Jean Blaton (* 19. November 1929 in Schaerbeek; † 17. Dezember 2020) war ein belgischer Automobilrennfahrer, Unternehmer und Jazzmusiker, der seine Autorennen unter dem Pseudonym Beurlys bestritt.

Familie

Jean Blaton entstammt einer vermögenden belgischen Unternehmerfamilie. Seine Nichte Catherine heiratete Anfang der 1970er-Jahre den Rennfahrer Jacky Ickx. Deren Tochter Vanina ist seine Großnichte.

Karriere im Motorsport

Jean Blaton begann seine Karriere Ende der 1950er-Jahre und bestritt ausschließlich Sportwagenrennen. Der finanziell unabhängige Belgier hatte nie ein Werksengagement – sieht man von seinen Einsätzen für die Ecurie Francorchamps und die Equipe Nationale Belge ab. Diese beiden belgischen Rennmannschaften waren aber keine Werksteams im klassischen Sinn und wurden von Blaton in den 1950er- und 1960er-Jahren auch großzügig finanziell unterstützt. Sein Vermögen machte ihn von vielen Zwängen des professionellen Motorsports unabhängig. Er fuhr nur die Rennen, die im Spaß machten, ohne sich um Verträge und Meisterschaftspunkte kümmern zu müssen.

Seinen ersten internationalen Erfolg feierte er 1957 mit dem Sieg bei einem Sportwagenrennen im dänischen Roskilde. 1958 war er zum ersten Mal beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans am Start – eine Rennveranstaltung, die in der Karriere des Belgiers eine besondere Bedeutung hatte – und belegte mit Partner Alain de Changy den sechsten Rang in der Gesamtwertung. Zum ersten Mal aufs Podium der ersten Drei kam er drei Wochen später beim 12-Stunden-Rennen von Reims 1958. Mit dem damals noch sehr jungen Willy Mairesse als Teamkollegen – dem Blaton bis zu dessen Tod 1968 freundschaftlich eng verbunden war – erreichte er den zweiten Rang in der Gesamtwertung. Geschlagen nur vom Werks-Ferrari 250 Testa Rossa von Olivier Gendebien und Paul Frère. Ferrari waren auch die bevorzugen Rennfahrzeuge des Belgiers, der in Reims am Steuer eines Ferrari 250 GT saß.

1959 gab es auch in Le Mans die erste Podiumsplatzierung zu feiern. Nach 24 Stunden Fahrzeit endete der Renneinsatz von Blaton und Léon Dernier mit dem dritten Gesamtrang. Im Ziel fehlten 26 Runden auf den siegreichen Aston Martin DBR1/300 von Carroll Shelby und Roy Salvadori. 1960 gewann der den Coupe de Paris in Montlhéry und wurde zwei Jahre später erneut Gesamtdritter in Le Mans. Wie 1959 war der zweite Pilot im Team sein Landsmann Leon Dernier. 1963 kam er einem Gesamtsieg beim französischen Langstreckenrennen am nächsten. Im Ziel lagen er und Gérard Langlois van Ophem als Gesamtzweite vor dem Werks-Ferrari 250P von Mike Parkes und Umberto Maglioli, die Dritte wurden. Nur der zweite Werkswagen der Scuderia, gefahren von Lorenzo Bandini und Ludovico Scarfiotti blieb unerreicht.

Nach einem fünften Gesamtrang 1964 fuhr er 1965 als Dritter erneut aufs Podium in Le Mans. Dritter wurde er auch beim 12-Stunden-Rennen von Reims dieses Jahres. Zu diesem Zeitpunkt begann auch die Unterstützung von Willy Mairesse, seinem langjährigen Freund, mit dem er die beiden dritten Plätze eingefahren hatte. Mairesse hatte nach vielen schweren Unfällen seinen Vertrag bei Ferrari verloren und wurde von Blaton auch finanziell unterstützt. Auch andere Rennfahrer hatten das Glück von Blaton unterstützt zu werden. Bertrand Gachot ermöglichte er mit 5.000.000 belgischen Franc 1989 den Einstieg in die Formel-1-Weltmeisterschaft.

Mairesse wurde ein regelmäßiger Teampartner, mit dem er 1967 mit einem Ferrari 330P4 zum fünften Mal in seiner Karriere auf das Siegerpodest von Le Mans fuhr. Er ist damit nach Bob Wollek – der bei ebenfalls fünf Podiumsplatzierungen mehr zweite Plätze aufzuweisen hat – der erfolgreichste Le-Mans-Starter ohne einen Gesamtsieg. 1967 erreichte er außerdem mit Lucien Bianchi auf einem Ferrari 412P einen zweiten Gesamtrang beim 1000-km-Rennen von Paris.

Nach der Sportwagensaison 1968 zog sich der Belgier vom aktiven Motorsport zurück und widmete sich seinen geschäftlichen Aktivitäten. 1975 kehrte er als Teamchef und Fahrer nach Le Mans zurück, wo er bis 1979 eine zweite Karriere hatte. 1979 – zwanzig Jahre nach seinem ersten Antreten – wurde er vom ACO geehrt und trat endgültig zurück.

Karriere als Musiker

Neben seinem Interesse für den Motorsport hatte Blaton eine zweite Leidenschaft – den Jazz. Er spielte Gitarre, trat bei Konzerten auf und wirkte zwischen 1943 und 1980 bei sechs Aufnahmesessions mit, u. a. 1972 mit der Belgian Big Band des Schlagzeugers und Vibraphonisten Johnny Peret.

Fahrzeugsammlung

Blaton hatte eine große Fahrzeugsammlung, die mehr als 30 Wagen umfasste, darunter seine Le-Mans-Rennwagen sowie einige Formel-1-, Champ-Car- und NASCAR-Boliden. Die Sammlung wurde 2005 aufgelöst und sukzessive verkauft.

Statistik

Le-Mans-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Teamkollege Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1958 Equipe Nationale Belge Ferrari 250TR Alain de Changy Rang 6
1959 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GT LWB Coupe Léon Dernier Rang 3
1960 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GT SWB Lucien Bianchi Ausfall Unfall
1962 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GTO Léon Dernier Rang 3
1963 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GTO Gérard Langlois van Ophem Rang 2 und Klassensieg
1964 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GTO Lucien Bianchi Rang 5 und Klassensieg
1965 Ecurie Francorchamps Ferrari 275 GTB Willy Mairesse Rang 3 und Klassensieg
1966 Ecurie Francorchamps Ferrari 365P2 Pierre Dumay Ausfall Motorschaden
1967 Equipe Nationale Belge Ferrari 330P4 Willy Mairesse Rang 3
1968 Claude Dubois Ford GT40 Mk.I Willy Mairesse Ausfall Unfall
1975 Jean Blaton Porsche 911 Carrera RSR Nick Faure John Cooper Rang 6
1976 Jean Blaton Porsche 934 Nick Faure John Goss nicht klassiert
1978 Ecurie Francorchamps Ferrari 512 BB Teddy Pilette Raymond Touroul Ausfall Getriebeschaden
1979 Jean Blaton Ferrari 512 BB LM Nick Faure Steve O’Rourke Bernard de Dryver Rang 12

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft

Saison Team Rennwagen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
1958 Ecurie Francorchamps
Equipe Nationale Belge
Ferrari 250 GT
Ferrari 250TR
 BUA  SEB  TAR  NÜR  LEM  RTT
24 6
1959 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GT  SEB  TAR  NÜR  LEM  RTT
9 3
1960 Ecurie Francorchamps Ferrari 250 GT  BUA  SEB  TAR  NÜR  LEM
15 DNF
1961 Ecurie Francorchamps Ferrari 250 GT  SEB  TAR  NÜR  LEM  PES
16
1962 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GTO  DAY  SEB  SEB  MAI  TAR  BER  NÜR  LEM  TAV  CCA  RTT  NÜR  BRI  BRI  PAR
3 DNF
1963 Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GTO  DAY  SEB  SEB  TAR  SPA  MAI  NÜR  CON  ROS  LEM  MON  WIS  TAV  FRE  CCE  RTT  OVI  NÜR  MON  MON  TDF  BRI
2
1964 Ecurie Francorchamps
Ecurie Nationale Belge
Ferrari 250LM
Ferrari 250 GTO
 DAY  SEB  TAR  MON  SPA  CON  NÜR  ROS  LEM  REI  FRE  CCE  RTT  SIM  NÜR  MON  TDF  BRI  BRI  PAR
DNF 5 DNF DNF
1965 Ecurie Francorchamps Ferrari 250LM
Ferrari 275 GTB
 DAY  SEB  BOL  MON  MON  RTT  TAR  SPA  NÜR  MUG  ROS  LEM  REI  BOZ  FRE  CCE  OVI  NÜR  BRI  BRI
DNF 3 3
1966 Ecurie Francorchamps Ferrari 365P2  DAY  SEB  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  MUG  CCE  HOK  SIM  NÜR  ZEL
DNF DNF DNF DNF
1967 Ecurie Francorchamps
Equipe Nationale Belge
Ferrari 412P
Ferrari 330P4
 DAY  SEB  MON  SPA  TAR  NÜR  LEM  HOK  MUG  BRH  CCE  ZEL  OVI  NÜR
DNF DNF 3
1968 Claude Dubois Ford GT40  DAY  SEB  BRH  MON  TAR  NÜR  SPA  WAT  ZEL  LEM
7 DNF DNF
1974 Ecurie Francorchamps Porsche Carrera RSR  MON  SPA  NÜR  IMO  LEM  ZEL  WAT  LEC  BRH  KYA
DNF
1978 Ecurie Francorchamps Ferrari 512 BB  DAY  SEB  MUG  TAL  DIJ  SIL  NÜR  LEM  MIS  DAY  WAT  VAL  ROD
DNF
1979 Jean Blaton Ferrari 512 BB  DAY  SEB  MUG  TAL  DIJ  RIV  SIL  NÜR  LEM  PER  DAY  WAT  SPA  BRH  ROA  VAL  ELS
12

Literatur

  • Christophe A. Gaascht: Willy Mairesse. Le Chevalier Meurtri. Nostalgia, Verviers 2003, ISBN 2-930277-09-2.
Commons: Jean Blaton – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. siehe dazu die Literaturangabe
  2. 12-Stunden-Rennen von Reims 1958
  3. 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1959
  4. 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1963
  5. 1000-km-Rennen von Paris 1967
  6. Tom Lord Discography
  7. Jean Blaton als Gitarrist der Belgian Big Band
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.