Ersprießungskommando
Es war immer der Gärtner! Wo er und sein Ersprießungskommando waren, da bleibt kein Stein auf einem Stein, da wächst kein Gras mehr - außer da, wo sie es wollen. Wo sie sind, da wird ohne Begründung begrünt, ohne Plan planiert und ohne Reue geräumt.
Rekrutierung
Ersprießungskommandos sind regelrechte Syndikate. Disteln nämlich nur Spezialisten ein, die man nicht im Telefonbuch findet. Meist erfährt man von ihnen nur durch Buschfunk oder wenn man in gewissen Kreisen Kontakt hat. Manche tarnen sich aber auch hinter der bürgerlichen Fassade von Gärtnereien oder Landbaubetrieben. Wenn man sie einmal rekrutiert hat, so sollte man sich bewusst sein: Ersprießungskommandos scherzen nicht. Aber wenn sie kommen, dann erscheinen sie zum vereinbarten Termin in voller Montur und Brutalität. Nur teilweise müssen sie sich erst ihrer Sicherheit vergewissern oder Verfolger von der Steuerfahndung abschütteln, so dass sie ab und zu etwas später kommen können.
Interessant ist die Klasse der Auftraggeber. Der Kundenstamm nämlich nicht zu dem, was man sonst als kriminelles Milieu bezeichnet: Grundstücksbesitzer, Investmentbanker oder auch schlicht bürgerliche Familien. Daher stammt der berühmte Ausbruch des italienischen Kommandomitglieds Luigi Giordano, leicht zu erkennen an seiner Löwenzahnkette (ein Zeichen für Gefahr und Brutalität) um den Hals, der genüsslich „Man wendet sich nicht gegen Familie“ murmelte, als er mit diabolischen Vergnügen die Hecke eines Vorgartens mit der Motorsäge stutzte.
Ersprießungskommandos machen allerdings nicht nur für noble Einzelpersonen die Drecksarbeit, sie sind so tief in Justiz, Politik und Staat verwurzelt, dass sie auch öfters rentable Staatsaufträge bekommen. Bekannt sind Einsätze bei mehreren Bundesgartenschaus und anderen öffentlichen Projekten, in denen sich meist gleich mehrere Ersprießungskommandos regelrechte Grabenkämpfe lieferten.
Ausführung
Mit Schaufeln, Harken und biologischen Kampfstoffen (vor allem Stickstoffdünger) bewaffnet nähert sich das Ersprießungskommando dem Ort des Geschehens. Zuerst wird das Terrain genauestens inspiziert. Dann macht sich das Kommando an die Arbeit. Nach kürzester Zeit sieht das Gelände aus wie ein Schlachtfeld: Zerborstende Steine, aufgewühlter Rasen und schwitzende Männer. Nur die Bierdosen passen nicht so recht ins Bild.
Den ersten Schritt macht traditionell der Heckenschütze, welcher große Gefahren auf sich nimmt, um für das Ersprießungskommando den äußeren Ring zu durchbrechen und eine gelungene Missionsdurchführung wie sie im Buche steht zu garantieren. Hecken müssen hierbei aus dem Hinterhalt erledigt werden, da sie im direkten Kampf zu robust wären. Ist aber die Hecke mal zur Strecke gebracht, so blüht danach schnell der Rest des Kommandos auf.
Wer ihnen ein Dorn im Auge ist, der ist so gut wie tot. Der wird dann vor Ort unter die Erde gebracht oder im Kofferraum des Firmenwagens fortgeschafft. Noch nie ist jemand wieder aufgetaucht, der auf diese Weise verschleppt wurde. Dem Ersprießungskommando reicht es nicht, Angriffe anderer zu quittieren. Diejenigen Glücklichen, die nicht sofort exekutiert werden, dürfen sich - natürlich nur zur Verschönerung des Gartens - oft ihr eigenes Grab schaufeln. Unnötig zu erwähnen, dass Maulwürfe oftmals besonderer Brutalität seitens des Ersprießungskommandos zuteil werden. Kurzum: Wer aufbäumt, der wird entfernt und getötet, in seltenen Fällen der Gnade vertrieben, außer die Feigen fliehen vorher. Doch auch die Vertreibung zeigt seine Wirkung und hinterlässt Spuren im Beet - man spricht vom Treibaus-Effekt.
Eine Besonderheit innerhalb des Ersprießungskommandos ist leider auch die Existenz von Selbstmordattentätern, die durch gruppenschädliche Ego-Aktionen sich und der Gruppen geringen bis tödlichen Schaden zufügen und allgemeinhin als Rasensprenger bekannt sind. Ihrer Auslegung nach warten im Garten Eden 40 Jungsamen auf sie, sofern auch täglich gebeetet und nicht gesündigt wurde - zudem wollen sie die Lorbeeren ernten.
Entlohnung
Nach gelungener Schädlingsbekämpfung kann das Ersprießungskommando sein Moos kassieren, welches im Folgenden jedoch eine Geldwäsche durchlaufen muss, den Großteil der Einnahmen behalten die Bandenbosse pfir sich. Im Geldhandel tätig wird das Ersprießungskommando zudem im Schutz vor Wucherern und Wuchernden. Das hier beschlagnahmte Triebesgut ist neben dem Schmutzgeld jedoch nicht die einzige Einnahmequelle des Kommandos, welches Geld ebenfalls in Form von Blüten produziert und den Markt somit mit Falschgeld überschwemmt. Allgemeinhin kann man feststellen, dass die dunklen Geschäfte der kriminellen Vereinigung meist in dunklen Hintergärten ablaufen und dieser Handel einiges abwirft.
Finanziell steuern die Hintermänner auf rosige Zeiten zu, geeichte Geldeintreiber sorgen für eine Augenweide beim Blick auf den Kontostand, viel Geld wird abgezweigt. Noch glücklicher werden sie, wenn man Gold eintreiben kann. Dennoch sollte man betonen, dass für den Erfolg geackert werden muss und farnsinnige Anstregungen notwendig sind, um solchen Erfolg dauerhaft zu erzielen, da pass ich lieber auf, dass ich spar, gell? Nicht selten tragen Mitglieder des Ersprießungskommandos Verletzungen, wie zum Beispiel Veilchen, davon - da helfen nur Baldrian, Kümmel und Fenchel! Fehlende Einkommensmöglichkeiten bringen den Boss auf die Palme, also aufpassen!
Der größte Feind: Die Steuerfahndung
Zwar laufen gegen diverse Ersprießungskommandos diverse Verfahren wegen milionenfachen Pestizids, doch der größte Feind ist und bleibt die Steuerfahndung. Aus Angst vor eventueller Strafverfolgung werden nämlich selten Rechnungen erstellt, und so geht das Finanzamt natürlich leer aus. Das systematische Abgrasen von Gärten erwies sich bislang als wirkungslos, da sowohl Ersprießungskommandos als auch Bezahlende wie ein Grab schweigen. Meistens ist viel zu viel Gras über die Sache gewachsen, als dass das Finanzamt noch irgendetwas erreichen könnte. Der Steuerzahler ist also das größte Opfer der blühenden Geschäfte der Ersprießungskommandos.