPDA die Absage eines Formel-Grand-Prix. 1969 fand kein Großer Preis von Belgien statt.

Im Unterschied zum Formel-1-Rennen fand das Langstreckenrennen jedoch statt. Das lag zu einem am Umstand, dass das 1000-km-Rennen vom Royal Automobile Club of Spa und nicht vom Royal Automobile Club de Belgique veranstaltet wurde und zum anderen daran, dass die Sportwagenpiloten keine der GPDA ähnliche Vertretung hatten. Einige der Porsche-Werksfahrer sprachen vor dem Rennen von einer Groteske.

Das Rennen

Rico Steinemann meldete für das Porsche-Werksteam vier Porsche 908 in der Langheckversion für Vic Elford/Kurt Ahrens, Rolf Stommelen/Hans Herrmann, Jo Siffert/Brian Redman und Gerhard Mitter/Udo Schütz. Für Siffert und Redman wurde alternativ ein Porsche 917 bereitgestellt, der in Spa sein Renndebüt gab.

Nach dem Debüt beim 6-Stunden-Rennen von Brands Hatch kamen die Mirage M2 von John Wyer in Spa zum zweiten Renneinsatz. Während Jacky Ickx und Jackie Oliver das Fahrgestell aus Brands Hatch fuhren, wurde für David Hobbs und Mike Hailwood ein neues Fahrzeug aufgebaut. Die beiden von einem V12-Motor von BRM angetriebenen Rennwagen hatten ZF-5-Gang-Schnellschaltgetriebe. Der Wagen von Hobbs und Hailwood erhielt eine neu konstruierte Auspuffanlage von Weslake. Nach der Absage bei der Targa Florio war die Scuderia Ferrari zurück in der Weltmeisterschaft. Den einzigen Ferrari 312P steuerten Pedro Rodríguez und David Piper, wobei Piper kurzfristig für den erkrankten Chris Amon einsprang. Ein zweiter 312P wurde für Mario Andretti und Peter Schetty gemeldet, war aber am Rennwochenende nicht einsatzbereit.

Aus Frankreich kamen drei Alpine A220 mit 3-Liter-V8-Motoren von Gordini, die von André de Cortanze, Jean Vinatier, Jean-Claude Andruet, Gijs van Lennep, Jean-Pierre Jabouille und Henri Grandsire gefahren wurden. Die beiden gemeldeten Werks-Matra MS630/650 erschienen nicht zum Training und zum Rennen.

Die drei Trainingseinheiten waren verregnet. Siffert fuhr auf regennasser Straße mit dem 917 eine Zeit von 3:51,900 Minuten, was einem Schnitt von 228,750 km/h entsprach. Siffert erklärte nach der ersten Trainingseinheit, der 917 wäre unabhängig von den Streckenverhältnissen kaum fahrbar. Als schnellster Pilot im Porsche-Fahrerkader durfte Siffert zwischen dem 917 und dem 908 wählen und entschied sich für den 908, den somit auch Redman fuhr. Mit dem 917 sollten daraufhin Mitter und Schütz ins Rennen gehen, deren 908 im Abschlusstraining einen Motorschaden hatte. Auf der immer trockner werdenden Fahrbahn erzielte Paul Hawkins in den letzten Trainingsminuten auf einem Lola T70 Mk.3B GT in 3:42,500 Minuten Trainingsbestzeit. Hawkins im Lola führte auch in der Anfangsphase des Rennens vor Ickx im Mirage. In der dritten Runde ging Siffert im 908 in Führung, knapp gefolgt von Pedro Rodríguez im Ferrari. In der Folge entwickelte sich ein Duell zwischen Siffert und Rodríguez, ähnlich dem beim 1000-km-Rennen von Monza. Aus der Sicht von Rodríguez fiel eine Vorentscheidung beim Überrunden von Karl von Wendt im Porsche 907 2.2. Während Siffert im Porsche auf der Abfahrt zur Eau Rouge an von Wendt vorbeikam, kollidierte Rodríguez vor der Kurve im Ferrari mit dem Porsche 907. Der Porsche von von Wendt krachte mit dem Heck in eine Barriere, wobei beim Wagen kaum ein Schaden entstand. Rodríguez musste zur Wagenkontrolle an die Box und verlor dabei 40 Sekunden. Nach dem Rennen beklagte sich auch Siffert über von Wendt: Ihr steht immer im Weg herum. Ihr müsst mehr in den Rückspiegel sehen. Die Entscheidung über den Gesamtsieg fiel jedoch nicht in den Boxen, sondern auf der Rennbahn. Ferrari-Rennstratege Mike Parkes wusste bereits vor dem Start über das Manko seines Teams Bescheid. David Piper, der Ersatzmann für den an Masern erkrankten Chris Amon, konnte das Tempo der Porsche-Spitzenpiloten und das seines Teamkollegen Rodríguez nicht mitfahren. Parkes ließ daher Rodríguez die laut Reglement erlaubte maximale Fahrzeit – 3 Stunden – im Auto sitzen. Sechs Minuten vor Ablauf dieser Zeit kam Rodríguez zum Fahrerwechsel an die Box. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Rückstand auf den nunmehr im führenden Porsche fahrenden Brian Redman 45 Sekunden. Da der Ferrari-Pilot beim ungeplanten Kontrollstopp 40 Sekunden verloren hatte, büßte er auf der Strecke und bei den notwendigen Tankstopps nur fünf Sekunden auf den führenden Porsche ein. Piper verlor während seines 62 Minuten dauernden Stints bis zu fünf Sekunden pro Runde auf Redman und später auf Jo Siffert. Damit war das Rennen zu Ungunsten von Ferrari entschieden. Im Ziel betrug der Rückstand auf den siegreichen Porsche 3 Minuten und 32 Sekunden.

Nur eine knappe Runde dauerte der Debüteinsatz des Porsche 917, der mit einem überdrehten Motor entlang der Boxengasse ausrollte.

Ergebnisse

Schlussklassement

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Fahrzeug Runden
1 P 3.0 25 Porsche System Engineering Jo Siffert
Brian Redman
Porsche 908 LH 71
2 P 3.0 8 Spa Ferrari SEFAC David Piper
Pedro Rodríguez
Ferrari 312P 71
3 P 3.0 5 Porsche System Engineering Vic Elford
Kurt Ahrens
Porsche 908 LH 70
4 P 3.0 11 Porsche System Engineering Hans Herrmann
Rolf Stommelen
Porsche 908 LH 67
5 S 5.0 32 Ecurie Bonnier Jo Bonnier
Herbert Müller
Lola T70 Mk.3B GT 67
6 P 3.0 16 Racing Team VDS Teddy Pilette
Rob Slotemaker
Alfa Romeo T33/2 2.5 65
7 P 3.0 2 J. W. Automotive David Hobbs
Mike Hailwood
Mirage M2/300 65
8 S 5.0 33 Paul Hawkins Racing Paul Hawkins
David Prophet
Lola T70 Mk.3B GT 64
9 S 5.0 38 Peter Sadler Peter Sadler
Paul Vestey
Ford GT40 64
10 S 5.0 37 IGFA Deutsche Auto Zeitung Helmut Kelleners
Reinhold Joest
Ford GT40 64
11 S 5.0 34 PR For Men Picko Troberg
Björn Rothstein
Lola T70 Mk.3B GT 63
12 S 2.0 39 William Bradley William Bradley
Tony Dean
Porsche 910 61
13 GT 2.0 59 Gérard Larrousse Gérard Larrousse
Rudi Lins
Dieter Spoerry
Porsche 911T 58
14 GT 5.0 58 Scuderia Filipinetti Jacques Rey
Edgar Berney
Ferrari 275 GTB/C 58
15 S 2.0 43 Guy Edwards Guy Edwards
Mike Franey
Chevron B8 58
16 S 2.0 20 Bridges Walker John Bridges
John Lepp
Chevron B8 58
17 P 3.0 5 Societé Automobiles Alpine André de Cortanze
Jean Vinatier
Alpine A220/69 57
18 GT 2.0 55 Jean-Pierre Gaban Jean-Pierre Gaban
Yves Deprez
Porsche 911S 56
19 S 2.0 46 Lord Angus Clydesdale Angus Clydesdale
Terry Hunter
Chevron B8 56
20 S 2.0 41 JCB Excavators Ltd. Peter Brown
Roger Enever
Chevron B8 56
21 P 3.0 4 Societé Automobiles Alpine Jean-Claude Andruet
Gijs van Lennep
Alpine A220/69 54
22 P 2.0 21 Andrew Mylius Andrew Mylius
Alan Harvey
Chevron B8 54
23 GT + 5.0 57 Chris Tuerlinx Chris Tuerlinx
Etienne Stalpaert
Chevrolet Corvette 53
24 P 2.0 22 Richard Dawkins Richard Dawkins
Rod Eade
MGB 51
25 GT 2.0 56 Hans-Dieter Blatzheim Hans-Dieter Blatzheim
Werner Zanders
Porsche 911T 41
Ausgefallen
26 P 3.0 12 German BG Racing Team Karl von Wendt
Willi Kauhsen
Porsche 907 2.2 7
27 S 5.0 30 Porsche System Engineering Gerhard Mitter
Udo Schütz
Porsche 917 1
28 P 3.0 1 J. W. Automotive Jacky Ickx
Jackie Oliver
Mirage M2/300
29 P 3.0 3 Societé Automobiles Alpine Jean-Pierre Jabouille
Henri Grandsire
Alpine A220/68
30 P 3.0 14 German BG Racing Team Hans-Dieter Dechent
Gerhard Koch
Porsche 907 2.2
31 S 2.0 44 Worcestershire Racing Association John Burton
Paul Ridgway
Chevron B8
Nicht gestartet
32 P 3.0 17 Racing Team VDS Gustave Gosselin
Claude Bourgoignie
Alfa Romeo T33/2 2.5 1
33 P 3.0 18 Tony Beeson Tony Beeson
Peter Smith
Chevron B8 2
34 P 3.0 24T Porsche System Engineering Gerhard Mitter
Udo Schütz
Porsche 908 LH 3
35 S 5.0 31 Porsche System Engineering Jo Siffert
Brian Redman
Porsche 917 4
36 S 2.0 40 Racing Team VDS Jean-Marie Jacquemin
Camille Demoulin
Yves Deprez
Jean-Pierre Cornet
Alfa Romeo Giulia TZ 5
37 S 2.0 45 Peter Taggart Peter Taggart
Tony Goodwin
Chevron B8 6
38 S 2.0 48 Ecurie Francorchamps Hughes de Fierlant
Léon Dernier
Ferrari Dino 206S 7
39 P 3.0 24 Porsche System Engineering Gerhard Mitter
Udo Schütz
Porsche 908 LH 8

1 Kolbenschaden im Training 2 Motorschaden im Training 3 Ersatzwagen 4 Ersatzwagen 5 Unfall im Training 6 nicht gestartet 7 Unfall im Training 8 Motorschaden im Training

Nur in der Meldeliste

Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Chassis
40 P 3.0 6 Matra Jean Guichet Matra MS630/650
41 P 3.0 7 Matra Johnny Servoz-Gavin
Jean-Pierre Beltoise
Matra MS630/650
42 P 3.0 9 Spa Ferrari SEFAC Mario Andretti
Peter Schetty
Ferrari 312P
43 P 2.0 15 Alfa Romeo Benelux Enrico Pinto
Camille Demoulin
Alfa Romeo T33/2
44 P 2.0 19 Willie Green Willie Green
Jonathan Williams
Chevron B5
45 P 2.0 23 Unipower Andrew Hedges
Piers Forester
Unipower GT
46 S 5.0 35 Tech-Speed Racing Chris Craft
Alan Rollinson
Lola T70 Mk.3 GT
47 S 5.0 36 Ford France Michel Martin
Hervé Bayard
Ford GT40
48 S 2.0 42 John Hine
Mike Crabtree
Lotus 47

Klassensieger

Klasse Fahrer Fahrer Fahrer Fahrzeug Platzierung im Gesamtklassement
P 3.0 Jo Siffert Brian Redman Porsche 908 LH Gesamtsieg
P 2.0 John Bridges John Lepp Chevron B8 Rang 16
S 5.0 Jo Bonnier Herbert Müller Lola T70 Mk.3B GT Rang 5
S 2.0 William Bradley Tony Dean Porsche 910 Rang 12
GT + 5.0 Chris Tuerlinckx Etienne Stalpaert Chevrolet Corvette Rang 23
GT 5.0 Jacques Rey Edgar Berney Ferrari 275 GTB/C Rang 14
GT 2.0 Gérard Larrousse Rudi Lins Dieter Spoerry Porsche 911T Rang 13

Renndaten

  • Gemeldet: 48
  • Gestartet: 31
  • Gewertet: 25
  • Rennklassen: 7
  • Zuschauer: unbekannt
  • Wetter am Renntag: warm und trocken
  • Streckenlänge: 14,100 km
  • Fahrzeit des Siegerteams: 4:24:19,600 Stunden
  • Gesamtrunden des Siegerteams: 71
  • Gesamtdistanz des Siegerteams: 1001,100 km
  • Siegerschnitt: 227,242 km/h
  • Pole-Position: Paul Hawkins – Lola T70 Mk.3B GT (#33) – 3:42,500
  • Schnellste Rennrunde: Brian Redman – Porsche 908 LH (#25) – 3:37,100 = 233,809 km/h
  • Rennserie: 6. Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1969

Literatur

  • Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.

Einzelnachweise

  1. Helmut Zwickl: Weltmeister durch technisches k.o. – Eine Rennsaison mit Porsche. Motorbuch Verlag Stuttgart 1969, S. 117.
  2. Helmut Zwickl: Weltmeister durch technisches k.o. – Eine Rennsaison mit Porsche. Motorbuch Verlag Stuttgart 1969, S. 121.
Vorgängerrennen
Targa Florio 1969
Sportwagen-Weltmeisterschaft Nachfolgerennen
1000-km-Rennen auf dem Nürburgring 1969
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