Kotzgrenze
Die Kotzgrenze ist ein Begriff, der in vielen unterschiedlichen Lebensbereichen anzutreffen ist. So vielfältig die Gründe für das Erbrechen sein können, so weit verbreitet ist die Grenze zwischen drinbehalten und rauslassen. Auch im übertragenen Sinne wird das Wort benutzt und dient zur Beschreibung von Schwellwertüberschreitungen. Diese Grenze ist allerdings nicht als starrer Begriff zu deuten. So kann man zum Beispiel heute problemlos ins Klo greifen, um nach seinem Handy zwischen den anderen Sachen dort zu fischen, aber Tags darauf schon beim Erahnen einer Fernsehsendung mit Dieter Bohlen einen Mega-Kotzreiz bekommen. Die Kotzgrenze ist also fliessend.
Kotzgrenzen soweit das Zäpfchen reicht
Nachfolgend sollen einige Beispiele aus unterschiedlichen Bereichen die vielfältige Nutzung des Begriffs aufzeigen und bei seiner Erklärung helfen.
In der Berufswelt
Für viele Berufsgruppen bringt der Arbeitsalltag ein hohes Ekelpotential mit sich. Die Pflege alter Menschen erfordert beispielsweise ein hohes Maß an Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Körperausscheidungen. Wer sich nicht schnell daran gewöhnt, im soeben betretenen Zimmer ein Öpchen vorzufinden, das die Nacht damit verbracht hat, seine Exkremente großflächig im und ums Bett herum zu verteilen, der wird sein Frühstück sicher öfter sehen als geplant. Doch nicht nur Altenpfleger sondern auch Metzger aber vor allem Ärzte müssen durch Training und ein hohes Maß an emotionaler Abstumpfung ihre Kotzgrenze künstlich erhöhen, um ihre Tätigkeit überhaupt auszuführen zu können. Wie sonst sollte es einem Menschen möglich sein, an anderen Körpern herumzuschnippeln?!
Auf'm Bau (Synonym)
Die Kotzgrenze hat im Baugewerbe und in der gesamten Arbeitswelt nicht viel mit dem Speien oder Spucken gemein sondern ist mehr im übertragenen Sinne zu verstehen. Sie bezeichnet das Ende der Toleranzskala, markiert den Übergang zwischen einer gerade noch hinnehmbaren Abweichung vom Ideal und einer eher unzulässigen Über- bzw. Unterschreitung der Sollwerttoleranzen. Manchmal weichen die Maße nur durch ein Mückenfötzchen vom maximal vertretbaren Wert ab. Dann greift meist der Grundsatz: "So genau scheißt kein Hund!" Sollte man allerdings noch Einfluss auf die Maßigkeit und Schiss vor einem Anschiss haben, kann man noch bis aufs F****nhaar genau justieren. Leute, die sich weniger pissig haben vertreten die Kleinstdifferenzen vor dem Chef oder Auftraggeber mit breiter Brust und gut geschauspielertem ernsten Gesichtsausdruck bzw. wenden beim Messvorgang gewisse Tricks an (auch als Bescheißen bekannt), die die Einhaltung der Toleranzen suggerieren. Dazu gehören das Biegen des Zollstocks, der Fingernagel unter der Wasserwaage oder auch (deren Kenntnis vorausgesetzt) das Ansagen der gewünschten Maße trotz abweichendem Messergebnis. Letzteres eignet sich besonders für schlecht zugängliche Orte. Die Kontrolleure sind meist eh zu faul, dort selber nachzumessen.
Im Sport
Wenn nichts mehr geht, geht immer noch ein Bisschen mehr. Das weiß jeder Trainer und auch die meisten Leistungssportler. Gerade im Langstreckensport, wie dem Marathonlauf ist die Kotzgrenze ein großes Thema. Erst muss der Schweinehund überwunden werden und dann die Schmerzgrenze, wobei es ratsam ist, noch vor Erreichen der Kotzgrenze einen halben Gang herunterzuschalten. Sonst spielen sich an der Ziellinie die bei den Medien so beliebten dramatischen Szenen ab, bei denen sich dann manche Zuschauer wünschen, doch nicht so nah dran gewesen zu sein oder wenigstens trotz des schönen Wetters den Regenschirm mitgenommen zu haben. Wenn dann noch das Fernsehen die spritzigen Lifebilder von der Gatorade-Bananenbrei-Dusche in den Abendnachrichten bringt, kann sich der Sportbegeisterte später von seinen netten Kollegen so lustige wie originelle Sprüche anhören, wie: "Was gehste denn auch zum Marathon, wenn dich die Läufer so ankotzen?!"
Beim Trinken
Das Trinken - in exzessiver Form auch "Saufen" genannt - birgt ebenfalls vielfältige Risiken, die Kotzgrenze zu überschreiten. Unterhopfung gehört eher nicht dazu. Die große Kunst beim Alkoholgenuss besteht für die meisten Menschen darin, sich langsam an die Kotzgrenze heranzutrinken um sich dann an ihr entlangzuhangeln, ohne sie wirklich zu überschreiten. Leider gelingt das eher selten. Wenn es hier heißt: für die meisten, dann müssen auch die anderen Erwähnung finden: Briten und solche mit englischen Genen. Hier ist das Kotzen nur ein Mittel zum Zweck, die Kotzgrenze nur ein Zwischenstop auf dem langen Schlängelkurs eines ausgewogenen Pubabends und durchaus geeignet, um wieder Platz zu schaffen, den Kopf frei zu bekommen, sich zu öffnen, altes über Bord zu werfen und offen zu sein für Neues. ...Bier. Ausschlaggebend für Erfolg oder Niederlage in diesem Kampf ist das komplizierte Zusammenspiel zwischen der bewußtseinsverändernden Eigenschaft der alkoholischen Getränke (und gegebenenfalls auch weiterer gleichzeitig eingenommener Substanzen), der zugeführten Menge an flüssiger wie auch fester Nahrung sowie auch die Art der Getränke, deren Vielfalt ja bekanntlich recht unübersichtlich ist und mit zunehmender Uhrzeit immer mehr wächst. Darum bevorzugen die Engländer ja auch die 12-Stunden-Anzeige in Verbindung mit den Kneipenschließzeiten. Dadurch können sie beim Saufen richtig Gas geben, haben um 0:00 Uhr zum Ausschankschluss wieder den vollen Durchblick und gehen nach hause. Es wirken jedoch noch andere Faktoren. Ein Sitzplatz neben der Toilette, wo man den ganzen Abend in einem Nebel von mehr oder weniger fein zerstäubten Körperflüssigkeiten verbringt, der von dem beißenden Geruch einiger hundert Kilo Klosteine abgerundet wird, hat zwar einerseits den Nachteil, die Kotzgrenze auf der Ypsilonlinie der Zeitachse ein ganzes Stück nach vorne zu schieben, aber man wird dafür immerhin mit dem kurzen Weg zum Klo belohnt, was einem schon mal das Saalverbot ersparen kann, weil man eben nicht mitten in die Kneipe geulft oder uriniert hat.
Beim Essen
Dass der Auswurf angedauten Nahrungsbreis etwas mit der Ernährung zu tun haben muss, liegt ja auf der Hand und das nicht nur, weil die Finger offenbar doch einige Brocken an ihrem fröhlichen Weiterflug hindern konnten. Schließlich ist ja Erbrechen nur das nach außen gerichtete Pendant zum Schlucken, gewissermaßen "Essen rückwärts". Doch wie kommt es zu dieser krampfartigen Rückwärtsperestaltik? Das liegt in den meisten Fällen an der mangelnden Maßhaltigkeit. So ist es zwar nicht vollkommen falsch, wenn Ernährungsexperten ständig erzählen, dass es gesünder ist, mehr Obst zu essen, aber auch hier gibt es Grenzen. Eine Bananendiät kann einem auch bei einem Kilo Bananen am Tag schon zum Hals heraushängen. Sollte man dann noch immer Hunger haben, und der Körper fühlt sich ob der mangelnden Abwechslung vollends verarscht, dann kann durchaus eine der nächsten gelben Krummobstfrüchte die letzte und damit die erste sein, die das Tageslicht und kurz darauf ihre ganze vermanschte Verwandschaft wiedersieht. Obacht ist auch bei der Völlerei angebracht. Wer hier untrainiert an die Sache herangeht, dem drohen herbe Rückschläge. Das Reinigungsaufkommen ist gerade in dieser Disziplin immens.
Beim nichts Essen
Bei dem Versuch durch Essensverweigerung das eigene Körpergewicht nach unten zu beeinflussen, hat sich die gezielte Herbeiführung des Erbrechens als sehr wirksam erwiesen. Selbstredend muss an dieser Stelle nicht erwähnt werden, dass mit dieser Praktik auch lebensbedrohliche pschüh geistige und fühschi körperliche Schäden einher gehen. Der Brechreiz wird durch Berühren des Zäpfchens im Hals mit dem Finger ausgelöst. Die Kotzgrenze liegt also hier auf dem Weg, den der Finger im Hals zurücklegt. Sobald er sie überschritten hat, was durch ein Glucksen angekündigt und von einem Würgereiz begleitet wird sollte er wieder herausgezogen werden um dem hochgewürgten Schwall aus Mageninhalt den Weg frei zu machen. Zeit und Geld könnte man sich natürlich sparen, wenn man einfach nichts mehr isst. Aber das sei hier nur am Rande erwähnt. Falls die Technik mit dem Finger im Hals mal nicht funktionieren sollte, kann man diesen vorher an der anderen Seite aromatisieren. Das sollte helfen.
Bei der Partnersuche
Wer kennt das nicht? Die Eroberung von letzter Nacht, das anmutigste Wesen des Universums, liegt am Morgen neben einem im Bett. Doch die rosarote Brille, die einem durch ätherische Tinkturen, automatische Emotionsübertragung in der Gesellschaft und die durch Musiktherapie ausgelöste Euphorie im Laufe des Abends gewachsen war, ist plötzlich verschwunden. Nun sieht man schockierend klar vor sich, dass es sich um eine geheimdienstliche Personenvertauschung, eine Verschwörung, ein Attentat handeln muss. Eine monströse, unförmige, übelriechende und in allen relevanten Punkten abstoßende Person hat sich offenbar in böser Absicht in die privatesten der Gemächer geschlichen und sorgt allein mit ihrem Anblick dafür, dass die Organe sich vor Ekel und Scham winden und in Richtung Hals drängen. Das ist sie, die Kotzgrenze; überschritten noch vor dem Aufstehen. Und es gibt keine Chance zu entkommen.
Ein regelrechtes Tabu wurde durch das Privatfernsehen gebrochen als man anfing, die alltäglichen Schwierigkeiten unansehnlicher und geistig minderbemittelter Mitmenschen in der Öffentlichkeit breitzutreten und deren Partnersuche drehbuchartig aufzupeppen und kameratechnisch zu begleiten. Auch hier kommt der Zuschauer der Kotzgrenze regelmäßig gefährlich nahe. Man wundert sich nur, welch hartgesottene Kandidaten sich doch immer wieder finden lassen, die sich in ihrer hoffnungslosen Not offensichtlich vor gar nichts mehr ekeln und ihre Kotzgrenze zugunsten ihres Kopulationszwanges auf ein Maximum heraufschrauben können.
In Kunst und Kultur
Auch in den eigentlich schöngeistigen Bereichen der Gesellschaft existieren Grenzen des guten Geschmacks, die regelmäßig überschritten werden. Eigentlich treten die meisten Künstler ja auf, um das Publikum angenehm zu unterhalten. Werden allerdings alle Toleranznerven überstrapaziert, ist auch hier die Kotzgrenze bald erreicht. Sei es der mundharmonikaquälende Hartz4-Invalide Michael Hirte oder das alternde Müllschluckerheimkind Steve Starr. Es hebt einem einfach die Rote Grütze aus dem Kindergarten wieder hoch, wenn man sich diese TV-Verbrechen länger als 10 Minuten antut. Auch im Gesangsbereich (wenn man es überhaupt so nennen darf) tummeln sich diverse Brechmittel, deren Einfluss auf die Gefühle des Zuschauers völlig verkannt werden. Hier eine Liste anzufertigen würde den Rahmen sprengen, und Küblböck als alleinig schlechtes Beispiel zu nennen wäre sicher unfair. Und wenn man dann denkt, mit DSDS haben die TV-Nervensägen auf diesem Gebiet die Fahnenstange erreicht, dann schicken sie auch noch die Kleinsten auf die Bühne. Zwar gab es sowas schon mal mit der nervigen holländischen Kindergartentante Marijke Amado, aber jetzt singen die Drecksbälger in echt.
Was soll man denn noch alles ertragen?
Fazit
So ist die Menschheit allerorten von Kotzgrenzen umgeben, die sie in einem Korsett von anerzogenem Ekel und Abscheu gefangenhält. Aus dieser Erkenntnis kann man jetzt folgern, was man will.
Aber eines ist sicher: manchmal ist es gar nicht so schlecht, von Grenzen umgeben zu sein. Schließlich beschützen sie auch.
Siehe nicht
- Fernsehen an der Kotzgrenze - Sachbuch über die Geschichte der Schlagershitparade.
- Mythos Kotzgrenze - Wissensdoku mit Ranga Yogeshwar über Ärtzte im Praktikum und die deutsche Altenpflege
- Die Kotzgrenze im 3. Reich - Doku von Guido Knopp über die psychischen Traumata von KZ-Aufsehern
- Hinter der Kotzgrenze geht's weiter - Erfahrungsbericht von Joey Kelly (über seine Kindheit)