Robert C. „Bob“ Tullius (* 7. Dezember 1930 in Rochester) ist ein ehemaliger US-amerikanischer Automobilrennfahrer und Rennstallbesitzer.

Karriere im Motorsport

Tullius erste Rennaktivitäten gab es Anfang der 1960er-Jahre, als der damals knapp 30-Jährige mit seinem privaten Triumph TR3 eine Rennschule besuchte und das Abschlussrennen gewann. Bei den folgenden vier Amateurrennen siegte er zweimal und wurde genauso oft Zweiter. Diese Erfolge eines bis dahin weithin unbekannten Fahrers erweckten die Aufmerksamkeit der damaligen Motorsport- und Triumph-Markenverantwortlichen des US-Ablegers der Triumph-Standard Motor Company. 1962 überließ ihm Triumph einen zum Rennwagen umgebauten TR3, mit dem er Rennen in der SCCA-Sportwagen-Meisterschaft bestritt und gewann. Allerdings wurde das Fahrzeug bei einem Rennunfall erheblich beschädigt, und da er von Triumph keinen weiteren Wagen bekam, musste er das Unfallfahrzeug selbst komplett neu aufbauen.

Die Entscheidung, den Motorsport professionell zu betreiben, fiel 1963. Die vielen Stunden, die Tullius an Rennstrecken und bei der Wartung seines Rennwagens verbrachte, hatten ihm Kritik seines Arbeitgebers eingebracht. Er war im Brotberuf bei Kodak in seinem Heimatort tätig und wurde zu Beginn des Jahres von seinem Vorgesetzten vor die Alternative Kodak oder Autorennen gestellt. Tullius entschied sich für den Rennsport, wobei die Entscheidung durch einen Triumph-Werkvertrag und eine vermögende Familie erleichtert wurde. Im selben Jahr bestritt er sein erstes 12-Stunden-Rennen von Sebring und siegte mit dem Werks-TR4 bei sechs SCCA-Meisterschaftsläufen.

Um sich von Werksinteressen unabhängig zu machen und um mit dem Rennsport auch Geld zu verdienen, gründete er 1965 mit der Group 44 Incorporation ein eigenes Rennteam. Die Zahl ging auf Tullius' erste Startnummer zurück. Für die damalige Zeit war die Group 44 ein innovatives Unternehmen. Neben Tullius gehörten der Techniker Brian Fuerstenau und der New-Yorker-Werbefachmann Dick Gilmartin zum Führungsteam des Unternehmens, die beide auch als Rennfahrer aktiv waren. Neben dem eigenen Rennbetrieb wurden Rennfahrzeuge für Kunden gebaut und als wesentlicher und vor allem Gewinn bringender Teil wurde eine Marketing- und Sponsorabteilung für Fahrzeughersteller und Rennteams etabliert. Als Fahrzeuge kamen neben den Wagen von Triumph fast ausschließlich Modelle der British Leyland Motor Corporation, einschließlich der Marken MG und Jaguar, zum Einsatz. Bei jedem Renneinsatz wurden wenn möglich lokale British-Leyland-Händler eingebunden und über die Jahre liefen fast alle Marketing-Aktivitäten des britischen Unternehmens in den Vereinigten Staaten über die Group 44. Als Sponsor des Rennteams war über mehrere Jahrzehnte die zur Royal Dutch Shell gehörende Schmiermittelunternehmung Quaker State ein Partner des Unternehmens.

Als Fahrer war Tullius bis 1988 aktiv und trat nach seinem letzten 24-Stunden-Rennen von Daytona zurück. Er bestritt nicht weniger als 252 Rennen, von denen er 38 gewann. Dazu kamen 43 Klassensiege. 1965 und 1975 gewann er die Gesamtwertungen der SCCA-Meisterschaften sowie 1977 und 1978 die Gesamtwertungen der Kategorie I der Trans-Am-Serie. Die IMSA-GTP-Serie 1983 beendete er hinter Al Holbert als Meisterschaftszweiter. Dreimal war er beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans am Start, wo er 1985 mit dem 13. Endrang auch die GTP-Klasse gewann. In Sebring erreichte er mit dem vierten Rang ebenfalls 1985 seine beste Platzierung.

Die Group 44 war bis 1990 bei Rennen am Start, dann wurden nach dem endgültigen Auslaufen der Sponsorverträge die Aktivitäten eingestellt. Die Rennmannschaft gewann 14 nationale SCCA-Meisterschaften und drei Trans-Am-Titel. Unter den mehr als 300 Rennsiegen finden sich auch elf Erfolge bei IMSA-GTP-Meisterschaftsläufen. Mit dem Group-44-Jaguar XJR-5 kehrte die britische Sportwagenmarke Mitte der 1980er-Jahre in den internationalen Sportwagensport zurück.

Statistik

Le-Mans-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1964 Standard Triumph Motor Company Triumph Spitfire Michael Rothschild Ausfall Unfall
1968 Howmet Corporation Howmet TX Hugh Dibley Disqualifiziert
1984 Jaguar Group 44 Jaguar XJR-5 Doc Bundy Brian Redman Ausfall Getriebeschaden
1985 Jaguar Group 44 Jaguar XJR-5 Claude Ballot-Léna Chip Robinson Rang 13 und Klassensieg

Sebring-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1963 Standard-Triumph Motor Co. Triumph TR4 Bruce Kellner Lew Spencer Rang 32
1964 Autosport International Alpine M63 Ray Cuomo Ausfall Getriebeschaden
1965 Standard Triumph Inc. Triumph Spitfire Charlie Gates Rang 30
1966 Standard Triumph Motor Co. Triumph TR4A Charlie Gates Ausfall Motorschaden
1968 Leyland Motor Company Triumph TR5K Jim Dittemore Ausfall Aufhängung
1969 Wilton Jowett Chevrolet Camaro Wilton Jowett Rang 45
1970 Bruce Jennings Porsche 911T Bruce Jennings Ausfall Motorschaden
1973 Murray Racing Team Chevrolet Corvette Ike Knupp Ausfall Motorschaden
1980 Group 44 Triumph TR8 Bill Adam Rang 6 und Klassensieg
1981 Group 44 Triumph TR8 Bill Adam Rang 10
1983 Group 44 Jaguar XJR-5 Bill Adam Ausfall Motorschaden
1984 Group 44 Jaguar XJR-5 Doc Bundy Ausfall Zündungsschaden
1985 Group 44 Jaguar XJR-5 Chip Robinson Rang 4
1986 Group 44 Jaguar XJR-7 Chip Robinson Claude Ballot-Léna Ausfall Ölpumpe

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft

Saison Team Rennwagen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
1963 Standard Motor Company Triumph TR4  DAY  SEB  SEB  TAR  SPA  MAI  NÜR  CON  ROS  LEM  MON  WIS  TAV  FRE  CCE  RTT  OVI  NÜR  MON  MON  TDF  BRI
32
1964 Autosport International
Standard Motor Company
Alpine M63
Triumph Spitfire
 DAY  SEB  TAR  MON  SPA  CON  NÜR  ROS  LEM  REI  FRE  CCE  RTT  SIM  NÜR  MON  TDF  BRI  BRI  PAR
DNF DNF
1965 Harley Cunningham
Standard Triumph
Ford Cortina
Triumph Spitfire
 DAY  SEB  BOL  MON  MON  RTT  TAR  SPA  NÜR  MUG  ROS  LEM  REI  BOZ  FRE  CCE  OVI  NÜR  BRI  BRI
DNF 30
1966 Standard Triumph Triumph TR4  DAY  SEB  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  MUG  CCE  HOK  SIM  NÜR  ZEL
DNF
1968 Leyland
Howmet
Triumph TR5
Howmet TX
 DAY  SEB  BRH  MON  TAR  NÜR  SPA  WAT  ZEL  LEM
DNF 12 DNF
1969 Wilton Jowett Chevrolet Camaro  DAY  SEB  BRH  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  WAT  ZEL
45
1970 Toad Hall Racing
Bruce Jennings
Porsche 911  DAY  SEB  BRH  MON  TAR  SPA  NÜR  LEM  WAT  ZEL
DNF DNF 13
1971 John McComb Ford Mustang  BUA  DAY  SEB  BRH  MON  SPA  TAR  NÜR  LEM  ZEL  WAT
DNF
1977 Group 44 Jaguar XJS  DAY  MUG  DIJ  MON  SIL  NÜR  VAL  PER  WAT  EST  LEC  MOS  IMO  SAL  BRH  HOK  VAL
14 3
1978 Group 44 Jaguar XJS  DAY  SEB  MUG  TAL  DIJ  SIL  NÜR  LEM  MIS  DAY  WAT  VAL  ROD
7
1979 NART
JRT
Group 44
Ferrari 512 BB
Triumph TR8
 DAY  SEB  MUG  TAL  DIJ  RIV  SIL  NÜR  LEM  PER  DAY  WAT  SPA  BRH  ROA  VAL  ELS
57 7 6
1980 Group 44
JRT
Triumph TR8  DAY  BRH  SEB  MUG  MON  RIV  SIL  NÜR  LEM  DAY  WAT  SPA  MOS  ROA  VAL  DIJ
52 6 26 8 7
1981 Group 44 Triumph TR8  DAY  SEB  MUG  MON  RIV  SIL  NÜR  LEM  PER  DAY  WAT  SPA  MOS  ROA  BRH
10
1984 Group 44 Jaguar XJR-5  MON  SIL  LEM  NÜR  BRH  MOS  SPA  IMO  FUJ  KYA  SAN
DNF
1985 Group 44 Jaguar XJR-5  MUG  MON  SIL  LEM  HOK  MOS  SPA  BRH  FUJ  SEL
13

Literatur

  • Ken Breslauer: Sebring. The official History of America's Great Sports Car Race. David Bull, Cambridge MA 1995, ISBN 0-9649722-0-4.
  • Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.
Commons: Bob Tullius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Brian Fuerstenau bei Racing Sports Cars
  2. Dick Gilmartin bei Racing Sports Cars
  3. IMSA-GTP-Serie 1983
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