Jusos

Was das Küken für das Huhn ist, das Fohlen für das Pferd, was das Kälbchen für die Kuh ist oder was die Ferkel für das Schwein sind, sowas ist ein Juso für die Sozialdemokratie. Bei den Jusos werden alle Mitglieder der sozialdemokratischen Parteien der Welt zusammengefasst, die die Gnade einer späten Geburt besitzen.

Alle Antworten auf die Fragen des täglichen Lebens, das Parteibuch.

Juso werden

Juso zu werden ist eine der einfachsten Sachen der Welt. Man geht zu einer sozialdemokratischen Partei (SPD, SPÖ, SP oder ähnliche inhaltsarme Vereinigungen) in seiner Heimatstadt oder seinem Heimatdorf. In einigen Gegenden Bayerns und Österreichs allerdings ist der Weg sehr weit, da sich die nächste SPD-Ortsgruppenleitung siebenundzwanzig Dörfer weiter befindet. Dort kauft man sich dann für eine stattliche Summe ein sogenanntes Parteibuch. Aufgrund der Preisbindung des Buchhandels ist das Buch sehr teuer, aber wenn man Glück hat kann man es gebraucht erwerben. Vor allem nach verlorenen Landtagswahlen finden sich zahlreiche frisch zurückgesandte Bücher massenweise in den Amtsstuben der Ortsgruppenleiter ein. In diesen gebrauchten Parteibüchern findet man dann oft noch handschriftliche Zitate aus den 80er Jahren, wahlweise von Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Willy Brandt oder mit viel Glück sogar vom großen Vorsitzenden Mao.
Die meisten Jusos erleben eine standardmäßige Verwandlung á la Kafka: War man gestern noch Sohn oder Tochter einer wohlhabenden Familie, eines evangelischen Pfarrers oder eines Oberstudienrats, so ist man durch die Übernahme des Parteibuchs in eine neue Rolle gezwungen - die eines Arbeiterkindes. Die realen Arbeiterkinder selber sind ja unpolitisch und es wäre ja vollkommen unverantwortlich die ultimative Weltrevolution des Proletariats in den Händen der echten Arbeiterkinder zu lassen. Auch vom theoretischen Ansatz ist diese Politik mit den Lehren von Marx und Engels durchaus zu vereinbaren, denn schließlich steuern die Arbeiterkinder in der Realität ja zielsicher auf die Arbeitslosigkeit zu und gehören somit mittel- und langfristig ohnehin nicht mehr zum originären Proletariat nach marxistischer Farbenlehre.

Juso bleiben

Während es ausgesprochen einfach ist Juso zu werden, ist es umso härter es dann auch zu bleiben. Alle paar Monate wirft einen eine gewonnene(!) Kommunal-, Europa-, Landtags- oder Bundestagswahl in seinem fundamentalen Glauben an die Partei kräftig zurück. Auf den Schulhöfen und Universitätswiesen der deutschsprachigen Welt muss man sich den Angriffen der reaktionären Bürgerkinder erwehren, die jedes verlorene Direktmandat zu Anlass für Spott und Häme nutzen. Man motiviert sich regelmäßig: Da muss ich durch - für die gute Sache. Für die Weltrevolution!

Jusos in der BRD

Das Logo der Jusos ist eine Faust, die eine Rose trägt. Das Logo haben die Jusos von der Sozialistischen Internationale übernommen, da die Sozialdemokratie gar keine eigene internationale Bewegung hat. Die Faust erinnert an Karl Liebknecht und den Straßenkampf und die Rose natürlich an Rosa Luxemburg.

Die Sprache der Jusos

Der große Vorsitzende.

Jusos sind so alt wie die Bundesrepublik Deutschland. Die heißt allerdings im Parteijargon "BRD". Überhaupt bringt eine Mitgliedschaft bei den Jusos einen erheblichen Vokabeltsunami mit sich, den man am besten möglichst schnell abends im Bett lernt. Daraus eine kleine Auswahl:

  • SPD-Vorsitzender - Der Vorsitzende
  • Juso-Vorsitzende - Die Vorsitzende
  • Bundestagsabgeordneter - Em-De-Beh
  • Landtagsabgeordneter - Em-De-Ell
  • Kreistagsabgeordneter - Voll-Loser
  • Stadtrat - Genosse Stadtrat
  • Kernkraftwerk zu Stromerzeugung - A-Kah-Weh
  • Polizist - Bulle
  • Bild-Zeitung - Springerpresse
  • Friedrich Merz - reaktionäres Schwein aus dem Sauerland
  • Oscar Lafontaine - Kontrarevolutionär aus dem Saarland
  • Die Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung - Die Bibel
  • Hausbesetzung - Progressive Wohnraumgewinnung
  • Fußball - Proletariersport
  • Wendehals - Sponti
  • Bündnis90/Die Grünen - die da
  • linksextremer Spinner - Genosse
  • Erhard Eppler - Gott
  • CDU/CSU - Schwarze Pest

Der Alltag als Juso

Der Alltag eines Jusos ist von harten Entbehrungen, dem ehrenwerten Streben nach political correctness und von strengem Angepasstsein an die undogmatischen Parteileitlinien geprägt. Der Juso singt bereits zum Frühsport Die Internationale und plant seine Urlaube nach dem Grad der Umweltzerstörung seines Ziellandes und dem Grad der Ausbeutung der Ureinwohner. Jedoch über die verschiedenen Jahrzehnte haben auch die Jusos erstaunliche Wandlungen durchgemacht und sich in ihrem undogmatischen Leben gnadenlos an den Zeitgeist angepasst. Stets bemüht man sich durch die tägliche Lektüre der taz dem poltischen Trend ein paar Tage oder gar eine Woche voraus zu sein und prägt somit die politische Avantgarde der Schulen, Fachhochschulen und Universitäten.
Hat der Juso einmal ein paar Minuten frei, liest er in der Maobibel, hört im Hintergrund Vinylaufnahmen von wahlweise Hannes Wader, Konstantin Wecker, Franz-Josef Degenhardt oder Joint Venture. Auch Aufnahmen von DDR Kinderchören, die im Stile klassischer Chormusik im Knabensopran Arbeiterlieder trällern, erfreuen sich seit dem Fall des Arbeiter- und Bauernstaats 1989 immer mehr Beliebtheit unter den JunggenossInnen.
Der Juso ist ganztägig pflichtbewusst und gilt als moderne Antwort auf die Organisation der Pfadfinderbewegung des beginnenden, der Radikalität der Falkenbewegung der ersten Hälfte und der Obrigskeitshörigkeit der Hitlerjugend und des BDM der Mitte des 20. Jahrhunderts. Verpflichtende gemeinschaftsfördernde Veranstaltungen stärken die Kameradschaft und stärken das individuelle Karrierebewusstsein jedes Mal aufs Neue.

50er Jahre

Die deutsche Originalausgabe des Parteibuchs, herausgegeben vom großen Vorsitzenden Ben Wisch 1958.

In den 50er Jahren hatten die Jusos eine schlimme Selbstfindungsphase. Warum Hitler den selbstlosen Don Quixotte-Kampf für die gute Sache verbot, blieb eine ungeklärte Anekdote der Geschichte und die Jungsozis schlossen sich inhaltlich lieber mal direkt an 1933 an. Leider musste das Rad der Revolution mal wieder neu erfunden werden, denn nahezu alle Jusos von 1933 waren zwischen '33 und '45 inzwischen zu gestandenen Antifaschisten und Mitgliedern der Mutterpartei gereift. So mussten die wichtigsten Fähigkeiten der Jusos neu erlernt werden: Transparentmalerei, Flugblattdruck, das Singen der Internationale und die mindestens genauso wichtige Megaphonrhethorik. Was man nicht alles für den Klassenkampf tut!

60er Jahre

Die 60er Jahre passten sich die Jusos mehr und mehr ihren schon vollerwachsenen Vorbildern an. Rote Krawatten waren das nach außen sichtbare Zeichen, und oft das einzige was die selbsternannten Jungretter der Menschheit von ihrem Klassenfeind, der "Jungen Union (JU)" unterschied. Durch die Bildung der Bonner großen Koalition geriet man jedoch wieder in eine neue Selbstfindungsphase, denn man sang mit Hannes Wader was gestern noch galt, gilt schon heut oder morgen nicht mehr. Jusos abonnierten sich die Konkret mit ihrer vielbeachteten Redakteurin Ulrike Meinhof und übersahen geflissentlich gerne, dass ihr ungeteiltes Vorbild Willy Brandt in der großen Koalition ein Ministeramt bekleidete.
Ende der 60er Jahre geschah dann an den Universitäten unglaubliches. Plötzlich wollten alle Studenten nur noch "links" sein, und die mitte-rechts-mitte befindlichen Jusos erreichten ihre Zielgruppe weniger und weniger. Links von den Jusos gründeten sich neue Hochschulgruppen: Spartakisten, Maoisten, Trotzkisten, Leninisten und Snowboardpisten. Der alte Spruch Herbert Wehners: "Links von der SPD ist nur noch die Wand" hatte keine universelle Gültigkeit mehr! Die armen armen Jusos gerieten in den Selbstzweifel der politischen Mitte und sahen sich wieder gezwungen eine neuerliche Selbstfindungsphase einzuleuten. Es gab sogar eine Versammlung der Frankfurter Jusos, die nach mehreren knappen Abstimmungen nach vier Stunden abgebrochen werden musste, weil keiner der Anwesenden rechts sitzen wollte. Und das ohne dass ein einziger Tagesordnungspunkt abgearbeitet wurde.

Die Idole einer ganzen Generation: Kanzler Schmidt und Hans-Martin Schleyer, zwei Lichtgestalten, von denen die eine sogar für ihre Ansichten den Märtyrertod sterben durfte.

70er Jahre

Die Tränen über den Verlust der Identität und die Freudentränen über den Gewinn des Vietnamkriegs gegen den amerikanischen Imperialismus waren noch nicht getrocknet, da mischten sie sich auch schon mit den ehrlichen Tränen, mit denen die Jusos um den Erzkapitalisten Hanns-Martin Schleyer weinten. Wie kommen die RAF-AktivistInnen nur auf so eine brutale Idee einen der wirtschaftlichen Führer des Kapitalismus in einem Kleiderschrank bei Erftstadt zu sperren, abzuschließen und abschließend auch noch abzuschießen!?
Da schickt man als Regierungspartei doch den besten Mann, um die Krise zu bewältigen! Und wer kann das denn auch nur theoretisch sein? Nicht James Bond, nein , den Superman der SPD, einen der Gründerväter der Nachkriegsjusos, der kreative Finder von schnellen Lösungen: Hans-Jürgen Wischnewksi, genannt Ben Wisch. Was wäre die Weltgeschichte nach 1945 ohne ihre legendären ehemaligen Jusovorsitzenden? Ein leeres Buch ohne Russlandgas und voller zerbombter Lufthansapassagiere!
Doch unterm Strich bedeutete das alles die nächste Selbstfindungsphase, denn die Grenzen zwischen staatlichem Gewaltmonopol und Weltrevolution verschwammen in den 70ern zusehens. Doch der Juso konnte ja - Eppler sei Dank! - in seiner Orientierungslosigkeit seiner Regierung blind vertrauen. Waren schließlich alle Genossen und solange Erhard Eppler noch Regierungsmitglied war, lief sicherlich nichts verkehrt. Da konnte man ja auch gerne den Verlust der verblassten Lichtgestalt Ulrike Meinhof an die Isolationshaft in Stuttgart-Stammheim verknapsen. Schließlich gab die Serie von strahlenden Beerdigungen dann ja auch ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl und stärkte den internen Zusammenhalt der Partei und die Geschlossenheit der roten Reihen hinter den Regierungen der umjubelten Lichtgestalten Brandt/Genscher und Schmidt/Genscher. Da kann man schon mal Aufrüstungspolitik und Atompolitik der eigenen Führer oder gar den Rücktritt Epplers 1974 vergessen und fröhlich unisono mitjubeln.

80er Jahre

Die Bibel der 80er Jahre, das neue Parteibuch!

Die 80er folgten plötzlich und unerwartet. Und für die Jusos in Deutschland bargen sie mehr Selbstfindungphasen als irgendwo anders auf der Welt zu irgendeiner anderen Zeit. Fast im Jahrestakt schwankte die Gefühlsskala zwischen hinmmelhochjauchzend und zutodebetrübt. An der linken Seite hatte sich gerade relativ unbemerkt eine kleine Ökopartei gegründet, die alle Ideale der Jusos erfüllt - jedoch ohne wesentliche inhaltliche Dogmen auszukommen schien. Sogar die heilige Kuh Frauenquote wurde bei den Neuen nicht nur gefordert, sondern unkompliziert mit Hilfe von 17 Abstimmungen bei nur acht Gegenanträgen und zwei Anträgen auf Befangenheit des Präsidiums auf einem Parteitag angenommen. So eine unbürokratische Herangehensweise war eine Schlagkraft, von der die Jusos nur träumen konnten: hatte 1980 der Bundesparteitag der Jusos für die Öffentlichkeit nahezu unbemerkt die Frauenquoten nach siebentägigen Geschäftsordnungsschlachten und neun Entlassungen von Präsidiumsmitgliedern doch keine Mehrheit gefunden.
Die neue Partei gab sich begehrenswerte Symbole, wie zu Pflugscharen geschmiedete Schwerter und AWK - Nein Danke! Buttons. Und: Man hatte unglaublich charismatische Führungspersonen! Obwohl man seit dem alterbedingten Ausscheiden von Vordenker Ben Wisch sehr gut ohne Charisma ausgekommen war, wussten die Charakterköpfe der Konkurrenz zu überzeugen: Dithfurt, Kelly, Bastian und der alles überragende Fischer. Wie beneidenswert - sogar in der obersten Führungsriege hatte "die da" zwei Frauen! Der Jusovorsitzende Gerhard Schröder reagierte sofort und veröffentlichte zeitgleich seine drei berühmten Bücher "Sieben Schritte zum Wahlerfolg", "Rot bleiben - und Wahllügen ohne rot zu werden!" und "Die da sind für Waldsterben!".
Nächster Knackpunkt im Leben der Mitglieder nacheinander

  1. der gemeine Verrat der hinterfotzigen kleinen bourgoisen FDP und ihres gehassten und heuchlerischen Führers mit den Segelohren, die die gemeinsame Wunsch-Koalition verließ und sich hinter dem verhassten Reaktionär Helmut Kohl gruppierte und
  2. der anschließende Verrat der Wähler und Wählerinnen, die das noch nicht einmal zu merken schienen und überhaupt nicht abstraften. Massenübertritte zur reaktionären Jungen Union waren die Folge, denn bei den Sozis waren nun die Karrieren in die Regierungsämter verbaut.
    Nur Schröder blieb tapfer Kapitän des sinkenden Schiffs und nahm die vielen Parteibücher regungslos entgegen. Der Löwe von Hannover plante Größeres, musste aber altersbedingt dann ausscheiden. Noch mehr Austritte.

Den charismatischen Führern der Gegenseite setzte die deutsche Sozialdemokratie ihre schärfsten Waffen entgegen: den stets nüchternen Hans-Jochen Vogel und den fleischgewordenen, radfahrenden Tranquilizer Rudolf Scharping. Erneute Massenaustritte. Selbstfindungphase. Die Phase ohne Regierungsämter bekam den Jusos nicht gut, denn der Mitgliedschaft fehlte jedes Ziel und aller Sinn und der Grund ihrer Existenz.
Und dann bröckelte auch noch nach und nach das Ideal der Arbeiterstaaten und wich einer vollständigen Desillusion. Auch das jährlich wiederkehrende Ritual der vorweihnachtlichen Abende, an denen man zusammen Christbaumschmuck aus Stroh bastelte und aus begehrlichen Haushaltswaren Carepakete für die Genossen im östlichen Teil des Landes schnürte, fielen mit dem Fall der Mauer 1989 endgültig weg. Die Jusos waren am Ende!

Die allmächtige Andrea Kahless vom Stamm der Bonner Jusos.

90er Jahre

Die 90er begannen mit einem für den Juso entsetzlichen und unerträglichen Run der neuen deutschen Jungbürger auf die verhasste JU. Eine schlimme Selbstfindungpahse, denn der Klassenfeind hatte mit seiner unverschämten Lüge von den Blühenden Landschaften der Jugend einen attraktiveren Floh ins Ohr gesetzt als die Spitze der Sozialdemokratie mit ihrer attraktiven Wortschöpfung von sozialer Gerechtigkeit und Arbeit für alle.
Doch dann kam endlich die Wende: Die am Boden liegende deutschlandweite Jusogemeinde versammelte sich zur Vollversammlung der verbliebenen zwölf Mitglieder im Hinterzimmer des linken Café Eckstein in Berlin am Prenzlauer Berg - und wählte die charismatische Frontfrau der dreiköpfigen Bonner Jusohochburg Andrea Kahless zur ReichsführerinBundesvorsitzenden. Andrea ergoss sich über Deutschland wie ein Tsunami über Südostasien!

  • Andrea eroberte in Bonn ein Direktmandat für den Bundestag.
  • Andrea eroberte die Herzen der Nation durch tägliche Auftritte in alle Talkshows des Privatfernsehens.
  • Andrea begeisterte die Massen, wie sonst kein Spitzenpolitker seit 1945.
  • Andrea war die erste Parteivorsitzende mit einem Bühnenauftritt in der Kabarettsendung Scheibenwischer. Ihre täuschend echten Imitationen von Herbert Wehner, Willy Brandt, Helmut Schmidt und Rudolf Scharping. Bei Letzterem neigte sich die Einschaltquote gegen 100%. Als sie dann auch noch einen Arm in die Bluse verschwinden ließ, um den Urvater Kurt Schumacher zu imitieren und sich ein Gebiss mit falschen gelben Zähnen in den Mund steckte, um die in Vergessenheit geratene Annemarie Renger bei ihrer Kandidatur als Bundespräsidentin 1979 nachzumachen, gewann sie sogar den deutschen Comedypreis!
  • Andrea trat als erste Comedypolitikerin mit einem Soloprogramm vor 70.000 Menschen im Berliner Olympiastadion auf.
  • Andrea hier, Andrea da ... usw.

So verschaffte die neue, aus dem Nichts erschiene Lichtgestalt sich selber, den Jusos und der gesamten Sozialdemokratie wieder die gebührende Aufmerksamkeit und ein unabhängiges Standing in der Parteienlandschaft. Nur kurz danach kamen die Genossen dann auch wieder an die Regierung und der dunkelen Epoche der Kohlherrschaft ward ein Ende - und welch' Wunder!? Unter sicherer Führung des Alt-Juso Gerhard Schröder. Als Kahless 1998 in die große Politik wechselte, boomte die Partei wie seit dem Verbot der NSDAP nicht mehr.

Die Kahless-Bibel ersetzte die alten Versionen: Die neue frohe Botschaft verkaufte sich in 12 Monaten sogar 237 Mal. Die brandneue, alte Message: "Lieber rot als tot!"

Das neue Jahrtausend

Und auch das neue Jahrtausend begann mit Selbstzweifeln und einer großen Sinnfindungskrise. Obschon sich die deutsche Sozialdemokratie auf dem Zenit der Macht und der Wählerzahlen befand, stellte sich an neuer Front ein ideologischer Gegner der besonderen Sorte - die Jusos wurden links überholt. Was sich im Straßenverkehr schon als unsittlich entpuppt, gestaltet sich für den durchschnittlichen Juso als stimmungstechnischer Super-GAU. Es kann einfach nicht sein, dass man noch linker ist als die zukünftige Führungselite der SPD! Und dann auch noch die alten SED Funktionäre unter Führung des Gartenzwergs aus einem Ostberliner Plattenbau und seines zwergischen Alter Egos, dem SPD-Dissidenten aus dem Saarland. Die neuen ewiggestrigen Emporkömmlinge, die wie ein Phoenix aus der Asche der neuen Bundesländer hinaufstiegen, haben ja so gar nichts, was einen guten Linken auszeichnet: keine Frauenquote in der Führung, keinen zyklischen Mitgliederschwund, keine charismalosen Führungsgestalten, keinen eigenen gleichbleibenden Parteinamen und obendrein noch nicht einmal ein Parteiprogramm!
Angeschlagen durch den Boom des neuerlichen Linksüberholers taumelte die SPD wieder in Schwierigkeiten. Obschon die glorreiche Kahless und ihre pinocchiohafte Bundesmarionette Schröder das Land der unweisen Schlechtwähler weise regierten, reichte das Wahlergebnis nicht die Macht auch zu behalten. Man setzte sich wieder mit dem Klassenfeind auf dieselbe Regierungsbank - und das wieder unter kontrarevolutionärer Führung der visionsfreien Bundesvisionärin Angela Merkel. Sinnkrise! Mitgliederschwund. Massenaustritte.
Und so sammeln sich auch heutzutage wieder die Mitglieder der Juso Bundesvollversammlung im Hinterzimmer des Café Eckstein und harren der nächsten Generation, und dass sie wieder eine Lichtgestalt hervorbringen möge: EineN FührerIn mit der Tatkraft eines Ben Wisch, mit der Kompromisslosigkeit eines Gerhard Schröder und der Glorie und Führungstärke einer Andrea Kahless.

Zu Besuch im Paradies: Jusos auf Cuba, Fidel Castro in den Lautsprechern und das Idol Che Guevara mit fair gehandelten Kräuterfarben aus El Salvador gemalt als Transparent!

Außergewöhnliche Erscheinungsformen

Parallel zu den gleichgeschalteten Normaljusos gibt es immer wieder einige wenige Mitglieder mit eigenen Meinungen. Meistens gehen die zwar nicht so weit, einen komplett eigenen Dogmenkatalog zu entwickeln, jedoch in mindestens einer zentralen Frage entwickeln diese Gestalten ein Eigenleben. Steht die Meinung im diametralen Gegensatz zur Lehrmeinung des allgütligen Programms, wird der Genosse/die Genossin abgemahnt. Dazu schreibt die Ortsgruppenleitung dann parallel mehrere Presseerklärungen und einen mehrmonatigen Briefverkehr mit der Mutterpartei - man will ja schließlich nicht nur, dass der Abtrünnling wieder auf Kurs kommt, sondern auch in einem Aufwasch die Synergieffekte der dadurch entstehenden Marketingmöglichkeiten abschöpfen. So kommt die Partei wieder mal in die Schlagzeilen und obendrein wird die Parteiführung noch auf die Tüchtigkeit und Dogmentreue der Ortsgruppenleitung aufmerksam gemacht.
So wurde 1982 das Neumitglied Christian F. aus E. im Schwarzwald von seiner Ortsgruppe in Wildbad/Schwarzwald schriftlich abgemahnt, weil er sich auf einer Demo gegen die Müllkippe Wildbad-West geweigert hatte, das Fleece Stirnband mit dem Che Guevara Motiv zu tragen, das in der internen Dienstanweisung zur Teilnahme an der Demo verpflichtend vorgeschrieben war. Daraus entwickelte sich ein langwieriger Briefverkehr, in dem Christian F. mehrfach behauptete eine Baumwoll-Allergie zu haben - aber sich hartnäckig weigerte darüber ein amtsärztliches Attest vorzulegen. So entschloss sich die in administrativen Aufgaben erfahrene Ortsgruppenleiterin Jacqueline M. in enger Absprache mit der Gauleitung Ba-Wü ein Parteiausschlussverfahren zu beginnen. Christian F. wurde mit 45 Jahren später noch Landtagsabgeordneter - für die FDP.

No Gos

Yes we can!

Pflichttermin 1976: Die Brockdorfdemo! Keine AKWs! "Ho-Ho-Ho-Chi-Min!"
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