Herbert Müller (* 11. Mai 1940 in Menziken, Schweiz; † 24. Mai 1981 auf dem Nürburgring) war ein Schweizer Auto- und Motorradrennfahrer. Sein allseits bekannter Spitzname war „Stumpen-Herbie“, den man ihm wegen seines häufigen Zigarren-Konsums verpasst hat.

Leben und Sportkarriere

Herbert Müller war das älteste von drei Kindern der Eheleute Arthur und Gertrud Müller in Menziken im Aargau. Nach dem Besuch der Schulen in seinem Heimatort und in Reinach AG sowie einem einjährigen Sprachaufenthalt in Montreux machte er eine Lehre zum Galvaniseur im elterlichen Metallveredelungsbetrieb in Reinach. Nach Ableistung des Militärdienstes im Jahr 1960 heiratete er; 1961 wurde der Sohn geboren. 1960 fuhr er in Ollon-Villars mit Unterstützung des Vaters sein erstes Rennen in der Formel 3 und belegte Rang 4. Der Wagen war ein Cooper-Norton. Erste Rennerfahrungen hatte er auf dem Motorrad gemacht. In der Formel 1 startete er 1963 bei dem nicht zur Weltmeisterschaft zählenden Großen Preis von Pau, konzentrierte sich danach jedoch auf Sportwagen.

Als der Vater 1964 starb, übernahm Herbert Müller den Betrieb, den er zum Autohandel ausbaute. Zunächst betrieb er eine Verkaufsstelle für AC Cobra, Ferrari und Lamborghini, bevor er 1970 eine BMW-Vertretung und 1976 die Vertretung von VW übernahm. 1968 hatte er die Betriebsstätte neu gebaut und um das Autohaus erweitert.

Nach der Übernahme des Betriebs nannte sich Müller als Rennfahrer „professioneller Amateur“, der sich sowohl um das Geschäft und seine Familie wie auch um die Sportkarriere kümmerte. Werksverträge mit Ferrari und Porsche schlug er aus und fuhr weiter für die Schweizer Scuderia Filipinetti, von der er sich jedoch 1970 trennte. Anschließend gründete er ein eigenes Team. Außerdem fuhr er für andere Privatteams und vereinzelt für Porsche.

Der erste Platz bei der Targa Florio im Jahr 1966 mit Willy Mairesse auf einem Porsche 906 der Scuderia Filipinetti war sein erster großer Sieg. Er wiederholte ihn 1973 mit Gijs van Lennep auf einem Porsche 911 Carrera RSR. Es folgten viele weitere Siege bei wichtigen Rennen, Müller wurde Meister der Interserie 1974 auf Porsche 917/30, 1975 auf Porsche 917/30 und Porsche 908/3 Turbo sowie 1976 auf Sauber C5-BMW. Ab 1977 fuhr Herbert Müller nur noch vereinzelt Rennen in verschiedenen Sport- und GT-Wagen, hauptsächlich bei Langstreckenrennen.

Auch bei Bergrennen war Müller erfolgreich. So konnte er in den Jahren 1963 und 1965 die Europa-Bergmeisterschaft für GT-Fahrzeuge gewinnen.

Müller leistete während seiner Rennkarriere oft Bemerkenswertes; so zum Beispiel bei der Targa Florio 1967, als er auf einem Ferrari 412P mit 37:09:000 Minuten bzw. 116,285 km/h die schnellste Rennrunde fuhr. Auch durch seine Aufholjagd bei der Targa Florio 1969, in der er mit dem schweren und vollgetankten Lola T 70 in seiner ersten Runde 65 Konkurrenten überholte und nahezu genauso schnelle Zeiten fuhr wie der in Führung liegende Porsche 908/2 von Gerhard Mitter/Udo Schütz, wurde er zum Publikumsliebling.

Beim Start zum Interserie-Rennen auf dem Nürburgring 1972 verunglückte Müller schwer und zog sich Verbrennungen an Händen, Füßen und im Gesicht zu. Der Wagen eines Konkurrenten stellte sich quer, rammte Müllers Ferrari, der sich dadurch überschlug, auf die Leitplanke flog und Feuer fing. Nach etwa 15 Sekunden konnte er sich aus dem Wagen befreien und brennend weglaufen; Feuerwehrleute erstickten die Flammen.

Am 24. Mai 1981 kam Müller beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring ums Leben. Im Streckenabschnitt Kesselchen (zwischen Kilometer 11 und 12) prallte sein Porsche 908/3 auf den neben der Piste abgestellten, noch fast vollgetankten Porsche 935 von Bobby Rahal. Beide Wagen gingen in Flammen auf und Müller verbrannte in seinem Fahrzeug. Es wird angenommen, dass er sich bei dem Aufprall bereits schwer verletzte, da er offenbar nicht versuchte, sich selbst aus dem Fahrzeug zu befreien. Auch Ärzte bestätigten später die Vermutung, der Todeszeitpunkt sei während des Aufpralls gewesen. Vor dem Rennstart soll Müller geäußert haben, mit diesem Rennen seine Karriere beenden zu wollen.

Erfolge (Auswahl)

Statistik

Le-Mans-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1964 Scuderia Filipinetti Porsche 904/4 GTS Jean Sage Rang 11
1965 Scuderia Filipinetti Ford GT40 Ronnie Bucknam Ausfall überhitzter Zylinder
1966 Scuderia Filipinetti Ferrari 365P2 Willy Mairesse Ausfall Getriebeschaden
1967 Scuderia Filipinetti Ferrari 412P Jean Guichet Ausfall Kolbenschaden
1968 Scuderia Filipinetti Ferrari 250LM Jonathan Williams Ausfall Radlagerschaden
1969 Equipe Matra Elf Matra MS630/650 Johnny Servoz-Gavin Ausfall Elektrik
1970 Scuderia Filipinetti Ferrari 512S Mike Parkes Ausfall Unfall
1971 John Wyer Automotive Porsche 917 Richard Attwood Rang 2
1972 Escuderia Monntjuich De Tomaso Pantera Cox Kocher Ausfall Zylinder überhitzt
1973 Martini Racing Team Porsche 911 Carrera RSR Gijs van Lennep Rang 4
1974 Martini Racing Team Porsche 911 Carrera RSR Gijs van Lennep Rang 2
1978 Haberthur Meccarillos Racing Porsche 935/76 Claude Haldi Nick McGranger Ausfall Getriebeschaden
1979 Lubrifilm Racing Team Porsche 934 Angelo Pallavicini Marco Vanoli Rang 4 und Klassensieg

Sebring-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1967 Scuderia Filipinetti Ferrari Dino 206S Günter Klass Ausfall Aufhängung

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft

Saison Team Rennwagen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
1962 Heini Walter Porsche 718  DAY  SEB  SEB  MAI  TAR  BER  NÜR  LEM  TAV  CCA  RTT  NÜR  BRI  BRI  PAR
DNF
1963 Scuderia Filipinetti
Abarth
Ferrari 250 GTO
Porsche 356
Chevrolet Impala
 DAY  SEB  SEB  TAR  SPA  MAI  NÜR  CON  ROS  LEM  MON  WIS  TAV  FRE  CCE  RTT  OVI  NÜR  MON  MON  TDF  BRI
DNF 5 4 6 DNF
1964 Scuderia Filipinetti Porsche 904  DAY  SEB  TAR  MON  SPA  CON  NÜR  ROS  LEM  REI  FRE  CCE  RTT  SIM  NÜR  MON  TDF  BRI  BRI  PAR
DNF 14 6 2 11 12 3 2 DNF
1965 Scuderia Filipinetti
Porsche
Ferrari 365P2
Ferrari 250LM
Porsche 904
Ford GT40
 DAY  SEB  BOL  MON  MON  RTT  TAR  SPA  NÜR  MUG  ROS  LEM  REI  BOZ  FRE  CCE  OVI  NÜR  BRI  BRI
DNF 22 2 DNF DNF 8
1966 Scuderia Filipinetti
Abarth
Ford GT40
Porsche 906
Ferrari 250LM
Ferrari 365P2
Abarth 1000SP
 DAY  SEB  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  MUG  CCE  HOK  SIM  NÜR  ZEL
3 1 DNF 9 DNF 3
1967 Scuderia Filipinetti Ferrari Dino 206S
Ferrari 412P
 DAY  SEB  MON  SPA  TAR  NÜR  LEM  HOK  MUG  BRH  CCE  ZEL  OVI  NÜR
DNF 4 DNF DNF DNF 5
1968 Scuderia Filipinetti Ferrari 250LM  DAY  SEB  BRH  MON  TAR  NÜR  SPA  WAT  ZEL  LEM
DNF
1969 Scuderia Filipinetti
Ecurie Bonnier
Matra
Lola T70
Matra MS630
 DAY  SEB  BRH  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  WAT  ZEL
20 DNF DNF 5 DNF DNF DNF 2
1970 Scuderia Filipinetti Ferrari 512S  DAY  SEB  BRH  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  WAT  ZEL
13 8 6 4 DNF
1971 Herbert Müller Racing
J. W. Automotive
Ferrari 512M
Porsche 908
Porsche 917
 BUA  DAY  SEB  BRH  MON  SPA  TAR  NÜR  LEM  ZEL  WAT
4 6 15 DNF DNF 2 DNF DNF
1972 Herbert Müller
Escuderia Monntjuich
De Tomaso Pantera  BUA  DAY  SEB  BRH  MON  SPA  TAR  NÜR  LEM  ZEL  WAT
DNF DNF DNF
1973 Porsche Porsche Carrera RSR  DAY  VAL  DIJ  MON  SPA  TAR  NÜR  LEM  ZEL  WAT
8 9 DNF 5 1 5 4 8
1974 Porsche
Joest Racing
Porsche Carrera RSR
Porsche 908
 MON  SPA  NÜR  IMO  LEM  ZEL  WAT  LEC  BRH  KYA
5 3 6 DNF 2 6 2 7 5 DNF
1975 Dannesberger Porsche 908  DAY  MUG  DIJ  MON  SPA  PER  NÜR  ZEL  WAT
3 9 DNF DNF 7 3 9
1976 Sauber
Tebernum Racing
Rister S.A.
Dorset Racing
Sauber C5
Porsche 934
Lola T294
 MUG  VAL  NÜR  MON  SIL  IMO  NÜR  ZEL  PER  WAT  MOS  DIJ  DIJ  SAL
DNF DNF DNF DNF 5 8
1977 Formel Rennsport
Herbert Müller
Chevron B21/23
March 75S
 DAY  MUG  DIJ  MON  SIL  NÜR  VAL  PER  WAT  EST  LEC  MOS  IMO  SAL  BRH  HOK  VAL
7 5
1978 Meccarillos Racing Porsche 935  DAY  SEB  MUG  TAL  DIJ  SIL  NÜR  LEM  MIS  DAY  WAT  VAL  ROD
4 DNF DNF 36 DNF
1979 Jan Lundgardh
Lubrifilm Racing
Porsche 935
Porsche 934
 DAY  SEB  MUG  TAL  DIJ  RIV  SIL  NÜR  LEM  PER  DAY  WAT  SPA  BRH  ROA  VAL  ELS
DNF 4
1980 Lubrifilm Racing
Siegfried Brunn
Porsche 934
Porsche 908
 DAY  BRH  SEB  MUG  MON  RIV  SIL  NÜR  LEM  DAY  WAT  SPA  MOS  ROA  VAL  DIJ
8 13 12
1981 Siegfried Brunn Porsche 908  DAY  SEB  MUG  MON  RIV  SIL  NÜR  LEM  PER  DAY  WAT  SPA  MOS  ROA  BRH
DNF

Literatur

  • Ernst Graf: Herbert Müller. In: Christophorus. Zeitschrift für die Freunde des Hauses Porsche, Jg. 15 (1966), Nr. 78, S. 36f.
Commons: Herbert Müller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Lebenslauf Herbert Müller. Abgerufen am 22. September 2019.
  2. 1 2 3 Michael Behrndt, Jörg-Thomas Födisch: Rennfahrertod. Heel Verlag, Königswinter 2012, ISBN 978-3-86852-494-9.
  3. Motorsport-Info: 1000km-Rennen Nürburgring 1981
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