Eine Plattform bezeichnet bei Automobilen eine technische Basis, auf der äußerlich verschiedene Modelle aufbauen. Dazu gehören Blechteile der Karosserie wie Bodenplatte, innere Teile der Radkästen, Spritzwand, vordere Längsträger, aber auch die Elektronikarchitektur und andere nicht direkt sichtbare Baugruppen wie Teile des Fahrwerks, Tank, Auspuffanlage und Heizung. Der Aufbau der Karosserie – also Frontmaske, Kotflügel, Seitenteile und Heck – ist modellspezifisch. Auf der Plattform können technische Komponenten wie Motor oder Getriebe aus einem Baukastensystem montiert werden, so dass einzelne technische Entwicklungen in mehreren Modellen verwendet werden können. Dadurch werden die Entwicklungskosten pro Modell gesenkt. Nicht selten liegt die Fertigungstiefe von Automobilplattformen bei über 40 Prozent.

Entwicklung

Vor dem Zweiten Weltkrieg, als Karosserien nicht selbsttragend waren, sondern auf einem Fahrgestellrahmen (Chassis) ruhten, war die Plattform als technische Basis unabhängig. Besonders in der Oberklasse waren individuell gefertigte Karosserien kleiner Hersteller üblich.

Unterscheiden sich Fahrzeuge nur in Ausstattung und kleinen Gestaltungsmerkmalen wie dem Kühlergrill, dann sind sie baugleich. Stammen sie vom gleichen Hersteller, spricht man von Badge-Engineering, wie etwa beim BMC ADO 15, der als Austin Seven und Morris Mini-Minor auf den Markt kam. Auch in Lizenz gefertigte Fahrzeuge sind baugleich, wie etwa der Renault 12 und der Dacia 1300. Zeitlich versetzt wurde der Opel Kadett E nach Auslaufen der Produktion bei Opel als Daewoo Nexia weitergebaut, alte Fiat-Modelle wurden in Indien, Polen, der Sowjetunion und Russland noch lange weiterproduziert.

Damit verbunden ist eine stückkostengünstige Fertigung der Einzelteile in größeren Serien. Ferner werden Entwicklungskosten eingespart. Nachteil ist ein Stillstand fast aller Bänder des jeweiligen Plattformmodells, wenn wegen Fertigungsproblemen, Streiks etc. eine Komponente ausbleibt. Baugleiche Fahrzeuge müssen nur einmal entwickelt werden, nur wegen des Austauschs des Markenlogos sind keine zusätzlichen Crashtests notwendig.

Auch muss die technische Zuständigkeit bei der Konstruktion und Auslegung vollständig geklärt sein. Wird zum Beispiel ein Blechteil ohne Absprache mit der technischen Entwicklung der anderen Konzernmarke geändert, so kann das negative Auswirkungen auf die planmäßige Fertigung eines Automobils haben.

Unterschiedliche Heckformen wie Schrägheck, Stufenheck oder Kombi lassen sich auf gleicher Plattform billiger herstellen, auch wenn sich Länge und Radstand unterscheiden. Hier ist meist auch die Karosserie bis zur B-Säule gleich.

Merkmale einer gemeinsamen Plattform

Plattformen werden häufig von verschiedenen Marken innerhalb eines Konzernverbunds genutzt. Wesentliche Merkmale einer gemeinsamen Plattform sind Fahrwerk und Antrieb.

Es gibt einen fließenden Übergang, in welchem Maß sich zwei oder mehr Autos gleichen oder auf gleiche Komponenten zurückgreifen. Typische Stufen sind:

  • Baugleichheit: Nur Markenlogo, Kühlergrill und ggf. Scheinwerfer sind unterschiedlich. Baugleiche Fahrzeuge werden häufig am selben Band gefertigt.
  • Gleiche Plattform: Unterschiedliche Karosserien haben gleiche Fixationspunkte, so dass Radaufhängung, Motor, Getriebe etc. ausgetauscht werden können.

Beispiel: VW Golf (4. Generation)

Exemplarisch für eine Plattformstrategie ist die des Volkswagen-Konzerns. Dieser baut äußerlich verschiedene Modelle seiner Marken auf der gleichen Plattform auf. So wurde die Plattform des VW Golf IV (in Deutschland zwischen 1997 und 2003 gebaut) unter anderem auch für den VW Bora, VW New Beetle, Škoda Octavia I, Seat Leon I, Seat Toledo II, Audi A3 8L und Audi TT 8N benutzt.

Die VW-interne Bezeichnung dieser Plattform lautet PQ34. Die Abkürzung bedeutet:

  • P = Plattform
  • Q = Einbaulage Motor, Q = Quer (von „links nach rechts“), L = Längs (von „vorne nach hinten“)
  • 3 = Fahrzeugtyp A-Klasse („Golfklasse“)(1=Mini, 2=Kleinwagen, 3=Kompaktklasse, 4=Mittelklasse)
  • 4 = 4. Generation (vgl. Golf IV)

Analog saßen nachfolgende Projekte auf der Plattform PQ35 des Golf V. Der Passat baut ab Modelljahr 2014 auf der Plattform MQB auf, der Vorgänger war auf PQ46 gebaut. Die anderen Bezeichnungen s. o.

Die Plattform enthält beim VW-Konzern folgende Funktionsgruppen:

  • Motor, Getriebe und deren Lagerung
  • Vorderachse
  • Lenkung und Lenksäule
  • Schaltung
  • Fußhebelwerk
  • Hinterachse
  • Bremsanlage
  • Kraftstoffbehälter
  • Abgasanlage
  • Räder (Größen)
  • Reifen
  • Vorderwagen (Längsträger, Radhäuser)
  • Stirnwand (inkl. Heizung und Klima)
  • Mittelboden (Boden vorn)
  • Hinterwagen (Boden hinten, Längsträger, Radhäuser innen)
  • Sitzgestelle
  • Verkabelung genannter Komponenten

Die restlichen Teile des Fahrzeuges werden in Hutteile und Systemteile unterteilt. Der „Hut“ ist dann unter anderem die Rohkarosse, die sich erheblich unterscheiden kann (vergleiche VW Golf V und Seat Altea). Systemteile sind eigentlich Gleichteile (COP = Carry Over Parts), die übernommen, aber der jeweiligen Konzern-Marke angepasst werden. Beispiele: Radzierblende oder das Airbagmodul im Lenkrad, völlig gleich, nur anderes Markensymbol. Dies kann zu Produktionsproblemen führen, wie in der Anfangszeit der Plattform des VW Sharan I / Seat Alhambra I / Ford Galaxy, als Systemteile in die falschen Fahrzeuge eingebaut wurden.

Kraftfahrzeuge mit gemeinsamer Plattform

Beispiele für Plattformen innerhalb eines Automobilkonzerns oder eines Gemeinschaftsunternehmens, das oft hierzu zur Kostensparung gegründet wird. Unterschiedliche Bauarten werden nur aufgeführt, sofern sie einen anderen Markennamen tragen.

PKW

BMW

BMW und Toyota

Mercedes-Benz Group (ehemals: Daimler-Benz AG, DaimlerChrysler, Daimler AG)

DaimlerChrysler/Mitsubishi

Daimler AG/Nissan

Fiat

Fiat Chrysler

Fiat/Alfa/Lancia/Saab

Fiat/PSA

Fiat/Ford

Ford/ Mazda/ Volvo

Siehe auch

GM

GM/Fiat

Honda

Hyundai/Kia

Jaguar Land Rover

  • MLA – Modular Longitudinal Architecture: Jaguar XJ, Jaguar J-Pace

Lotus

Mazda

Porsche

x entspricht der Generation, wobei dieses nicht normal hochgezählt wird.

PSA

PSA und Toyota

Toyota

Renault/Nissan

Suzuki/Fiat

Volkswagenkonzern (VW, VW Nutzfahrzeuge, Audi, Seat, Škoda, Bentley, Porsche)

Volvo

, 2022): Polestar 3, Volvo EX90

Vans

GM / Suzuki

Volkswagen und Ford

Kastenwagen und Nutzfahrzeuge

DaimlerChrysler/Volkswagen

Fiat und PSA

SAIC-GM-Wuling Automobile

  • S-FR: Chevrolet Enjoy, Chevrolet Rongguang, Haima Fushida, Space Mini Bus, Wuling Hongguang, Wuling Rongguang, Wuling Sunshine, Wuling Zhengcheng

PSA

  • M49: Wuling

PSA und Toyota

Renault/Nissan

Renault/Nissan und GM

Renault/Nissan und Mercedes-Benz

Einzelnachweise

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  3. Michael Specht/SP-X: BMW Elektro-Strategie - Starkstrom aus Bayern. motorzeitung.de, 5. Dezember 2017, abgerufen am 23. Januar 2021.
  4. Stefan Grundhoff: BMW verrät erste Technik-Details zum neuen 1er. In: automobil-produktion.de. 13. März 2019, abgerufen am 29. Oktober 2022.
  5. https://www.bimmertoday.de/2013/12/06/bmw-frontantrieb-mini-ukl-plattform-varianten-active-tourer, abgerufen am 23. Januar 2021.
  6. Eine Absage an die Traditionalisten – das ändert sich beim BMW 1er. handelsblatt.com, 7. April 2019, abgerufen am 23. Januar 2021.
  7. 1 2 auto-motor-und-sport.de vom 18. April 2018, Neue Mercedes A-Klasse W177 (2018), Alle Infos ..., abgerufen am 29. September 2018.
  8. Über den Autor: Mercedes C-Klasse wird ab Juni in Südafrika produziert. (Nicht mehr online verfügbar.) In: automobil-produktion.de. 21. Februar 2014, archiviert vom Original am 23. September 2015; abgerufen am 2. Januar 2017.
  9. auto-motor-und-sport.de vom 28. April 2016, Mercedes testet neue SL- und SLC-Plattform, abgerufen am 29. September 2018
  10. Tom Grünweg: Elektroautos auf dem Autosalon Paris: Auf dicke Dose gemacht – Auto. In: Spiegel Online. 1. Oktober 2016, abgerufen am 2. Januar 2017.
  11. Mercedes-Elektropläne: Plattformen EVA und MMA, AMG wird elektrifiziert. Abgerufen am 19. März 2022.
  12. Mazda2/Demio based on Fiesta. In: sae.org. 29. Oktober 2022, archiviert vom Original am 6. September 2008; abgerufen am 29. Oktober 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Archivlink)
  13. 1 2 Jochen Knecht, Uli Baumann: Ford Puma EV (2024): Kleiner Elektro-Crossover aus Rumänien. In: auto-motor-und-sport.de. 28. Oktober 2022, abgerufen am 29. Oktober 2022.
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  27. de.motor1.com vom 2. März 2020, Renault Morphoz: Ausblick auf neue Elektroplattform CMF-EV, abgerufen am 29. September 2020.
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  30. Audi Baukastenstrategie (Ralph Hollmig, Leiter Fahrzeugkonzeptsteuerung), Ingolstadt, 2012 (Memento vom 4. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 1,6 MB)
  31. Jürgen Voigt: Zweites E-Auto von Cupra enthüllt. In: autozeitung.de. 21. April 2023, abgerufen am 19. Mai 2023.
  32. Gerd Stegmaier: Von eUp über ID.3 bis Taycan: Alle E-Auto-Plattformen und -Baukästen von VW. 4. Juni 2020, abgerufen am 25. März 2022.
  33. https://www.electrive.net/2022/07/19/porsche-bestaetigt-start-des-e-macan-erst-in-2024/
  34. „Volt statt V8“, Manager Magazin, Ausgabe 10/2018
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  36. Elektronik - analog & power, Weka Fachmedien, Ausgabe 08, 20. April 2021, S. 7 "Volkswagen entwickelt Plattformtechnologie weiter"
  37. Wilfried Eckl-Dorna: Reportage: So pompös startet Geely in Berlin die Automarke Lynk&Co. In: manager-magazin.de. 21. Oktober 2016, abgerufen am 2. Januar 2017.
  38. 1 2 Manager Magazin, Ausgabe 2/2017, „Gelb ist die Hoffnung“
  39. Martin Franz: Neu: Polestar 2. In: heise.de. 27. Februar 2019, abgerufen am 26. April 2023.
  40. electrivenet vom 12.Mai 2023, abgerufen am 13. Mai 2023.
  41. Stefan Leichsenring: Volvo EX90: Siebensitzer-SUV mit zwei Allradantrieben vorgestellt. In: insideevs.de. 9. November 2022, abgerufen am 19. April 2023.
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