Polen

Polen - das Land der unbegrenzten Möglichkeiten - für den, der genug Geduld hat. Dabei wird es nicht vom schnöden Mammon regiert, sondern ist bestimmt durch den Zusammenhalt seiner Bevölkerung. Auch wenn sie mit Forken aufeinander losgingen, ist es immer augenzwinkernd zu verstehen gewesen und der wahre Groll galt immer nur den jeweils Herrschenden. Bewegt durch seine wechselvolle Geschichte ließ das Volk sich selten durch schicke Uniformen oder verheißungsvolle Ländereien im Osten bestechen, allenfalls bei der Lebensmittelausgabe - wenn man hinter dem Tresen stand. Augenzwinkernd - denn das Geld war eh nichts wert.

Hort der Vorurteile
Facetten(augen) der Nachbarschaft Diaspora Vivat Polonia
HAFTUNGSAUSSCHLUSS!
Gerade Satire wird immer wieder durch Vorurteile, Verallgemeinerungen, Rundumschläge, Übertreibungen und sogar krasse Lügen verunstaltet, verwischt und daher in ihr Gegenteil, also die Realität, verkehrt. Die Autoren verwahren sich gegen jede Kritik, das Thema unobjektiv angegangen zu sein und haben es jedenfalls versucht, dabei die Mitte zu treffen. Ehrlich! Und wie!!



Die Kaczyński Brüder verewigten sich auf Polens Nationalflagge.
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Hort der Vorurteile

Polen ist wohl eines der Länder Europas, das schlecht organisiert mit seinen extrem orthodox katholischen Bewohnern neben einer chronischen Versoffenheit aller über 16jährigen, einer großen technischen Rückständigkeit, einer hohen Kriminalitätsrate unter einer fast schon erdrückenden Last von Vorurteilen existieren muss. Man braucht gar nicht verstohlen über die mittlerweile bundesdeutsch-polnische Grenze zu blicken, um zu gewahren, dass diese vollkommen unbegründet bzw. genauso begründet sind, wie in allen anderen namensgebenden Ländern des ehemaligen Warschauer Pakts auch. Denn nüchtern betrachtet, obgleich dies bei der gemeinsam erlebten Geschichte nicht leicht fällt, schlägt einem ein heißer Atem dieser Vorverurteilungen zwar aus einer Monate oder gar Jahre zurückliegenden Stereotypie von Ereignissen oder Unzulänglichkeiten entgegen; diese hätten mittlerweile aber längst neuen Vorurteilen Platz machen müssen.

Facetten(augen) der Nachbarschaft

Polen ist klein, aber aus Sicht seiner Einwohner leicht zu finden: Es liegt in der Mitte des Universums.

Dabei bleibt man doch gern bei alten Mustern, zumal die Stationen bei der mitteleuropäischen, gar nicht stillen Post durch den Wegfall der außer im Sport sehr rückständigen DDR deutlich verringert wurden. Da es nach dem Wiedervereinigungstrubel und bundesdeutschen Restaurierungs-Milliarden bald nichts mehr über Trabbis, Schokoladenersatz und Ostzonen-Fernseher zu lachen gab, verlagerte sich die geballte Ladung des deutschen Spotts auf Polen mit einer entsprechend statischen Entwicklung auch der Vorurteile auf beiden Seiten.
Falls wirklich eine gewisse technische oder wirtschaftliche Zurückgebliebenheit in Polen festzustellen ist, hat diese viele Gründe. Genauso vielfältig, warum Schlägerkappen tragende Schnauzbartfetischisten z. B. in Krakau drei Mal je Woche in die Kirche gehen. Politisch richtig ausgedrückt, ist dies auch, aber eben nicht typisch polnisch, außer die Trinksprüche danach vielleicht.

Es scheint aber nicht so ernst um die Entfremdung der Polen in der europäischen Nachbarschaft bestellt zu sein, denn auch die Vorurteile an sich können zu Alkoholismus, zu zeitlichen Verzögerungen, von den Lebensmittelmarken über eine nicht funktionierende Währung in eine Währungsunion oder von der Nutzung von Pferdepflugscharen über 20-PS-Traktoren, zu subventionierten Schleppern und schließlich zu Urlaub auf dem Bauernhof führen. Dass andere fast überall früher viel weiter waren, wurde überhaupt bisher mit der Genugtuung an den Entwicklungssprüngen an sich kompensiert, die relational gesehen immer viel größer als anderswo ausfielen, weil die Grundwerte kleiner waren.

Außerdem mussten die anderen Länder früher ja auch durch solche ®evolutionäre Phasen schreiten. Vielleicht waren deren landwirtschaftlich genutzte Pferdefuhrwerke, die übers Kopfsteinpflaster ruckelten, ja schneller und ausdauernder, aber angekommen in der Neuzeit ist man hier ja auch. Überhaupt kann man ja nicht alles gleich gut können und solange man nicht letzter wird, reicht es noch aus.

„Noch ist Polen nicht verloren“ singt man deshalb in der Nationalhymne, weil man weiß, dass alles gut werden wird – irgendwann, nur etwas später. Vielleicht ist das die Ureigenschaft der polnischen Seele – Gelassenheit, die allzu leicht mit Trägheit verwechselt wird.

Diaspora

Gdy się człowiek śpieszy, to się diabeł cieszy. "Auf schnelle Fragen gib langsam Antwort" ist eines der am häufigsten genutzten Sprichworte Polens. Nun sollte man sich natürlich schnell die Frage stellen, woraus die polnische Gelassenheit resultiert. Anschließend muss man sich dann aber auf eine sehr lange Wartezeit bis zur Beantwortung einstellen. Polen sind, bedingt durch die gemächliche Art, sich dem Westen zu nähern, grundsätzlich etwas behäbig. Wem dies zu langsam ist oder wer sich schneller als der Durchschnitt bewegt, wird in Polen nicht glücklich. Er verlässt seine Heimat, wird ausgewiesen oder per Gefangenschaft ins ferne Ausland gebracht. Hier angekommen, sind Polen zwar immer noch schneller als die in den heimischen Gefilden Zurückgebliebenen, aber wieder langsamer als der Durchschnitt der neuen Heimat.

So finden sich die Spezies „schnelle Polen“ rund um den Erdball verteilt. Sie leben autark in eigenen Gemeinden, grenzen sich von den Einheimischen ab und verehren aus der Ferne ihre alte Heimat. Gebräuche, Rituale und modische Errungenschaften (Schiebermütze, Kopftuch) werden in den ausländischen Siedlungen bewusst weitergelebt. Veränderungen sind der Polen Sache nicht. Schnelle schon gar nicht. Also hört man sie überall in der Welt, in der es Wodka zu kaufen gibt, nächtens laut singen: „Noch ist Polen nicht verloren, solang Kartoffeln werden vergoren...“

Vivat Polonia

Die Ausbreitung der polnischen Bevölkerung ist noch nicht abgeschlossen. Noch immer verlassen Polen ihre Heimat, die meisten, weil sie seit dem EU-Beitritt die Möglichkeit hatten, fremde Länder per Urlaub zu erkunden, dort aber zu langsam waren, um die sie heimbringenden Transportmittel zu erreichen. Sie blieben am Urlaubsort und wurden dort sesshaft.

Auch in der neuen Heimat pflanzten sich Polen weiter fort und der Nachwuchs, der nie polnischen Boden betreten hat, darf sich polnischer Herkunft rühmen. Für diese Ethnie wurde ein eigener Begriff gebildet: Polonia. Unter diesem Sammelbegriff finden sich alle Menschen ein, die polnische Wurzeln haben, Polen aber nur aus dem Fernseher kennen. Für sie richtete die VR Polen eine General-Amnestie ein, falls sie wieder in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkommen wollen. Diesem Umstand verdankt Polen eine Zunahme von jungen, meist männlichen Heranwachsenden, sowie eine auffallend hohe Zahl westlicher Nobel-Karossen.

Außerdem sind viele im Norden Polens lebende Menschen zum Nordpol ausgezogen, wo sie bis heute immer noch Nordpolen genannt werden. Selbiges gilt für den Südpol und Südpolen. Ein berühmter Vertreter der Nordpolen ist Nikolaus, ein Einbrecher in rotem Mantel und mit langen weißen Haaren.

Geographie
Die geologische Westverschiebung Gebirge Gewässer Geofazit
Flora und Fauna Bedeutende Verkehrswege Klima Bodennutzung

Geographie

Die geologische Westverschiebung

Polen ist eine Insel. Sie liegt auf der sog. Großen polnischen Platte (Plyta polski ziemi), die ihre Koordinaten nicht tektonisch, sondern durch Rutschen verändert. Die unterirdische sibirische Kaltfront sorgte für eine meterdicke Eisschicht an der Erdkruste. Durch Müllsedimentation formte sich darauf eine Platte, die sich in der Zeitstufe des Quartärs zunehmend verdichtete und urbar wurde. Das Tektogen Polen bildete eine Isolierschicht zwischen Himmel und Erdinneren, in dessen Zwischenschichten das sibirische Eis nicht auftauen konnte. Auf diesem Perma-Eis wandert die Platte, die ihren Ursprung am Ural hatte, Richtung Westen.

Sie nahm bei ihrer Wanderung keine Rücksicht auf Grenzverläufe, weder natürliche, noch vom Menschen gemachte, und rutscht in bedrohliche Nähe zum europäischen Zentralgebiet. Während die Frühbewohner der Region nur ihren Müll hinterließen und dann das Weite suchten, wurde hier später eine andere Ethnie heimisch: Slaven, die zwar ihre Nomadentätigkeit nicht aufgaben, aber zu faul waren, sich dafür selbst zu bewegen. Sie nutzten die Wanderbewegung der Polnischen Platte als Instrument der Fortbewegung und ebneten so den Pfad vom Ural zur Ostseeküste, wo die Polnische Platte im Meer versinkt. Bekannte Atlantis-Forscher wie der Krakauer Pjotr Marnotrawca unterstellen noch heute, Atlantis sei eigentlich Polen und erheben schon vorsorglich Besitzansprüche, falls Atlantis einmal gefunden werden sollte.

Gebirge

Einer der Gipfel des "Riesengebirges" (gleich hinter dem vorderen tschechischen Hügel)

Auf ihrem Westfeldzug schob die Große polnische Platte Gesteins- und Müllmengen vor sich her. So erklärt sich, dass die meisten Mittelgebirgsformationen an den Rändern Polens liegen. Diese später als imperialistische Schutzwälle bezeichneten natürlichen Abgrenzungen führten zur Isolation und zu Kontaktschwierigkeiten mit den Nachbarstaaten. Erschwerend kam hinzu, dass in den Bergwäldern Karpatenwölfe, Braunbären und Sudetendeutsche lebten, die die Überquerung der Gebirgszüge zu einem waghalsigen und lebensgefährlichen Abenteuer machten.

Zu den wichtigsten Gebirgen gehören die Karpaten, das Riesengebirge, die Sudeten und die Schneekoppe mit dem Müsliverpackungsberg als höchste Erhebung. Die Bezeichnung "Riesengebirge" für das Gebirge im Grenzland zwischen Tschechien und Polen, hat seinen Grund in der Kleinwüchsigkeit der ersten Besteiger und ist auch aus der Relation zu den Höhen anderer polnischer Gebirge zu verstehen, nach der 1602 m schon relativ "riesig" sind.

Gewässer

Polen seien nahe am Wasser gebaut, heißt es und zielt auf die Tatsache, dass Polen umrandet ist von Flüssen, Seen-Platten und der Ostsee. Ihre enge Verbundenheit zum nassen Element drücken die Polen durch die Bezeichnung matuchna woda (Mütterchen Wasser) aus. Diese tieftraurige Tatsache veranlasste international arbeitende Musiker, daraus die Mutter aller Bluesstücke (Muddy Water) zu komponieren. Blues, Depressionen, Aqua-Suizid und Polen sind daher immer untrennbar in einem letzten Atemzug zu nennen.

Zu den größten Gewässern gehören das Mare Baltikum, das in grober Selbstüberschätzung von den Polen auch als Polnisches Nordmeer bezeichnet wird, die Masurische Seen-Platte und die Weichsel, die als Lebensader Polens gilt. Allen Gewässern ist gemein, dass sie, zum Teil sogar unterirdisch, miteinander verbunden sind und somit weltweit die größte zusammenhängende Wasserfläche neben den Ozeanen darstellt.

Geofazit

Polen liegt auf einer geologischen Platte, besitzt Gebirge und hohe Berge, weist Küsten aus und beherbergt Seenlandschaften. Somit unterscheidet sich Polen kaum von Afrika. Größenverhältnisse außer Acht lassend, besagt ein polnisches Sprichwort: „Polen ist das Afrika Europas.“ Polen bittet seit Jahren vergeblich bei der europäischen Union um die Baugenehmigung einer echten Sandwüste, da neben dem Papstbesuch das Erlebnis Fata Morgana für jeden Polen das Höchste aller Glücksgefühle darstellt. Doch noch muss dieses freundliche Volk auf dieses Ereignis warten. Die EU hat zur Zeit kein Verständnis Geld für derart gewagte Bauvorhaben.

Nationaltier

Die Polnische Fluchente ist nicht nur das Nationaltier der Polen, sie wirkt auch völkerverbindend, da Nicht-Polen diese stolzen Tiere ebenfalls verehren und für gewöhnlich in der Bratpfanne zeremoniell beisetzen. Fluchenten gelten demnach als polnisches National-Heiligtum, diplomatische Vertreter und Botschafter des guten Geschmacks.

Wisent, Wolf & Co.

Ja, fast ausgestorben und wieder da - damit hielten auch bewegungsunfähige Exemplare für parkinsonkranke Revierförster und Seniorjagdpächter wieder Einzug in polnische Wälder. Einzig die "Tarnfarbe" bleibt noch eine Herausforderung bei den Schiessübungen und der Ärger, wenn sie nicht umfallen.

Der Bison - neben einigen Gouverneuren - als freilaufende Relikte amerikanischer Wildwest-Szenarien findet in der gedrungenen Wald- und Wiesenvariante als Wisent sein Pendant. Er ist Ausdruck nicht nur rein tierschützerischer Bemühungen, eine fast ausgestorbene Tierart in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder anzusiedeln oder die Befriedigung des Neides auf amerikanische Westernfilme, sondern im besonderen ein Rad im Getriebe einer sich selbst überlassenen Wald- und Wiesenwirtschaft. Böse Zungen behaupteten indes, dass er nur wegen der polnischen Vorliebe für den berühmten Bisongras-Wodka wieder ausgewildert wurde und weil man sich in diesem Zusammenhang teure US-amerikanische Importe der Vierbeiner nicht leisten konnte.

Es ist aber auch nicht nur polnische Gelassenheit, die dazu geführt hat, den Wildbestand hegende Raubtiere wie Luchs, Wolf oder Braunbär in den letzten Urwäldern Mitteleuropas finden zu können: "Warum etwas ändern, solange es funktioniert?" Man denkt auch an die potentiellen Einnahmen aus dem immer populärer werdenden Naturtourismus: wo man anderswo bereits beim Ausbeuten von Erdölreserven eine Bilanz zwischen Kosten und Nutzen der Umweltverschmutzung aufmacht, lacht man sich hier ins Fäustchen und sieht sich als künftiges Kanada des Ostens, höchstens gespickt mit ein paar wenigen Gaspipelines, die man auch verbuddeln kann - wenn keine Gedenkstätte im Weg ist.

Aussicht Ausblick

Allen modernen Tendenzen zum Trotz kann diese Rechnung aufgehen, so dass man dereinst solche Streifen wie "Der mit dem Wolf tanzt" lebensecht im eigenen Land drehen kann. So wäre der Held dann kein von der Bürgerkriegsarmee vergessener Nordstaatler, sondern ein von der Roten Armee vergessener Pole, der statt beherrscht von wüstenartigen Fata Morganas vom Wodka benebelt mit einem echten Wolf tanzt, um ihm das Fell über die Ohren zu ziehen und in den grundsätzlich feindlich gesinnten Sudetendeutschen neue Freunde findet, mit denen er schließlich im Riesengebirge verschwindet.

Das polnische Straßennetz

Noch ist das offizielle Soll an erforderlichen Autobahnen, um das Auto für Fluggäste wieder attraktiver als das Flugzeug zu machen, nicht erreicht.

Polen hat verkehrstechnisch bis auf gewisse gut von ausländischen Männern frequentierte Bezirke an seiner Westgrenze viel vom Wesen der trutzigen selbstbewussten Bewohner übernommen: es ist meist recht unzugänglich. Man plagte sich auch im Zuge der Anschlussbemühungen zur EU, so dass man genug Unkraut auf Autobahn-Mittelstreifen jätete, hochklappbare Bürgersteige und die mit Ständern hingestellten Laternen dauerhaft installierte, was jedoch in Stadtteilen mit einer angeratenen Mindestgeschwindigkeit wie etwa durch die Satellitenviertel Katowices und Danzigs recht mühsam war. Es war wie bei einer Baumarkt-Neueröffnung: auf den Tag genau hatte man alles offensichtlich hergerichtet: Im Verkaufsraum schreiten die Honoratioren durch klinisch saubere, aufgeräumte und moderne Hallen und freuen sich über die Umsätze, während im Lager Unrat bis zur Decke gestapelt wird. Soweit kommt man aber als Außenstehender eh nie und bleibt verborgen.

Immerhin hat Polen im Zuge der Anpassung an europäische Standards offiziell festgestellt, dass man deutlich zu wenig Autobahnen habe - wohl auch, um als Reformwilliger mehr Zeit und Geld für die Reformen zu bekommen. Tatsächlich herrscht jedoch keineswegs eine Notsituation, da der deutliche Anstieg der behördlich gemeldeten Fahrzeuge das kaum gewachsene Netz an Hauptverkehrsstraßen nicht belastet: Der größte Teil ist meist (noch) im Ausland unterwegs. Leider gibt es derzeit keinerlei Aufzeichnungen über im Ausland registrierte Fahrzeuge, die nun im Inland geführt werden.

Die meisten polnischen Hauptverkehrsstraßen sind nur mit entsprechendem Wissen ohne größeren Schaden an der Aufhängung und dem Chassis zu befahren, wenn dies gemessen am Allgemeinzustand des Fahrzeugs überhaupt noch wichtig sein sollte. Denn auch das Auto ist passives Ziel polnischer Gelassenheit und wird nur allzu gern sich selbst überlassen, bis es zügig in Schönheit an den "Zivilisationskrankheiten" typisch westlicher Produktion stirbt oder falls es sich um ein osteuropäisches Fabrikat wie Skoda oder Lada handelt, dieses gegen eine begehrte westdeutsche Marke ausgetauscht wird (s.o.).

Straßenhelfer

Weichsel- und/oder Oderhochwasser

Auch wenn einem das Wasser bis zum Hals steht - im Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes

Da es zum Teil erhebliche Probleme gibt, kleinere Ortschaften an ein Straßennetz anzubinden und nicht selten - abgesehen von Feldwegen und Laufpfaden - gar keines existiert, wird das jährliche Hochwasser dankbar angenommen, um endlich in adäquater Zeit z. B. von Słubice nach Frankfurt/Oder oder von Dobrzyń nad Wisłą nach Włocławek zu reisen.

Daher zählen die regelmäßigen Hochwasser der bedeutendsten polnischen Ströme, Oder und Weichsel, die ganze Landstriche unter Wasser setzen, unfreiwillig zu den wichtigsten Verkehrswegen Polens. Trotzdem wird davon abgeraten, in dieser Zeit den alten Witz "Was ist tiefer - Tasse oder Teller?" zu bringen, es sei denn, man möchte erst nach zurückgehendem Hochwasser entdeckt werden.

Flug vs. Autofahrt

Es gibt zahlreiche polnische Fluglinien, die nicht nur sehr hübsche Stewardessen, sondern aufgrund der oft widrigen Sicht- und Wetterbedingungen die fähigsten Piloten Europas beschäftigen, weil sie einfach nicht aus der Übung kommen können.

Der Flug ist bei Reisen nach und durch Polen immer noch die effizientere Methode, wenn es denn in 100 km Umkreis einen Flugplatz gibt und für das weiträumige Umfliegen vernebelter Industriebereiche wie den von Łódź, Warschau etc. genug Sprit an Bord ist. Muss man tatsächlich dorthin, ist ein landeskundiger Taxifahrer mit russischem Automodell oder ein so genannter Überlandbus nicht die schlechteste alternative Wahl, wenn man denn karten- und/oder trinkspielresistent ist und den Taxifahrer vorher bezahlt hat.

Klima

Die Navigation in Richtung Polen gelingt nur unter Laborbedingungen einwandfrei - in der freien Natur nur unter den Rahmenbedingungen abgasfreie Luft und durchlöcherte Atmosphäre, die man nur an den Polen antrifft.
Will man sich nicht auf Karten verlassen, müssen schon stärkere Geschütze aufgefahren werden - dachte man sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder....

Das Besondere an Polens Klima ist, dass es nichts Besonderes herauszustellen gibt. Ihm fehlt das prägnant Eisige nördlicher Polarregionen und der Permafrost östlicher gelegener Gebiete. Statt klar und klirrend kalt ist es hier meist nur grau und scheiße kalt. Da die Winter doch Temperaturen von unter -20°C bringen können, kann man sich wenigstens einige Zeit über zugefronene Seen freuen, denn davon gibt es in Polen an jeder Ecke einen.

Der Frühling wird so lange in der kalten Faust des Winters gehalten, bis er spät, auf wenige Tage reduziert, als Rudiment die Pforten des Sommers meist mit lauwarmen Regengüssen aufstößt. So sitzt man im Frühling, fast Sommer, aber gefühltem Winter statt mit Weißbier plus Zitronenscheibe in einem Biergarten, halb erfroren vor einer Flasche Wodka im Wintergarten und schaut ins Regenwetter hinaus.

Hitze ist hier anders definiert: hier ist sie einfach nur lau. So wärmt einen zumindest die Vorstellung des kalendarisch eingetretenen Sommers als Idol im Herzen. Im Zweifel flaniert man eben mit Pullover und entsprechender Unterwäsche in festem Schuhwerk durch die Städte, ein paar Wochen, bis man den meteorologischen Herbst bzw. das Ende Sommers bzw. den Anfang des Winters gewahrt, dann, wenn es einfach nicht mehr warm wird.

Echte Herbstmomente bleiben Momente, weil man, gehetzt von den Unwägbarkeiten zwischen nasser, verregneter lauer Kälte und frühem Schnee in Zeitnot gerät, rechtzeitig die Ernte einbringen zu müssen. Viele "Erfriertipps" für Gemüse, bspw. der Rat, dass Rosenkohl erst richtig gut schmecke, wenn er einmal angefroren war, stammen ursprünglich aus polnischen Küchen, aus Trotz oder einer Anfreundung mit diesem meteorologischen Schicksal heraus formuliert.

So hat Polen von allen Bestandteilen eines mitteleuropäischen Mischklimas etwas, nur meist das schlechtere "Ende". Polnische Wetterberichte lassen sich denn auch auf eine einfache Formel bringen: es ist nicht warm oder es ist kalt und regnet oder es ist kalt und schneit oder es ist trocken kalt.

Neidisch schaut man auf die oft verhöhnten russischen Nachbarn, die wenigstens einen anständigen Winter mit durchschnittlich vier Monate lang zugefrorenen Wasserleitungen für die Klempnerzunft und mit vereisten bewegungsunfähigen Fußgängerzonenmusikern für das Gemüt aufwarten können, während man selbst nur Schneewehen oder ein halbgares Wetterleuchten bieten kann.

Bodennutzung

Polen ist, obwohl es sich früh an industrielle Standards anzulehnen trachtete, immer noch ein stark landwirtschaftlich genutztes Land. Der Boden ist nämlich gut und mit den ihn bearbeitenden Menschen langsam gereift. Er gedeiht so gut, weil er sich keinem großen Stress mit Gen-Sämereien und optimierten Düngemitteln aussetzen lässt und genug Zeit auch gerade dann bekommt, wenn man keine hat.

Auch die herbstliche Zeitnot stählt das Nervenkostüm und bewirkt letztlich nur eine umso größere Gelassenheit, weil man das Wetter sowieso nicht ändern kann. Gut Ding will Weile haben, so sind trotz oder gerade wegen dieser Haltung regelmäßige Ernten und auch die Kader landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschafteneinheiten gewachsen.

Geschichte und Politik
Erste polnische Emigrationswelle Teilungen und Gründung Erneute Spaltungen Ein kapitulierender Held
Adel verpflichtet Noch ein Held - Geteiltes Leid, halbes Leid? Kodeks cywilny Das Völkerschlachtfest
Unverhofft kommt oft Das Wunder an der Weichsel (Cud nad Wisłą) Zwischen zwei Mächten hin- und hergerissen Russische Besatzung bis zur Perestroika
Politischer Verrat Solidarnosc

Geschichte und Politik

Polens Selbständigkeit definierte sich noch nie außenpolitisch, sondern ließ sich schon seit jeher an der Autarkie von klimatischen Interessen der Besatzer außer der als Verbannungszone bestimmen, wenn es nicht als Transitstrecke für durchziehende germanische Stämme, wie die der Goten, Vagabunden und Burgunder diente.

Erste polnische Emigrationswelle

Obwohl Polen als sehr heimatverbunden gelten, kam es bereits 876 zu einer ersten Ausreisewelle. Der Landwirt Tzcysikowsz bss Dannimanski bearbeitete seine am Rande Polens liegende Parzelle, stürzte unglücklich und fiel von der Polnischen Platte. Aus eigenen Kräften schaffte er es nicht mehr, sich aufs sichere Festland zu ziehen. Seine zur Hilfe gerufenen Knechte und Mägde, die ihn zu retten versuchten, erlitten das gleiche Schicksal. Da an eine Rückkehr ins polnische Reich nicht zu denken war, mussten sie tatenlos zusehen, wie sich die polnische Platte westwärts entfernte. Die Colonia Dannimanski, wie sie später von Historikern bezeichnet wurden, war die erste polnische Siedlung außerhalb Polens und wird noch heute in vielen Helden-Epen und Liedern verehrt.

Später folgten dann diverse Eroberungsversuche benachbarter Staaten. Polen erwies sich als resistent gegenüber allen Angriffen, jedoch ließ sich dass polnische Volk leicht fangen, da es meist nur rumstand und die feindlichen, fremdartigen Armeen anstarrte. Die Polen waren daher willkommene Beute der Krieger und wurden als Trophäen in die Fremde geschleppt. Später reisten dann Freunde und Familienmitglieder hinterher, was mitunter zu Ausreisewellen der Inländer führte und die polnische Pandemie nahm ihren Lauf.

Teilungen und Gründung

Dabei kam es zwangsläufig auch immer wieder zu Teilen von Volksgruppen, die in diesem wilden Land verharrten und dort ansiedeln mussten, weil sie zu krank, zu alt oder zu schwach für eine Weiterreise waren. Sie stellten so ein aberwitziges Pendant zu den bekannteren Kreuzzügen in nahöstliche klimatisch begünstigte Feriengebiete etwa zur gleichen Zeit dar. Während die klassischen Kreuzfahrer also allein Wert auf Angriffstaktiken und Gottvertrauen legten, um dann unter warmer Sonne den Heiland feiern zu können, rieb man sich im damaligen Polen mit alkoholisch imprägnierten Kräutern ein, weil man es im Kreuz hatte. Die Christianisierung setzte sich aber auch hier durch, nur etwas langsamer und war dann aber umso dauerhafter.

Doch konnte man trotz Vorruhestand und Gottesglauben nicht dem Schicksal einer klammen Bodenschatzkammer entgehen und wurde oft Ziel selbständiger Stämme, die da ernteten, wo vorher schon nicht gesät werden konnte. So wie z.B während der Wikingerzüge, die vor der Jahrtausendwende das Land ins Chaos stürzten. Dies geschah regelmäßig dann, wenn die Nordmänner sich wahlweise von den Kriegen in Germanien oder England in den ihnen südlich anmutenden Gefilden auch kämpferisch zu erholen trachteten, wenn sich die zuvor Bekriegten wieder einmal vom letzten Schlag erholen mussten. Die drei-Schlachtfelder-Wirtschaft war damals noch unbekannt, aber Abenteuerurlaub noch sehr preiswert. So ist die Geschichte Polens schon früh durch heldenhaften, aber vergeblichen Kampf und zeitnaher unauffälliger Unterordnung bestimmt gewesen. Nach der offiziellen Gründung Polens um das Jahr 1000 trachtete man so wenigstens nach formal geordneten Verhältnissen durch ein Bündnis mit dem Hl. Römischen Reich, ein Bestreben, das sich in anderem Gewand in Form des EU-Beitritts 1000 Jahre später wiederholen sollte.

Erneute Spaltungen

Um die erste Jahrtausendwende schien Polen bereits verloren, denn das Geschlecht der Piasten übernahm die Regentschaft des Kleinstaates und vermochte ihn innerhalb von nur drei Jahrhunderten in viele, sich gegenseitig verfeindete Kleinststaaten zu verwandeln. Bürgerkriege, Speichelleckereien und Korruption waren an der Tagesordnung und die polnische Bevölkerung wusste nie genau, von wem sie eigentlich regiert wurde.

Die schlesischen Piasten – Das Geschlecht der Spalter

Boreslaw III inmitten seiner Söhne. Er verstand es nicht nur, Polen gerecht unter ihnen aufzuteilen, er legte damit auch den Grundstein für die perfekte Zerschlagung eines Staates. Hut ab.

Dies hatte den Ursprung in der Erbregelung des Herrschers Boleslaw III Schiefmund, da er keinem seiner Söhne soweit traute, einem allein die Herrschaft für das große Land anzuvertrauen. Diese Juniorpolitiker erhielten damit zwar Laborbedingungen wie Chemiker - diesmal aber mit einem Stück Land - nach Herzenslust herum experimentieren, ohne aber alles kaputtmachen zu können. Aber diese Teilung des Staates in einige kleinere Parzellen mit Schrebergartenoptik stellte auf der anderen Seite eine enorme Schwächung des Landes insgesamt dar. Von dem Vorbildcharakter gegenüber dem Europa des 18. Jahrhunderts bereits Erfahrung mit einer Menge an Satellitenstaaten gemacht zu haben, konnte man sich wahrlich nichts kaufen.

Charakteristisches Wahrzeichen eines echten Piasten ist ein auffälliger Name, der frei von Eitelkeiten auf die Wesensmerkmale eines Stammesfürsten hinweist. Die polnischen Bauern nahmen es gelassen und mit Humor, auch wenn sie sich mitunter schämten, den Namen ihres Herrschers auszusprechen. Zu ihnen gehörten:

  • Bolesław III. Schiefmund, 1102–1138
  • Władysław II. der Vertriebene, Herzog 1138–1146
  • Bolesław IV. der Kraushaarige, Herzog 1146–1173
  • Mieszko III. der Alte, Derrick 1173–1177, 1198–1202
  • Władysław III. Dünnbein, Herzog 1202–1206, 1228–1229
  • Mieszko I. Kreuzbein, Herzog 1210–1211
  • Konrad I. Steißbein, Herzog 1212-1218
  • Bolesław V. der Schamhafte, Herzog 1243–1279
  • Władysław IV. (I.) Ellenlang, Herzog 1306–1320, König 1320–1333
  • Konrad II aus der kujauischen Linie, die 1388 ausstarb bzw. dabei erwischt wurde, wie sie versuchte, durch Urkundenmanipulation den Herrschaftsanspruch Schlesiens an sich zu reißen.

Ziel der piastinischen Kleinkrämerei, Polen in immer kleinere Einheiten einzuteilen und in Schrebergarten-Parzellen zu verwandeln, war die zwangsweise Erwähnung eines jeden Familienmitglieds als Herrscher in den Geschichtsbüchern. Beendet wurde der Spuk durch die Přemysliden, die von Böhmen aus die Polen einigen und mähren wollten. Doch dieser ehrenwerte Ansatz scheiterte an der Sturheit der polnischen Kleinbauern, die befürchteten, jetzt noch mehr Zölle bezahlen zu müssen und so blieb Polen das Land der geteilten Meinungen.

Die Erkenntnis, dass es sich lohnt, einen Staat zu zersplittern, machten dann andere, aber eben mit Polen. Es fehlte noch der durch stacheldrahtbekränzte Mauern angekurbelte Verzicht als Ausgangsbasis für den Automatismus, dass das zusammenwächst, was zusammen gehört. So waren innere Grenzen nicht stark genug, um gespaltene Volksgruppen schneller wieder in eine Einigung zu treiben und der Atem nicht lang genug, um dauerhaft zusammenfinden zu können.

Erst im 14. Jahrhundert gab es wieder ein starkes Herrscherhaus, angeführt von Wladyslaw I. Ellenlang, das nicht zuletzt durch geschickte Heiraten Polen für einen längeren Zeitraum zu einigen wusste. Endlich hatte man gelernt, dass wahre Macht eben erst dann möglich ist, wenn man aus Gegnern Schwiegermütter und Schwäger macht. Oder auch nicht. Denn so sehr man der Verführung durch die außenpolitischen Vorzüge einer starken Einheit wie der einer diesmal komfortablen Kriegsführungsmaschinerie gegen schon immer argwöhnisch beäugte schwedische, osmanische, preußische und russische Nachbarn erlegen war, so schlecht konnte man sich vor Dissidenten, die im Innern gegen die Autorität des Staates ankämpften, wehren.

Nicht blecherne Panzer, aber Steine werfende Demonstranten, säbelschwingende Krimtataren und versoffene Kosaken sorgten für immer größere Unruhen. "So kehre erst vor dem eigenen Tor, da ist Dreck genug davor" sagt ein polnisches Sprichwort, vorausgesetzt, man kommt vor die eigene Haustür. Als wenn das noch nicht genug gewesen wäre, kam Ende des 15. Jahrhunderts auch noch ein mächtiger türkischer Sultans, Bayezid II., als Türsteher des osmanischen Reiches hinzu, der sein Etablissement vergrößern wollte. Von wegen "Du kommst hier nicht rein". Es war also die Zeit für einen Helden gekommen, aber der sollte erst über hundert Jahre später gefunden werden.

Ein kapitulierender Held

Aus gutem Grund sind in Polen viele Denkmäler mobil, werden je nach Bedarf tagsüber eingesetzt und abends in Garagen geparkt. Ein Blick auf die Rückseite verrät den mobilen Charakter. (Hinweis: Figur kann abgenommen werden!)

"Neid muss man sich erarbeiten, einen Nationalhelden bekommt man irgendwann geschenkt" war schließlich die Erkenntnis aus diesen unruhigen Zeiten. Dabei sind polnische Nationalhelden aus einem anderen Holz geschnitzt. Man lernte zu beachten, dass eine Heldentat als Auswuchs nicht unbedingt ein späteres Reiterstandbild mit erhobenem Schwert in mindestens 25 m Höhe mit sich bringen musste, sondern es als Unterschiedsbetrag zu definieren, was man ohne diesen Akt gehabt hätte: Wenn die Alternative eine ruchlose Niederlage gewesen wäre, ist eine ehrenvolle Kapitulation durchaus eine Heldentat.

So bei Stefan Czarniecki, der durch große Geduld und Nehmerqualitäten die belagernden Schweden 1655 in die Verzweiflung und zur Einwilligung in die polnische Kapitulation brachte. Gott allein weiß nur, wie er es geschafft hatte, seine in Krakau eingeschlossene Truppe ohne einen Happen zu essen zwei Monate bei Laune zu halten. Diese Ausdauer versetzte ihn schließlich in die Lage, mit seinem König in dessen Hauptstadt zu ziehen. Doch auch er war nicht vor dem Schicksal einer jeden Ziehmutter gefeit, dass das verhätschelte Kind leichtsinnig wurde und abermals Schlachten anzettelte, weil der Vorrat an diesen schicken geschnitzten Holzfigürchen und osteuropäischen Spielfeldkarten zur Neige gegangen war.

Er musste deshalb unter vielen Mühen den König in eine Art betreutes Wohnen nach Warschau eingliedern, bis er sich ohne lästig gewordenen Anhang den mittlerweile eingefallenen Russen und Kosaken widmen konnte. Selbst dieser stressige Job bringt aber nur dann Lorbeeren, wenn man auch früh stirbt. Czarniewskis Bewunderer wussten jedoch auch sein eigentlich für damalige Verhältnisse gesegnetes Alter, dass er ohne den kindischen König erreichen konnte, in das passende tragische Licht zu rücken: Ohne diese Schußverletzung hätte er statt 66, ja noch über 90 Jahre alt werden können und die kleine Erwähnung in der polnischen Hymne tat ihr übriges.

Adel verpflichtet

Die bereits seit 1569 bestehende Adelsrepublik unter den Partnern Polen und Litauen glänzte im 17. Jahrhundert immer stärker durch Beschlussunfähigkeit der Beteiligten. Über 27 Jahre hinweg wurde durch das Einstimmigkeitsprinzip jegliches Gesetz verhindert und stärkte aber wenigstens die Uneinigkeit, weil kein beteiligter Adeliger mit seinen monarchischen Genen auf sein Veto verzichten konnte. Zu spät erkannte man, dass die einstimmige Entscheidung zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips eindeutig die wichtigste gewesen wäre. Die logische Konsequenz war dann, dass andere die Entscheidungen fällten, diesmal waren es vor allem Preußen und Russland. Letzteres setzte einen konformen König ein und übte sich im Augsburger Warschauer Puppenspiel.

Da jedoch die Marionettenfäden immer wieder rissen und sich der Scheinkönig immer mehr zu einem Strahlemann mit Reformwillen unter einer brodelnd-unzufriedenen Adelsschicht zu entwickeln drohte, sah sich Russland gezwungen, die einzig schärfere Waffe als ein stehendes Heer zu ziehen: mit vertragsrechtlichen Winkelzügen das linkisch zu garantieren, was Polen sowieso nicht hatte: Souveränität.

Man gewann so die Zeit, die man eigentlich nicht hatte und konnte sich unter den beteiligten Leichenfledderern Preußen und Österreich das Land unter sich aufteilen. Mit diesem Tun wurde vielleicht auch die polnische Grundhaltung des weichen, aber grimmigen Boykotts an allem begründet. So war Polen in jenen Jahren, nachdem man den Ernst der Situation erkannt hatte, zwar immer für den einen oder anderen Aufstand gut, jedoch auch im Falle des Scheiterns für die an sich subversive Aussage: "Wir haben uns aber nicht freiwillig ergeben". So wurde manch schlechtes Gewissen kuriert und die nationale Bewusstlosigkeit verhindert.

Die Niederlegung der ersten modernen Verfassung Europas mit Gewaltenteilung 1791 - die hier aberwitzig eher als Aufteilung unter preußischer, österreichischer und russischer Gewalt verstanden werden muss - und in Papierform, weil man das dann entgegen anderer Erfahrungen trotzdem lieber als "Hauptsache schriftlich" hatte, konnte sich doch nicht dem Eindruck als letzten (Staats-) Akts der Verzweiflung erwehren, während andere Länder zu diesem Zeitpunkt noch keine Verfassung nötig hatten.

Noch ein Held - Geteiltes Leid, halbes Leid?

Napoleon (links rechts im Bild) setzte Dabrowski gern als Double auf dem Schlachtfeld ein. Als jähzorniger Pedant arbeitete Dabroleon Dabrowski sogar noch an Napoleons Physiognomie, als der Kaiser bereits auf St. Helena geschäftlich verhindert war und ihn mit Postkarten hinhielt

In schierer Verzweiflung schlossen sich subversive Freiwillige unter einem General Dabrowski zusammen, der den Plan geschmiedet hatte, mit dem französischen Kaiser als Waffenbruder die Einheit des Landes wiederherzustellen. Geradezu in teuflischer Manier ließ er sich nicht in seine Karten schauen, Napoleon in Wahrheit nur für seine Interessen benutzen zu wollen, indem er den Franzosen fleißig bei seinen Feldzügen in Italien, Russland und Deutschland aushalf. Dummerweise konnte Napoleon sein nur durch konkludentes, jedenfalls dem nicht widersprechendem Handeln gegebene Versprechen und damit den zweiten für Dabrowski so wichtigen Teil des Vorhabens nicht wahr werden lassen. Napoleon wurde nämlich durch einen ungünstigen Verlauf der Völkerschlacht zu einer Geschäftsreise nach St. Helena gezwungen.

Außer schön geschriebenen Postkarten und Marketenderinnen mit guten Französischkenntnissen blieb ihm und seinem Ersatzheer nichts. Der Held konnte zwar seinen Dienst quittieren, aber ein ganzes Land kann nicht so einfach weglaufen und musste sich ab 1813 eine neue Teilung gefallen lassen. Immerhin blieb Drabowskis Werk als Metapher in der polnischen Nationalhymne für den hingebungsvollen Kampf um Anerkennung, Einheit und Reiterstandbilder. Warum allerdings alle polnische Nationalhelden Exilpolen waren, kann bis heute nicht befriedigend erklärt werden.

L’hôtel Lambert

Die polnische Emigration fand in Paris, der Stadt der Lichter, im frühen 19. Jahrhunderts ihren zentraleuropäischen Dreh- und Angelpunkt. Polnische Feld-, Wald- und Wiesenarbeiter verließen ihr Land, da sie gehört haben, Künstler bringen es zu großem Reichtum, ohne besonders viel dafür arbeiten zu müssen. Diese Lebenseinstellung entsprach dem unter Leibeigenschaft tätigen Volk. Für die Kunst gab es zu dieser Zeit nur eine Metropole: Paris, die Stadt der Bohème, die Stadt an der Seine und der Stadt des Artischockenhandels. Hier zog es alle emigrierenden Polen magisch hin.

Für die Pariser Stadtverwaltung stellte das vermehrte Auftauchen der einfachen Menschen, die nichts konnten, außer zu behaupten, sie seien Künstler, ein ernsthaftes Problem dar. Die Ernährungs- und Wohnsituation geriet aus dem Gleichgewicht und Kriminalität sowie soziale Verrohung erhielten Einzug in Paris, der Stadt der Liebe. Außerdem kam es zu einer dramatischen Verknappung von Künstlermaterialien. Es war praktisch unmöglich, die Farben rot oder weiß zu erhalten, da Polen ihre künstlerischen Fähigkeiten zunächst auf das Portraitieren ihrer geliebten Nationalfahne beschränkten.

Paris, die Stadt der Bauernmärkte, litt an dieser asozialen Situation, die sicher eskaliert wäre, wenn nicht der Stadtkämmerer, le Comte de Chevalier à la crème, 1842 den brillanten Einfall hatte, das Ernten von Artischocken zur Kunst zu erklären. Nun fügte sich zusammen, was zusammengehört: die Emigrierenden fanden eine adäquate Beschäftigung, ohne ihr Ziel, Künstler zu werden, aus den Augen zu verlieren und die Ernährungssituation in Paris, der Stadt der Nationalgalerien, konnte verbessert werden.

Als Hauptumschlagplatz für Artischocken wurde das leerstehende Gebäude einer verarmten polnischen Adelsfamilie, das berühmte Hôtel Lambert, gewählt. Hier trafen sich allmorgendlich polnische Bauern und Händler, Verkäufer und Dirnen, Nachtschwärmer und Opernbesucher zu einem geselligen Beisammensein. Anfangs tauschte man nur Artischocken, dann folgten andere Gemüsesorten, Korbwaren, Gewürze und der bis dahin in Paris, der Stadt Straßencafés, unbekannte Wodka. Hier erhielten die Emigranten nützliche Informationen, gebrauchte Kutschenräder oder Liebesdienste aller Art. Kurz: das Hôtel Lambert wurde zur Institution und wichtigsten Anlaufstelle aller polnischen Auswanderer.

Kodeks cywilny

Dabrowski holte sich zwar mit dem französischen Kaiser einen leicht zu manipulierenden Gehilfen ins Land, konnte aber nicht verhindern, dass dieser seinen berüchtigten code civil ins polnische Recht installierte. Napoleons Eilgesetz sollte Grundlage eines Gesamt-Polens unter französischer Beteiligung werden und gab den an Leiden gewöhnten Polen deftige Rätsel auf. Nach Napoleons Rückzug aus Polen bauten sie den code civil schnell zu ihrem Kodeks cywilny um.

code civilPolnische Auslegung
Gleichheit vor dem Gesetz Privateigentum ist verboten
Freiheit für jeden Vor allem für Mitglieder des ZK
Schutz des Privateigentums …des was??????
Trennung von Staat und Kirche außer, wir sind Papst
Kein Zunftzwang Keine Zukunft für Parteilose
Freie Berufswahl je nach Bedarf des Fünf-Jahres-Plans
Juristische Basis für Marktwirtschaft Todesstrafe für Anhänger der Marktwirtschaft
Sklaverei ist wieder erlaubt Sklaverei ist wieder erlaubt

Das Völkerschlachtfest

Während der der Völkerschlacht nachfolgenden Siegesfeier, dem Wiener Kongress, musste Polen jedenfalls eine Lokalrunde nach der anderen zahlen und eine Spaltung in eine preußische Republik Posen, einen Stadtstaat Krakau und ein "Kongresspolen" hinnehmen. Dort war es mit einiger Autonomie ausgestattet und konnte auf reduzierter Fläche den Traum eines großen Polens träumen. Über den Schlaf wachte jedoch der russische Herrscher in Form des damaligen Zaren Alexander I. Doch glichen selbstbewusste Enklaven im "eigenen" Land zwar Pulverfässern, allerdings ab 1830 nur mit präejakulativer Sprengkraft ausgestattet, die sich in einem Aufstand entlud. Aber Übung macht den Meister, so sollte dieser den Anfang einer langen bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts andauernden Ära polnischer Aufstände ausmachen.

Immerhin verhinderten die Bestrebungen Preußens und Russlands nicht, dass ein kleines gallisches Dorf ein österreichisch besetztes Galizien als Keimzelle für ein schließlich ungeteiltes Polen in ferner Zukunft diente.

Unverhofft kommt oft

Langsam stellt sich die Frage, ob die Herren sich einfach nur einander nachäffen, dem Fotograf verdeckt den Mittelfinger zeigen wollten oder vor dem Shooting andere Dinge schnell in die Innentasche wandern ließen, die nicht fürs Auge des Volkes bestimmt waren
Polen nutzte passiv die alte Feindschaft zwischen den Deutschen und Russen, als Deutschland und Österreich-Ungarn überraschend das Land mit grimmigem Humor in russischen Gebieten 1916 als Königreich ausriefen. Obschon wenigstens die USA diesen Status bestätigten, schien er genauso wertlos wie die formale Autonomie fast hundert Jahre davor zu sein. Kaum jemand glaubte, dass dies gerade nach der Niederlage der Marktschreier nach dem Ende des Ersten Weltkriegs durch die Sieger bestätigt wurde. Geduld zahlt sich gerade aber auch in unsicheren Zeiten aus und der Regentschaftsrat proklamierte in Warschau den ersten unabhängigen polnischen Staat seit etwa fünfhundert Jahren. Polen wurde damit sogar zu einem Gründungsmitglied des Völkerbundes. Zwar hatte dies in der Schnelle der glücklich aufeinander folgenden Geschehnisse und günstigen Umstände, wie den des im Bürgerkrieg versinkenden Russlands, mehr den Charakter wie zufällig auf ein Bild mit berühmten Persönlichkeiten geraten zu sein. Die Hauptsache aber war und blieb, zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein, als die Kamera das Bild schoss.

Apropos Schießen: Nachdem das ganze Schicksal des so oft als erbitterter Feind Polens aufgetretenen Zaren in einem einzigen stark renovierungsbedürftigen Zimmer besiegelt wurde, war der außenpolitische Standpunkt Polens unklarer geworden. Nicht nur Scharmützel mit Deutschland folgten. Auch den Zarenpaparazzi schienen trotz innenpolitischer Kämpfe ihre militärische Potenz erhalten geblieben sein.

Der Krieg zwischen Russland und Polen war vorprogrammiert, als der immer noch in die Adelsrepublik verliebte Marschall Piłsudski als polnisches Staatsoberhaupt einstmals zugehörige Teile mittels des Völkerbundes durch Russland legitim zugesprochen befürchtete. Es musste ein Wunder her und das schnellstens. Endlich musste ein Krieg gewonnen werden.

Das Wunder an der Weichsel (Cud nad Wisłą)

Er wunderte sich über Polen, was aber von der polnischen Bevölkerung als "Jesu macht Wunder in Polen" missverstanden wurde.

Eine Entscheidung im polnisch-sowjetischen Krieg bahnte sich in der Nähe von Warschau an der Weichsel an. Der Fehler der Russen war es, mit einem eher zögerlich verteidigenden, aber schon gar nicht angreifenden Heer zu rechnen, das mit veralteten Waffen zu Werke ging. Und sie sollten recht behalten, dies aber in anderer Hinsicht.

General Michail Tuchatschewski (auch der "Rote Napoleon" genannt) war aufgrund seines Spitznamens schon Feindbild genug, um den Hass des polnischen Volkes auf sich zu ziehen: man hatte lange genug auf Kriegsunterstützung von St. Helena gewartet. Der Befehlshaber war rasch bis Warschau vorgedrungen und sah sich im Geiste bereits mit Sonderurlaub und einem Gutshof an der Masurischen Seenplatte belohnt, erfuhr aber durch seine Beobachter, dass keine polnische Armee mehr aufzufinden sei. "Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin!" ist von Carl Sandberg aber sich anders gemeint gewesen. Kein Krieg ohne mindestens zwei Armeen! Tuchatschewski beschloss, als er sämtliche Spelunken und Freudenhäuser in der näheren Umgebung hatte durchsuchen lassen, heimwärts zu ziehen.

Dabei hatte Tuchatschewski nicht mit der Hinterhältigkeit, aber auch Verspieltheit seines Gegenübers Pilsudski, dem litauischen Herrenschneider, gerechnet. Dieser hing aufgrund seiner Wesensart schon lange seinem Wunsch nach, endlich mal - wenigstens für die eigenen Leute unblutig - zu gewinnen. Ihm kam entgegen, dass die meisten Soldaten im von ihm zusätzlich beanspruchten Gebiet im Osten Polens, Mittellitauen, bereits über sehr gute russische Sprachkenntnisse verfügten. Zudem nannte er durch seine im Ersten Weltkrieg installierte Kriegsschneiderei Tausende von gegnerischen, also russischen Uniformen sein eigen. Ihm schwebte nach Vorbild des mittelalterlichen Sängerkrieges auf der Wartburg ein Casting vor, das er oft genug als Knabe in seinem Tagebuch skizziert und sogar mit eigener Musik ausgestaltet hatte. Allerdings würde diesmal weniger auf Wortgewalt und Sangeskunst geachtet werden, sondern es sollte eine Art modischer Military-Wettbewerb mit Finale in Moskau sein.

Schlagworte wie

  • "Umwerfendes Design"
  • "Noch nicht getroffen, aber schon betroffen!"
  • "Wir haben zwar keinen Pariser dabei, aber brauchen ihn auch nicht"
  • "Sie zogen aus, um sich auszuziehen"

fielen ihm ein. "Mal schauen, was die Russen uns entgegenzusetzen haben", entfuhr es ihm wohl, waren sie ihm meist nur durch schlecht sitzende und schmutzige Uniformen aufgefallen.

Da selbst einem Sonderling wie Pilsudski klar war, eine reguläre Schlacht nicht gewinnen zu können, hatte er diesen unbedarften Plan, der vor allem der Selbstdarstellung dienen sollte, zu einer Räuberpistole umgeschmiedet. Aus Seife lassen sich schließlich in größter Bedrängnis und aussichtslosen Lagen ja auch vortrefflich waffenartige Gebilde schnitzen und aus den übrig gebliebenen Schnitzern eine Seifenoper, die dann folgte.

Er wies bei Nacht und Nebel seine Soldaten an, russische Uniformen anzuziehen und sich fortan nur noch auf russisch zu unterhalten. Beim Einsatz aller Kräfte sei Richtung Osten in die Flanke des Gegners zu marschieren, um dann rechts abzubiegen. Sodann sollten die östlich des Flusses Bug gelegenen zentrierten Kräfte unterminiert werden. Der Plan ging auf: nachdem die polnischen Soldaten ihre Uniformen noch kräftig mit Schmutz und Tierblut versehen hatten, heulten sie der verwirrten Führung vor, dass sie die Reste der einst glorreichen 16. sowjetischen Armee seien, die bei Białystok vernichtend geschlagen worden sei. Zudem würden sie von der 5. polnischen Armee verfolgt, die russische Uniformen angelegt hätten, um das russische Heer hier zu unterminieren.

Der Empfang der schon im Sieg-durch-Abwesenheit-Taumel befindlichen russischen Armee geriet entsprechend. Die geäfften Russen eröffneten ein Höllenfeuer auf ihre Kollegen, wodurch Zehntausende auf beiden Seiten ihr Leben verloren, die russische Armee insgesamt sehr geschwächt wurde und der Rest der "Polen" nach Sibirien geschickt wurde. Allenfalls wunderte man sich im Zeitablauf etwas, warum sich manche Gefangenen in Sibirien so heimisch fühlten.

Zwar hatte die Verschickung der polnischen Soldaten durch Pilsudski den Nebeneffekt, dass anders als abgesprochen, kein einziger mehr aufgrund der guten Versorgung zurückkehrte und dadurch das polnische Heer aufgelöst war. Aber Pilsudski machte in Begleitung einiger Landarbeiter in Soldatenuniform als Delegation bei Marschall Tuchatschewski klar, dass ein verbleibendes riesiges polnisches Heer bei Warschau warthe, um loszuschlagen. So kam der Friedensvertrag von Riga zustande. Und nicht anders.

Zwischen zwei Mächten hin- und hergerissen

Gegen so starke Freunde hatte selbst Polen keine Chance. Da half letztlich nur Retorsion oder echt beleidigt sein.

Polen kann sich rühmen, einen Fehler zweimal gemacht zu haben, den man normalerweise nur einmal machen kann: mit einem aggressiven, waffenstrotzenden und vor Nachdurst Machtdurst wahnsinnig gewordenen Diktator, der über Leichen geht, einen Nichtangriffspakt abzuschließen. Auf der einen Seite stand ein erfolgloser Kunststudent aus Wien, der sich mit über 30 dazu entschlossen hatte, das Reden zu lernen. Das Besondere war, dass er Konspirationstheorien als Argumente für seinen Hass auf Andershäutige, Anderssprachige, Andersbetende und Andersdenkende gebrauchte und vorgab, allein "sein Volk" (das sich bis dato auf einige Anwohner in einem Männerwohnheim beschränkte) zu lieben. Das hasste er aber auch und wenn er in den Spiegel sah, stellte er fest, dass er sich selbst auch nicht leiden konnte.

Auf der anderen Seite stand ein erfolgloser Bankräuber, der sich schließlich für die viel einträglichere Politik entschieden hatte, ohne sich moralisch umstellen zu müssen. Er wurde dadurch geprägt, in seiner Jugend seine Mutter oft bei ihren Arbeiten als Putzfrau unterstützt zu haben. Auch er entwickelte nämlich im Zeitablauf in seinen Wahnvorstellungen, das alles und jedes ein Komplott gegen ihn plane, ein peinliches Sauberkeitsbewusstsein und verlangte nach geradezu sterilen Bereichen. Nur in diesen könne sich seiner Auffassung nach ein reines Machtvakuum entwickeln. Daher sorgte er für regelmäßige politische Säuberungen, die für Andershäutige, Anderssprachige, Andersbetende und Andersdenkende und solche, die es sein könnten, mal in sibirischen Entsorgungsstationen und mal in der sofortigen Desinfektion endeten. Diese idealen diktatorischen Lebensbedingungen ließen ihn außenpolitisch nicht etwa in Lethargie verfallen: selbst nach Mexiko wurden Putzkolonnen trotz kirchlicher Ächtung gesendet, um Plagegeister loszuwerden.

Peinlich für Polen war vor allen Dingen, dass es von beiden Geschäftspartnern als Hort der Andershäutigen, Anderssprachigen, Andersbetenden, Andersdenkenden und solche, die es sein könnten, gehalten wurde.

So nahm das Unheil seinen Lauf und unter Freisetzung des Vertragspartners waren sich die beiden anderen Staaten einig geworden, Polen zu überfallen und mal wieder unter sich aufzuteilen. Die Sowjets sahen sich in der Beschützerrolle und nahm den Osten Polens daher in Schutzhaft, die noch lange vorhalten sollte. Die Polen, jahrhundertelang reaktiv auf weichen Boykott und militante Stimmungsmache gegen die jeweils Herrschenden eingeschossen, konsternierten ob des deutschen Vorwurfs eines Angriffs und bevor sie an eine Verteidigung zum unterstellten Angriff dachten, wurde bereits zurückgeschossen und das zu einer unchristlichen Uhrzeit von 5:45 Uhr.

Vor allem war gegenüber rhetorischen Klimmzügen zwar jede Menge Kraut gewachsen, nur nicht in Polen. Bevor man begriff, dass es nicht etwa um Senderechte, sondern um elitäres Sendebewusstsein und um Lebensraum im Osten ging, der mietfrei veräußert werden sollte, war man völlig überrannt. Es war die im späteren Führerbunker vorweggenommene Stimmung, die sich in Polen lauffeuerartig verbreitete und untermalte die Fassungslosigkeit mit wagnerischer Gewalt.

Wieder mussten Exilpolen aushelfen, die eifrig von London unterstützt, Widerstand organisierten und Truppen formierten. Letztlich mussten sie jedoch zusehen, dass sich seltsame Konstrukte wie Generalgouvernments, aber diesmal ohne formale Freiheit wiederholten. Und auch Beschützer wie die Russen, die man als das kleinere Übel ansah, wurden ihrer Rolle nicht gerecht, als deutsche Truppen sich durch die Ausschaltung der polnischen Intelligenz um eine Angleichung an den deutschen Durchschnitts-IQ bemühten, der durch Grußgrobmotorik und lemminghafter Konformität gegen 0 gestrebt war.

Russische Besatzung bis zur Perestroika

Für eine rechnerische Sekunde war Polen nach dem Zweiten Weltkrieg endlich selbständig geworden, um nach der deutschen Niederlage als folgsames Mitglied des moskauesken Ostblocks Auftrags-Annektionen ehemals deutscher Gebiete zu übernehmen. Und so funktionierte das altbewährte Prinzip der "Kommune Nr. 2" - als Glanzleistung sogar noch bevor die Kommune Nr. 1 entstand - mit Gleichschritt und stillem Boykott, aber in schicken neuen Uniformen unter der Fuchtel eines starken russischen Herrschers, der seinen Reinlichkeitszwang nicht los wurde: "Nun seht ihr, wo ihr steht, wenn Mütterchen Russland das Licht ausdreht!"

Man wusste zwar, dass man den Teufel mit dem Beelzebub ausgetauscht hatte, aber Aufstände beginnen bekanntlich erst dann richtig Spaß zu machen, wenn der Aggressor mausetot ist. Damit ließen sich auch endlich Völker wie die Ägypter verstehen, die eifrig Gräber bauten, nur um sich anschließend über Mausoleen-Fetischisten kaputtlachen zu können und sonst ihre Ruhe zu haben. Der Terminus der "Entstalinisierung" in den 50er Jahren hatte daher in Polen einen etwas paradoxen Beigeschmack, weil man diesen Schnauzbartträger noch nie ernstgenommen hatte, aber nun die postprovokante Haltung mit russisch angeordneten Statuensprengungen und Massenstornierungen von Busfahrten zu einem Moskauer Mauseleum endlich ausleben konnte.

Als man nun die letzten Standbilder des Sinnbildes kommunistischer Diktatur den Schmelzöfen überantwortet hatte, konnte man sich endlich guten Gewissens in eine sowjetische Diktatur begeben. Man hatte ohnehin gelernt, dass Zersplitterungen über Jahrhunderte hinweg nicht das Papier wert waren, auf dem sie nicht geschrieben standen. Man wusste, dass die Solidarität des Volkes alles ist, um Zwangsherrschaft und lange Winterabende zu ertragen und zarten Pflänzchen der Unabhängigkeit das Überleben zu garantieren.

Gerade die kommunistischen Herrscher kannten die botanischen Besonderheiten des polnischen Volkes und ließen es unter kontrollierten Bedingungen gedeihen. Solange die Labortür gut verschlossen bliebe, sei Subversivität eine Floskel, ein Dorf eine ganze Welt und ein Mikrokosmos eben auch ein Kosmos - jedenfalls von innen betrachtet. Die geduldete Versammlungsfreiheit in den sechziger Jahren konnte sich polnischer nicht nur in einer Gewerkschaft entladen. Geübt in dem Ausleben einer großen Gemeinschaft auf öffentlichen Plätzen, nahm man große Menschenansammlungen dankbar als Trainingsgelände für den unauffälligen und manchmal nicht immer freiwilligen gegenseitigen Austausch auch von geistigem Besitz an.

Trotz idealer Bedingungen auf beiden Seiten ging das Experiment dann doch schief. Die freiheitlichen Ambitionen der Insassen potenzierten sich in astronomische Gefilde, obwohl man sich bereits mit deutschen Schäferhunden im Orbit befand. Die Petrischale war zu groß geworden, als dass noch eine planvolle Wirtschaft möglich gewesen wäre.

Und dabei hatte man in Warschau gehofft, dass der neu gewählte Nachfolger Petrus alles noch zu einem guten Ende führen konnte, doch sah mit Schrecken, dass dieser mit stets gehässigem Lächeln allen Polen gerade das vorlebte, was sie nicht ausleben konnten.

Politischer Verrat

So befand sich Polen in einer selbstunzufriedenen Endlosschleife mit geduckter Haltung "vor unserem Mann in Rom", der aber den ohnehin schon engen Kontakt zur katholischen Kirche intensivierte. Man hoffte nun, dass die Kirche so etwas wie ein legitime Ausreisebehörde - aber diesmal zu Lebzeiten - werden könne. Trotzdem still von der Obrigkeit geduldet war sie vielleicht auch das hervorstechendste Merkmal des polnischen Kommunismus, bis auf die körperlichen Gebrechen der greisen Führungsetage. Diese rosa Wolke roten Gehorsams zum großen Bruder im Osten konnte nur durch konspirative Kräfte aus dem Arbeitervolk gefährdet werden, auf das man sich offiziell stützte, aber das noch nie mit dem zufrieden war, was man ihm schenkte. Noch nicht einmal mit bloßer Aufmerksamkeit. So ließ sich für die Protestbewegung nicht wie später in Tschechien ein arrivierter Schriftsteller eines Bürgerforums finden, dafür aber einen durch und durch durchschnittlichen Schnauzbart-Polen aus einer Gewerkschafts-Bewegung, der mandelaesk wunderbar ernst dreinschauen konnte. Daran sieht man, dass in Polen zwar vehement Vorurteilen entgegnet wird. Wird es jedoch brenzlig, dann bedient man sich gerade dieser, um mit der Unverwechselbarkeit Eindruck schinden zu können und verbindet dies süffisant mit so etwas wie Nationalstolz.

Solidarnosc

Die Gewerkschaftsbewegung Solidarność ist ein Beispiel dafür, dass theoretische Ziele zu einer Massenbewegung entgleiten können. Da in Polen Fleisch im freien Handel gar nicht oder nur sehr selten erhältlich war, spielte der Preis für dies fiktive Produkt eigentlich keine Rolle. Doch die staatliche Ankündigung, Polens Fleischpreis marktüblichen Bedingungen anzupassen, also zu erhöhen, reichte als Auslöser, um eine Gewerkschaft aus der Taufe zu heben. Hauptziele waren nicht nur die Senkung des Fleischpreises, sondern auch dass es wenigstens einmal wöchentlich Fleisch im Handel geben sollte. Als Galionsfigur kristallisierte sich Lech Wałęsa heraus, dem die Käsestullen, die seine Frau ihm morgens mit zur Arbeit gab, schon lange auf die Nerven gingen. Er verlangte Wurst aufs Brot und mobilisierte 1980 dafür die Massen.

Lech Wałęsa arbeitete auf der Lenin-Werft in Danzig, einem staatlichen Vorzeigebetrieb mit acht mal soviel Beschäftigten, wie nötig waren. Hier konnte er sofort 20.000 Arbeitskollegen auf einen Schlag von seinen Forderungen überzeugen. Mit Miąższ czy strajk, Fleisch oder Streik, seiner Hauptforderung, brüskierte er nicht nur die Werftleitung, sondern auch die polnische Regierung. Nachdem klar war, dass es um etwas zu Essen ging, schalteten sich auch die polnischen Intellektuellen ein und unterstützten die Gewerkschaft. Im Ausland sah man mit Genugtuung eine anti-kommunistische Gegenbewegung, die von den Medien wohlwollend begleitet wurde.

Überhaupt verdutzte man die Herrschenden damit, besser organisiert nach besseren Arbeitsbedingungen, mehr Urlaub, mehr Frikadellen, mehr Freiheit und mehr Kassettenrecordern zu schreien, als es der Staat je gewesen war. Vermutlich hätte man noch die ganze Welt zerstören und wieder aufbauen wollen, wenn nicht alles anders gekommen wäre.

Staatschef Wojciech Jaruzelski fühlte sich herausgefordert und verbot die Solidarność. Fleisch war nur den Parteioberen vorbehalten, das war ein glänzendes System und an dem wollte er nichts ändern. Vorsorglich ließ der General den Gewerkschaftsführer inhaftieren. Die Solidarność kämpfte nun im Untergrund weiter. Die Aussicht auf Fleisch bzw. nicht arbeiten zu müssen (fürs gleiche Geld), gefiel der polnischen Bevölkerung und fand großen Zuspruch. So wurde weiter gestreikt, bis Wałęsa aus dem Gefängnis entkam und das kommunistische System weltweit zusammenbrach. Seitdem gibt es in Polen wieder Schnitzel, Frikadellen und das beliebte Dörrfleisch. Die so wohl organisierte Revolution machte auf einmal keinen Spaß mehr und aufgrund ungezügelter Kalorienzufuhr fiel es dem Volk auch immer schwerer, ihren Protagonisten hochleben zu lassen und auf den Schultern zu tragen. Die russische Perestroika hatte den polnische Hunger nach Freiheit gestillt. Nachdem sichergestellt war, dass Wurstbrote Normalität wurden, trat Lech Wałęsa 2005 wieder aus seiner Gewerkschaft aus. Er beklagt heute das Phänomen der Ausgestorbenen Käsestulle, womit er aber nicht mehr die Massen aufrütteln kann. Ein einsamer Held.

Polens Wirtschaft
Poloniadische Berufsfelder Industrie Schattenwirtschaft Tourismus
Verbleibende ehemals staatliche Unternehmen Warschauer Börse

Polens Wirtschaft

Poloniadische Berufsfelder

Jede Ethnie bringt besondere Fähigkeiten mit. So erlangen beispielsweise Thais eine sehr frühe Geschlechtsreife (ab 4 Jahren), Inder beherrschen die Kunst, Essen zu verwürzen und Kinder für sich arbeiten zu lassen, Peruaner verbreiten sich als Poncho tragende Straßenmusikanten usw. Auch in der Polonia kristallisieren sich besondere Merkmale heraus. Während die männlichen Mitglieder vornehmlich in der Feldarbeit und im Fußballspielen Begabungen zeigen, stehen die Damen aufreizend gekleidet an dunklen Straßenecken herum. Ohne die Polonia in eine Schublade stecken zu wollen oder weitere Vorurteile zu schüren, ist alarmierend, dass auch der Nachwuchs die Talente der Vorfahren in die Wiege gelegt bekam und eine Spezifizierung bestimmter Tätigkeitsfelder auf die Mitglieder der Polonia übertragen wird.

Seit 1988/89 gibt es in Polen keine zwangsweise durchgesetzte Planwirtschaft mehr. Grund genug für die verkrusteten Unternehmen, einmal mit dem großen Besen durch die erstarrte Betriebsführung zu fegen, um die zwangsweise vorgeschriebene Marktwirtschaft durchzusetzen.

In diesem von Angebot und Nachfrage reguliertem Markt blühte Polens Wirtschaft auf. Zwar blieben die Direktoren der einst staatlichen Betriebe an der Spitze der Konzerne kleben und führten 90 Prozent der Unternehmen an den Rand des Ruins, doch für die Bevölkerung entpuppte sich diese Entwicklung zum wahren Segen. Alle freigesetzten Mitarbeiter stürzten sich begierig in die Selbständigkeit, gründeten kleine, innovative Firmen und erhöhten zu einem kleinen Teil sogar das polnische Bruttoinlandsprodukt. Bis 2007 erfassten die Behörden die nicht unbeträchtliche Zahl von ca. 32 Mio. selbständigen Unternehmen, was bei einer Gesamtbevölkerungszahl von ca. 35 Mio. Polen bedeutet, dass nur noch sehr wenige in den ehemals staatlichen Betrieben werkeln.

Grob spaltet sich die Unternehmenskultur in drei Bereiche: der polnischen Industrie, der steuerpflichtigen Firmen und dem wesentlich größeren Teil der Schattenwirtschaft, die sich aus Schwarzarbeit, Illegalität und Scheinselbständigkeit zusammensetzt.

Industrie

In Zeiten planwirtschaftlicher Unternehmenskultur ging es der polnischen Industrie sehr gut. Es gab genügend kostengünstige Arbeiter, Umweltschutzbestimmungen mussten nicht eingehalten werden und der Absatz in die Bruderstaaten wurde garantiert. Nach der Wende änderte sich die Situation grundlegend. Ausländische Investoren kauften sich in die Schwerindustrie ein, da sie hier kostengünstige Arbeiter fanden und keine Umweltschutzbestimmungen einzuhalten hatten. Nur der Markt änderte sich. Jetzt gab es neue Absatzgebiete vor Allem für Ersatzteile der Maschinen- und Autobranche, die ihre metallähnlichen Produkte vorher gerne ins östliche Ausland verkauft hatten und die nun zwingend auf Austausch der defekten Teile angewiesen waren. Ein lohnender Markt für die Investoren.

Schattenwirtschaft

Um ihre wirtschaftliche Stärke zu demonstrieren, sprachen die Frauenvertreterinnen (m) schon mal im polnischen Parlament. Begleitet wurden sie von hohen Würdenträgern (l. u. r.)

Im Gegensatz zur Industrie träumte jeder Pole und jede Polin von der Unabhängigkeit, die sich durch Selbständigkeit am Ehesten manifestiert. Es entstand ein Riesenmarkt im Dienstleistungsgewerbe und Polens Wirtschaft prosperierte in den ersten beiden Jahren. Dann wurden die ersten Steuerbescheide fällig und die freien Unternehmer mussten feststellen, dass sie ein Jahr umsonst gearbeitet haben, da sie vergaßen, steuerliche Rücklagen zu bilden. So folgte die Große Insolvenzwelle, die von der damaligen deutschen Regierung freudig kopiert wurde. (Heute sind wir weit entfernt davon: wir schaffen es nur zu einem nichtsnutzigem Politiker, der zwar auch mit G.. anfängt und mit ...welle aufhört, es aber nicht vermag, das Insolvenz-Werk Gerhard Schröders zu vollenden!) So wanderte der Großteil der arbeitenden Bevölkerung ab in die Dienstleistungsschattenwirtschaft und verdingt sich als Spargelstecher, Autoschrauber, Baunebengewerbler, Eintänzer oder Liebesdienerinnen. Der Fiskus geht leer aus, was aber nicht als dramatisch angesehen wird, da

  • Politiker und Staatsbedienstete sich nebenberuflich ebenfalls in diesem Markt tummeln
  • der Staatshaushalt nicht gefährdet ist, da niemand Ansprüche an Sozialtransfers erhebt
  • das schwarz verdiente Geld sofort wieder in den legalen Markt zurückgeführt wird.

Tourismus

Eine Sonderform der Einnahmequellen stellt der Tourismus dar. Polen gilt als günstiges Reiseland, geizt nicht mit landschaftlichen Reizen, hat gegenüber Sibirien ein gemäßigtes Klima und die Menschen gelten als hilfsbereit und freundlich. Grund genug, diesem interessanten Land einen Besuch abzustatten.

Polen gehört zu den Zielen im Nahen Osten und ist schnell zu erreichen. Es formierten sich in den letzten zehn Jahren auffällige Reisegruppen, die aus unterschiedlichen Beweggründen das Land an der Ostsee besuchen.

Alleinreisende Herren

Die hilfsbereiten und misanthropisch subtropisch philanthropisch veranlagten Frauen orientieren sich bei ihren Proportionen an der polnischen Gebirgswelt. Seichte Hügel, üppige Kurven, teils recht ansehnliche, aber nicht überladende Bergspitzen und genügend Feuchtraumbiotope stellen die Kennzeichen der modernen Polin dar. In Zeiten der Planwirtschaft haben es die sehr an Mode interessierten Damen geschafft, sich mit nur sehr Wenigem, aber dennoch adretten Stofffetzen zu kleiden. Durch günstige Wechselkurse und einer latenten Geldgier entstand hier eines der wichtigsten Reisemotive überhaupt.

Versicherungsbetrüger

Wer sein altes, aber noch fahrbereites Fahrzeug entsprechend hoch versichert hat, fuhr in der Vergangenheit gerne ins östliche Nachbarland. Das hier an prominenter Stelle geparkte Auto (Parkplatz, Parkhaus, am Straßenrand, vor der Polizeidienststelle) wurde innerhalb von wenigen Minuten unauffindbar von polnischen Helfern umgeparkt, in Einzelteile zerlegt oder umlackiert. Die Versicherungsbranche hatte das Nachsehen und empfahl ihren Lobbyisten, schnellstmöglich die Einführung der Abwrackprämie. Seitdem ist dieser Teil des Tourismus etwas zurückgegangen.

Katastrophentourismus

Um die Ausfälle im Versicherungsbetrugstourismus wieder zu kompensieren, wurden hastig in einer Nacht- und Nebelaktion die Dämme, die die Oder- und Weichselufer vor unbefugter Müllentsorgung schützen sollten, demontiert, unterspült und aufgeweicht. So war sichergestellt, dass bei den jährlichen Hochwasserständen die angrenzenden Städte überflutet und die Besucher aus dem vermögenden Ausland angelockt wurden. Schaulustige und einfache Gaffer behinderten gekonnt die Rettungsarbeiten vom THW und Feuerwehr, sodass die Katastrophen zunahmen und noch mehr Besucher kamen. Insgesamt rechneten die staatlichen Stellen, die für dieses Szenario zuständig waren, mit Hilfsmaßnahmen (in Euro), wie sie bei Tsunami-Unglücken oder 2009 auf Haiti aufgebracht wurden.

Verbleibende ehemals staatliche Unternehmen

Rang
Name
Sitz
Beschäftigte
Umsatz
(Mio. zł)
Branche
1.Auto handlowaniePłock11.56717.534,0Gebrauchtfahrzeuge
2.Niewolnictwo PolskaWarschau5.5674.782,1Leiharbeit
3.TV PolskaWarschau3.5671.038,8Synchronisation
4.Polskie Górnictwo Naftowe i KaczaWarschau2673.902,1Enten in Öl
5.Grupa Kiełbasa Polsce (GKP)Krakau3.1243.491,9Krakauer-Export
6.Karol EntertainmentLubin671.302,6Papst-Reliquien
7.Grupa StrajkDanzig2.267-3.214,3Arbeitsverweigerungen
8.Górnictwo i EnergetykaŁódź1672.054,0Anabolika-Handel

Warschauer Börse

Hauptumschlagsplatz nationaler und internationaler Werte ist die Börse zu Warschau. Im Unterschied zu anderen Börsen hat man in Polen an fünf Werktagen 24 Stunden lang geöffnet und bietet damit dem Broker in jedem Teil der Welt die Möglichkeit, jederzeit zu handeln. Einziger Wermutstropfen ist, dass hier nicht mit Papieren, sondern, um sofortige Gewinne mitzunehmen, in Echtware (busty advantage, BA) gehandelt wird. Das Treiben der Zocker an jeder Börse gleicht dem aufgeregtem Geflatter eines Hühnerstalls, in dem sich ein Fuchs verirrt hat; in Warschau wird dies jedoch doch durch eine adäquate Geräuschkulisse unterstützt.

Berühmte Persönlichkeiten
Lolek und Bolek Józef Piłsudski Lech Wałęsa Kaczyński Brothers
Danuta Lato Johannes Paul der II. (vermisst) Marie Skłodowska Wojciech Jaruzelski
Roman Polanski Marcel Reich–Ranicki Stanisław Lem Miroslav Klose
Zbigniew Brzeziński Rozalia Luksenburg Marek Metulski

Berühmte Persönlichkeiten

Hier werden alle Persönlichkeiten aufgelistet, die in der besonderen Aufmerksamkeit benachbarter Staaten stehen und sofort mit ihrem Heimatland verbunden werden:

Lolek und Bolek

Ein jeder, der in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts sehr früh aufstehen und mit den Hühnern ins Bett gehen musste (natürlich nicht MIT den Hühnern), also ein Kind war, hat sich über die zwei quietschfidelen Zeichentrick-Männchen mit Wasserköpfen namens "Lolek und Bolek" geärgert. Dabei ging es aber weniger um eine bitterböse Realsatire aus rumänischen Krankenhäusern, sondern um die tollen Abenteuer zweier Jungen, die mit aufklärerischem Duktus den zwangsweise immer daheimgebliebenen polnischen Kindern die Welt erklärten. Selbst Erwachsene sollen bis zum Ende der 80er Jahre gedacht haben, dass Amazonas-Krokodile wie Schweinchen quieken oder wie Hundespielzeug, wenn man zufällig daraufgetreten war. Für die kommunistische Zensurbehörde war es zwar zunächst auffallend, dass der Zeichner seine tumben Protagonisten fast ausschließlich an exotischen Orten fundamentale Erkenntnisse gewinnen ließ, so zum Beispiel, dass

  • es in der Wüste Gobi heiß ist
  • die Ufer des Orinoco mitunter stark bewaldet sind oder
  • dass die Hautfarbe der polinesischen Ureinwohner dunkel ist

aber bei Lichte betrachtet derart banal waren, dass man schon fast milde über solches Kopfkino lächeln konnte.

Etwas, deren Infantilität selbst Kinder auf Anhieb entdecken, kann jedoch nicht ohne tieferen Grund in die Welt gesetzt worden sein. Die Unbedarftheit der trotzdem so Denkenden passt dann allerdings zum vermeintlich anvisierten Publikum. Denn es war ein fataler Trugschluss, dass Lolek und Bolek einfach nur zwei kleine Kinder sind, die die Welt entdecken. Wie sich vor zehn Jahren anhand veröffentlichter Spionage-Akten des polnischen Geheimdienstes herausstellte, handelte es sich bei "Lolek und Bolek" um eine chiffrierte Botschaft ihres Zeichners Alfred Ledwig, allerdings mit dem Makel behaftet, dass er die Nachricht so gut verschlüsselte, dass nur er selbst es entschlüsseln konnte. Die Chiffresprache war polnisch, das damals auf dem Freien Markt aber nur in Abschiebehaft gesprochen wurde. Die Serie war also so etwas wie eine mit "Befreit mich!" bekritzelte Rolle Toilettenpapier, die entweder vorzeitig gebraucht oder heruntergespült wurde, bevor sie "wirken" konnte. Man fragt sich vor diesem Hintergrund : Ob der Autor tatsächlich geglaubt hat, dass die Botschaft ankommt?

Jedenfalls hatte er genug Zeit, immer neue Botschaften zu implementieren, um später mit Beginn der russischen Perestroika gefahrlos seinen Lebenstraum wahr werden zu lassen: Mickey-Maus-Filme zu sehen. Hinter sich ließ er allerdings ein streitsüchtiges Konglomerat aus Produktionsfirma, Regisseur, Regisseurgattin, Regisseurkinder, dem Staat Polen, Texter, Kameraassistent, Chefsekretärin und Kaffeeholer, die sich mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof um die Verwertung der Rechte prügeln.

Józef Piłsudski

Piłsudski war kein begnadeter Kavallerieführer, hatte aber die buntesten Soldaten. Er brachte internationalen chic in die Truppe.

Gleich hinter Johannes Paul dem Verreisten rangiert Józef Piłsudski in der Beliebtheitsskala der Polen. Dabei ist er eine höchst umstrittene Figur: Unerschrockener Kämpfer im Ersten Weltkrieg, der den Polen den bisher einzigen, aber auch wichtigsten Sieg schenkte, gleichzeitig kompromissloser Diktator und idealtypisches Vorbild für Rilkschen Poesiehunger und von Günderodiger Dünnhäutigkeit, die er allerdings nur privat pflegte - wie seinen mächtigen Schnurrbart.

Lech Wałęsa

Der Schnauzbartträger wird immer wieder leicht mit Heiner Brand verwechselt. Daher sollte man vis a vis immer etwas warten, bis Heiner bzw. Lech angefangen hat, zu reden. Nichtsdestotrotz hatte Lech bereits in der Mitte der Neunziger mittels eines Hüftaufbautrainings und einer speziellen Haarbleiche eine persönliche Individualisierungskampagne begonnen, um nicht mehr gerade auch noch mit einem Deutschen verwechselt werden zu können.

Kaczyński Brothers

Die Kaczyńskis entstammen einem alten Mantel- und Degengeschlecht und wurden im Geiste zaristischer Reiterstandbilder erzogen. Bereits früh zog es die Zwillinge Lech und Jaroslaw ins Rampenlicht. Sie sind als Lolec und Polec, als Piotr und Piroschka und als Placec und Lacec als Protagonisten in der Verfilmung des Dramas O dwóch takich, co ukradli księżyc (dt. Die zwei Monddiebe), mit dem sie nationale Bekanntheit erreichten, kometengleich ins Filmgeschäft eingestiegen. Sie verinnerlichten das Thema des Monddiebstahls und fassten den Entschluss, in die Politik abzuwandern, ein Raumfahrtprogramm zu starten und den Mond noch vor den Russen zu stehlen. Doch zunächst sollte die Grundschule in Warschau beendet und die Weltöffentlichkeit von ihren finsteren Plänen abgelenkt werden.

Während des Studiums werkelten die Brüder im Untergrund und gründeten eine politische Vereinigung. Die Prawo i Sprawiedliwość (PiS), die mit "Brecht und Erbrochenes" am Besten übersetzt wird, setzte sich zum Ziel, klassische Feindbilder populistisch zu deklassieren. So forderten die Kaczyński-Bros. unter Anderem die Todesstrafe für Homosexuelle, waren für die Wiedereinführung der Heiligen Inquisition und nahmen sich das Auftreten der deutschen Besatzer während ihrer Jugend zum Vorbild, um Polen wieder unter starker Hand, ohne Opposition und entgegen kommunistischer Ziele zu regieren. Das gelang ihnen erstmals 2006, nachdem eine von den Kaczyńskis eingesetzte Marionette zunächst Ministerpräsident, dann aber von Jaroslaw Kaczyński persönlich enthauptet wurde. Die Brüder waren am Zenith ihrer Macht, doch trotz Allem konnten sie es nicht verhindern, dass sich Oppositionelle stark bündelten und den Kaczismus bekämpften. Selbst in den eigenen Reihen gab es leisen Widerstand, der jedoch durch die Erschießung der Rädelsführerin Barbara Blida mundtot gemacht werden konnte.

Extreme Beliebtheit ist eines der Merkmale der Kaczyński-Brüder. So, wie auf diesem Bild wünschen sie sich viele Polen: Liebe geht schließlich durch den Magen.

Was innerparteilich gelang, scheiterte am polnischen Volk, das die Nase voll hatte vom selbstgefälligen, korrupten und machtbesessenen Spiel der Kaczyńskis. Sie wählten die Brüder ab und bestellten den Oppositionsführer Donald Tusk zum neuen Regierungschef. Tusk, dem die Kaczyńskis vor allem übel nahmen, dass er den Vornamen einer Ente trug (Kaczyński leitet sich vom polnischen Wort Kacza = Ente ab) wurde zum persönlichen Feindbild der Brüder erklärt.

Lech Kaczyński wurde zwar zum Staatsoberhaupt gekrönt, war in dieser Position aber zu machtlos, die gewünschte Kaczyński-Diktatur einzuführen. Grund genug, für seinen Bruder (also Jaroslaw), 2010 einen polnischen Tupolew-Flieger, mit dem sein Bruder (also Lech) unterwegs war, um die im Zarenkrieg gefallenen Verwandten zu ehren, zu sabotieren. Er folgt damit erneut einem deutschen Beispiel, denn der von ihm bewunderte Reinhold Messmer entledigte sich seines Bruders auf ähnlich ungeklärte Weise.

Erst im Tod gewinnt man wahre Größe und den Nimbus der Unfehlbarkeit – und das sogar für die Zeit vor dem irdischen Ableben. Auf der anderen Seite, man könnte sagen, der Sonnenseite des Lebens, steht der Zwilling des totgeglaubten Lechs, Jarosław, der durch den Flugzeugabsturz seines Bruders eine Art Tränenfreibrief für weitere politische "Ideen" in die Hand gedrückt bekommen hat.

So wertet man künftig Forderungen wie die der Rückvergütung polnischer Opfer des 2. Weltkrieges in Form aktueller Stimmgutschriften innerhalb der EU entweder mit gutmütigem Kopfschütteln, Schulterklopfen und Verständnis für die offenbare Desorientierung oder aber entfernt jegliche braune Durchfärbung und diskutiert nach der 90-Grad-Gehirnwäsche gleich über die Größenordnung und weitere Konsequenzen, geht also selbstverständlich von der Durchsetzung seiner Forderungen aus. In diesem Zusammenhang könnte man froh sein, dass die anderen EU-Staaten nicht auch noch ihre Leichen aus den Kellern holen und Italien nur beten, dass die altrömische Expansionspolitik nicht in die Diskussion kommt.

Doch bei den Reinhold und Günter Messmers Polens ist es noch nicht ganz geklärt, ob Lech wirklich tot ist, da der angebliche Absturz auf einem Hochsicherheitsgelände des russischen KGB stattgefunden haben soll. Es sind mehrere Alternativen denkbar:

  • Selbstinszenierung Kaczyńskis, um die zuletzt harsche Kritik an seiner ähnlich rechten Politik mit der Güte des Verzeihens durch den Schleier der Trauer abgemildert zu wissen.
    • Vorteile:
    • Sein Vermögen hätte er faktisch an sich selbst vererben können und könnte sich auch sonst frei bewegen, nur öffentliche Treffen mit seinem Bruder wären zu vermeiden.
    • Er könnte sich seine eigene Gedenkstätte bauen (lassen). Das erreichten bisher nur einige wenige unbekannt verzogene unbekannte Soldaten, von Willy Millowitsch abgesehen.
  • Kaczyński wird festgehalten, bis er das Borschtsch-Rezept seiner Oma verraten hat, danach gehts zum Skifahren nach Sibirien.
  • Kaczyński ist immer noch unterwegs und man inszenierte den Absturz über russischem Gebiet, um alles auf das russische Wetter zu schieben und die Unpünktlichkeit polnischer Maschinen mit russischen Nebelschwaden zu verschleiern. So bliebe auch das empfindliche, in den Werbemedien hochgepäppelte Pflänzchen "Urlaubsziel Polen" unbeschadet, zumal hierin ein milliardenschwerer Zukunftsmarkt gesehen wird und man in Abwesenheit Lechs ja immer noch einen Quotenrechten hat (der sogar genauso wie der alte aussieht). Wenn Lech angekommen ist, kann er wahlweise als Double seines Bruders auftreten oder wird als Erscheinung auf polnischen Friedhöfen in Teilzeit agieren und aufgrund der Festigung des Glaubens von der Kirchensteuer bezahlt. Verdächtig ist in diesem Zusammenhang, dass sein Bruder Jarosław gleich nach dem "Tod" des Bruders dessen Nachfolge als Präsident angekündigt hatte.

Danuta Lato

Danuta in der Ausübung ihrer Berufung. Wenn es die Zeit erlaubte, verteilte sie auch selbstlos Gutscheine. Die NotgeilenPatienten standen Schlange.

Danuta - von der Klangfarbe leicht mit Billig-Porno oder Gummistiefel-Sex auf dem Bauernhof (das eine schließt das andere nicht aus) verwechselt - steht für das klassische Ideal von Frau, in die heutige Zeit reinkarniert, als Prüfung, um gottesfürchtigen Männern zu zeigen, wie leicht man O...Ordiniert, aber wie schwer es im Gegensatz ist, dieses Amt langfristig auch moralisch zu untermauern. Aber sie ist auch gleichzeitig ein Segen für die Marienverehrer, endlich den Satz "gebenedeit unter den Weibern" veranschaulicht zu bekommen. Neben ihrer Herkunft liegt auch ihr sonstiges Äußeres zum Teil im mythologischen Bereich und das nicht nur, weil die meisten polnischen Männer klein sind und die über 1,80 m große Danuta auch an anderen Stellen mächtig gewachsen ist. So bleiben durch ein evolutionsbedingt verkleinertes männliches Gesichtsfeld sonstige Bereiche ihres Körpers weitgehend im Verborgenen.

Im Gegensatz dazu war ihre Karriere klein, kurz, aber heftig: von einem Deutschen entdeckt, aber nicht entblättert, machte sie als Frau mit großem Herzen durch ihre Großzügigkeit Schlagzeilen, die im Geist der europäischen Vereinigung in einer Bilderschrift gehalten waren, um eine rudimentäre Verständlichkeit zu gewährleisten. Darauf aufbauend war sie sich nicht zu schade, in diversen Hitparaden synchron zu Happysongs als Botschafterin des guten Geschmacks ihre Lippen zu bewegen. Diese Tätigkeit verlangte zwar viel Elastizität, aber auch Beharrlichkeit und eine Formstabilität, die allerdings nur während der Jugendzeit gewährleistet werden konnte. Ihre Botschaft wurde jedoch immer häufiger missverstanden - auch, weil sie Polin war.

So zog sie sich verbittert auf ihr Altenteil zurück und arbeitet heute sehr erfolgreich in einer Reha-Klinik für Hirnkoma-Patienten in Erlangen, Bamberg, Köln, Hamburg, Wiesbaden und München.

Johannes Paul der II. (vermisst)

...zuletzt in Rom gesehen (?) oder auf den Bahamas....

Marie Skłodowska

Die Warschauer Edel-Kurtisane Marie Salomea Skłodowska strebte, seit ihr bewusst wurde, dass sie durch ihre atemberaubende Figur bei den Männern sehr erfolgreich sein kann, Höheres an. Unsterblichkeit, Reichtum, ein Leben in Paris und Gutscheine von den Haute-Couturiers waren das Mindeste, was sie vom Leben erwartete. Sie erreichte alle Ziele in kürzester Zeit.

In ihrer aktiven Phase, um 1890 herum, fiel sie dadurch auf, dass sie sich mit einem Schnauzbart in der Öffentlichkeit zeigte. Sie wollte berühmt werden und zwar als Geistesgröße! Doch im beschaulichen Polen, in dem Frauen als Nicht-Vollwertige sich nicht an den Hochschulen einschreiben durften, wurde sie als Frau enttarnt und sofort zwangsexmatrikuliert. Beleidigt kehrte sie Polen den Rücken zu und fuhr nach Paris. Hier begann sie eine Ménage à trois mit den seinerzeit bekanntesten Forschern Henri Becquerel und Pierre Curie. Letztgenannten heiratete sie schließlich. Im Kreise der Wissenschaftler wurde sie respektvoll die Edel-Curiesane genannt. Gemeinsam mit ihrem Mann erfand sie die Radioaktivität. Dieses neue und noch nicht nachweisbare Strahlenmaterial nutze sie, um ihren Mann beiseite zu schaffen. Sie wollte den Erfolg ganz allein.

Nach dem Dahinscheiden Curies begann Marie ein Techtelmechtel mit Paul Langevin, der die Welt mit stochastischen Differenzialgleichungen langweilte, aber großen Einfluss an der Sorbonne hatte. Durch ihn wollte sie noch berühmter werden. Doch bevor es dazu kam, schied auch sie strahlend dahin.

Polen verlor 1934 seine kurvengeistreichste Tochter.

Wojciech Jaruzelski

Minderwertigkeit muss keine neurotischen Folgen haben. Im Falle des polnischen Despoten unter russischer Herrschaft gilt diese Aussage jedoch nicht. Er versinnbildlicht vorbildhaft Zwangsneurose, Größenwahn und Minderwertigkeitkomplexe. Und Schuld daran war nur sein eckiger Kopf und die zu große Brille. Durch diesen ungewöhnlichen Anblick abgeschreckt wollte wirklich niemand mit dem General befreundet sein. Ein Schicksal, das er übrigens mit Roland Koch teilt.

Roman Polanski

Für das Leben des üppiger behaarten, kleineren und meist hinter der Kamera agierenden Clint Eastwood des Ostens hätte das Schicksal des Sisyphos aus der griechischen Mythologie Pate stehen können (vielleicht waren sie ja wirklich miteinander verwandt?), das zerstört zu sehen, was er sich gerade aufgebaut hatte oder immer wieder aufs Neue mit eigentlich erledigt geglaubten Zuständen konfrontiert zu werden, die Aufmerksamkeit, Arbeit oder wenigstens Geduld erfordern.

Derzeit sitzt der in Paris geborene mit einer Französin liierte polnische Regisseur, der in den USA berühmt wurde und von dort floh, um von Großbritannien aus nach Frankreich zu emigrieren, in der Schweiz in Haft und hofft auf Freispruch für eine Tat, die er in Nordamerika schon lange zuvor begangen hatte und ihm vom Opfer öffentlich verziehen wurde, was den US-amerikanischen Behörden spanisch vorkommt.

Marcel Reich–Ranicki

Der vorwiegend im deutschsprachigem Raum bekannte Großmeister des gelispelten Wortes wurde 1920 in Polen geboren. Seine über weite Strecken langweilige Kindheit verbrachte Marcel im Kreise seiner Familie. Da er kein Vergnügen am Spielen mit gängigen Soldatenpuppen fand, begann er bereits im Alter von vier Jahren, seine Familienmitglieder durch nicht enden wollende Monologe über die Lächerlichkeit polnischer Märchen zu belehren. Grund genug für seinen Vater, ihn des Hauses zu verbannen und an einer deutschen Schule im polnischen Leslau, die sich auf extrem laues Lesen spezialisiert hatte, anzumelden. Hier sollte ihm der Drang, nur in Bücher zu wälzen, ausgetrieben werden.

Doch er bekam bei den nationalsozialistisch geprägten Schulkameraden als Jude und Pole zudem, nicht den gewünschten Anschluss. Verbissen und isoliert fand er auch hier wieder nur inneren Frieden, wenn er sein Antlitz dem geschriebenem Wort zuwandte. Seine markantesten Kennzeichen, eine übergroße Brille aufgrund häufigen Lesens altdeutscher Schriftzeichen und Lispeln, da er sich, anstatt des Mitsingens des Ranicki-Marsches lieber auf die Zunge biss, entsprangen dieser Zeit.

Derart körperlich benachteiligt blieb ihm nur die Tätigkeit als Sssspitssssel im polnischen Geheimdienst. Hier konnte er seiner Meinung nach schlechte Literaten der Geheimpolizei zuführen und sich mit den dafür erhaltenen Prämien später nach Westdeutschland absetzen, um seine atemberaubende Fernsehkarriere anzutreten. Er erhielt dafür zurecht 2008 den Deutschen Fernsehpreis, den er öffentlich zwar ablehnte, aber nach Sendeschluss doch gierig aus den Händen seines Vorbildes Thomas Gottschalk annahm.

Stanisław Lem

Lem fand in Polen viele Zeugnisse, die auf die Existenz außerirdischer Lebensformen hinwiesen. In seinen Händen hält er Modelle unterschiedlicher Raketentypen.

Ähnlich wie Roman Polanski den Namen Polens in sich birgt, trägt Stanislaw Lem den Namen seines Geburtsortes Lemberg in sich. Er wurde 1921 geboren und konnte die Kriegszeit und damit deutsche Besatzung Polens als Jude und Pole überleben, indem er sich acht Jahre in einer Mülltonne versteckte. Hier fand er genügend Nahrung und zugleich eine Vorstellung davon, wie Astronauten sich wohl in Enge, Dunkelheit und bei Astronauten-Nahrung fühlen müssten.

So verfiel Polens bekanntester Literat nach Kriegsende dem Genre Sience fiction und schrieb unter eigenem Namen ca. 20 Romane und unter Pseudonym mehrere Beiträge zu Perry Rhodan, Odyssee 2001 und Raumschiff Enterprise.

Bekannteste Werke Lems sind Planet der Affen I, Planet der Affen II, Planet der Affen IIX, Planet der Affen XIII, Planet der Affen XIX und Planet der Affen XX. Lem starb 2006 auf ungeklärte Weise, da sein Leichnam von affenartigen Wesen in einer Art Mülltonne in Krakau entführt wurde. Sein toter Körper tauchte bis heute nie wieder auf. Literaturwissenschaftler vermuten, er lebt auf einem fremden Stern weiter oder er ist zu Wurst verarbeitet worden.

Miroslav Klose

Als untrennbar mit Polen verbunden muss auch der Nationalfußballspieler Miroslav Klose genannt werden. Klose wurde im Juni 1978 in Opole geboren, wobei seine Geburt zunächst als medizinisches Wunder angesehen wurde. Seine Mutter war polnische Handballspielerin, sein Vater jedoch Fußballspieler. Diese Unvereinbarkeit führte unter den polnischen Geburtshelfern zu großen Rätseln über den Zeugungsakt. Lange zweifelte man daran, ob Josef Klose wirklich der Vater sei.

Miroslav wurde, wie zu erwarten, zunächst höchst musisch ausgebildet. Er lernte Alt-Hellenistisch, begeisterte sich bereits im Kindergarten für Philosophie und war begabter Balletttänzer. Doch sein deutschstämmiger Vater fasste den Plan, die Schmach von Córdoba, die nur wenige Tage nach der Geburt seines Sohnes die deutsche Nation demütigte, zu sühnen und Miroslav als deutsch-polnische Wunderwaffe ins Fußballgeschehen einzubringen. Er wollte es den Österreichern endlich heimzahlen. Die Kloses verließen Polen und Miroslav begann unter Aufsicht seines Vaters mit dem Fußballtraining.

Seitdem tänzelte und schwuchtelte er sich durch mehrere Vereine, bis er schließlich in der deutschen Nationalmannschaft landete.

Zbigniew Brzeziński

Ein intellektuell unwiderstehlicher Mann, der alles weiß, aber nicht viel kann, viele unverständliche Worte spricht und einen Namen trägt, der nüchtern unaussprechlich ist. Es war die Taktik Jimmy Carters, als Geheimwaffe diesen Diplomaten 1977 zur Entspannung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen ins Rennen zu schicken. Auf diplomatischem Parkett wurde ihm sein einziger Makel zum Segen, weil man aufgrund vorgeschriebener Etikette und sowieso schon verklausulierten Formulierungen keinen Unterschied mehr zwischen semantischen oder linguistischen Verständnisproblemen machen konnte und im Zweifel von Entspannungspolitik ausging. Darüber hinaus wusste er mit selbst geschriebenen Sachbüchern jedes Gegenargument zu Tode zu foltern.

So war Brzeziński der weltweit erste und bisher einzige Sicherheitsberater polnischer Herkunft geworden. Die Grundidee war, die Chinesen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen:

  • Diplomaten einsetzen, die nur ihre Muttersprache beherrschten, für die kaum ein Übersetzer, der noch nicht in politischer Haft gesessen hatte, im Ausland aufzutreiben war.
  • Eine bewundernswerte Arbeitsintensität im politischen Alltag mit 20+ Stunden/Tag. Chinesen sind bekannt dafür, selbst während des Beischlafs noch politische Dokumente zu überprüfen und internationale Presseerzeugnisse zu lesen. Amerikaner gelten hier als eher träge. "Was nicht in der NY Times steht kann doch nicht wichtig für uns sein! Lass uns weitermachen"

Leseratte und Diplomatensohn Brzeziński hatte dieses Arbeitspensum bereits mit der Mutterbrust aufgesogen und mehr Bücher geschrieben als Beischlaf gehabt. Niemand weiß mehr zu eruieren, ob seine Voraussagen auf seherische Qualitäten oder sein enormes Wissen zurückzuführen sind.

Seine Voraussagen im Einzelnen:

  • Tittytainment funktioniert auch ohne Titten! Seine berühmte These, mit den Eckdaten 90-60-90 unterhalten zu können, funktioniere statt mit 90cm Oberweite auch mit einem IQ von 90, solange es die 20% der Bevölkerung übernehmen, gerne auch mit der Aufteilung der 90 auf die 20 %, für die sich 80 % der Bevölkerung interessieren könnte. Der bedeutende Italo-Politiker Berlusconi wendete diese Erkenntnisse nicht nur in Form anspruchsvoller Infotainment-Sendungen, sondern gleich mit dem Einsatz ganzer Sender an.
  • Er weist die USA an, an mobile, also auf Wagen montierte, schlanke, spitze und fernsteuerbare iranische Forschungsreaktoren zu glauben, weiß aber, dass die das nie zustande bringen, es sei denn, die Amerikaner supporten den Iran selbst (wenn die Russen kommen, sei alles möglich)
  • Er wusste vorher, dass der 11. September 2001 auf einen Dienstag fällt.
  • Er wusste vorher, dass seine Kinder Jan, Mark und Mika heißen werden.
  • Er weiß, dass es morgen regnen wird.

Rozalia Luksenburg

Rosa Luxemburg, die Verfechterin der fetthaltigen Kost (r.), inmitten ihrer Wahlversprechen: Hungern war gestern, mit Wurst in die Zukunft!

Imbissbudismus ist eine revolutionäre Weltanschauung, die stets nach neuen Erkenntnissen ringen muss, die nichts so verabscheut wie das Erstarren kalter Mayonnaise!“

Dieser Kernsatz der polnischen Freiheitskämpferin Rosa Luxemburg leitete die aufrechte Verfechterin der freien Speise- und Ernährungsgesetze zum Schutze der Arbeiterklasse durch ihr ganzes Leben. Sie wurde 1871 in Zamość als Tochter eines Holzhändlers geboren. Da ihr Vater weder Lesen noch Schreiben konnte („Ich kann nur Holz!“), fiel ihr Name Rozalia Luksenburg schon kurz nach der Geburt in Ungnade und wurde in den Urkunden falsch geschrieben. Sie behielt in Gedenken ihres Vaters den Namen bis zu ihrem Tode bei.

Mit zehn Jahren zog die als schwierig geltende Rosa nach Warschau. Am dortigen Gymnasium beschwerte sie sich schnell über die Schulspeisen und organisierte Hungerstreiks, Brechorgien und Magen-Darmgrippe-Simulationen. Sie engagierte sich an der im Untergrund wirkenden politischen Gruppierung Promayoriat, dessen Sprecherin sie noch zu Schulzeiten wurde. Nachdem viele ihrer Genossen von polnischen Regierungsbeamten erschossen wurden, flüchtete sie in die Schweiz. Hier beendete sie ihr Studium und promovierte magna cum laude über das Thema Polens industrielle Entwicklung. Selbst wenn man alles darüber zusammengetragen hätte, wäre da nicht allzu viel zu Schreiben. Ein dankbares Thema also.

Ungünstigerweise entschloss sie sich, zusammen mit Karl Liebknecht (Pommes Schranke) nach den Lehren Lenins (Currywurst) die Esst-Pudding-Diät (EssPD) in Deutschland zu forcieren. Ihr gemeinsamer Ernährungsplan sah außerdem Frikadellen, halbierte Brötchen und Ketchup vor. Doch letztlich reichten ihr diese Ziele nicht. Sie gründete die Kotelette Pro Divisus (KPD), die sich zum Ziel setzte, auch der Arbeiterklasse Grillfleisch und Freibier in reichlicher Menge zukommen zu lassen. Das konnten sich die kaisertreuen Vasallen Wilhelm II. nicht gefallen lassen. Sie verurteilten die beiden Aufrührer zu Gefängnisstrafen und vollstreckten ein heimtückisches Todesurteil durch Schwarzbroten. Dieses heute noch in radikal-islamistischen Ländern, allerdings mit Steinen durchgeführte Bestrafungsritual fand damals weltweit Ächtung. Den propperen Aufrührern nützte es jedoch nichts. Sie starben 1919 unter der tonnenschweren Last der Brotgeschosse.

Rosa Luxemburg liegt heute in einem Doppelgrab in Berlin. Jährlich legen hunderte Weight-Watcher Anhänger ihr zum Todestag Leberwurstsemmel aufs Grab.

Marek Metulski

Am 1. April 1994 verschwand der polnische Varieté-Clown Marek Metulski, der eigentlich nur unter seinem Künstlernamen "Clown Metulski" auftrat, unter mysteriösen Umständen. Ursprünglich vermutete man, dass der international gesuchte Schwerverbrecher Nihil Baxter hinter diesem Verbrechen stand, doch sein erbittertster Widersacher, Kommissar NullNull Schneider konnte den Ganoven dingfest machen und feststellen, dass Baxter mit dieser Sache nichts zu tun hatte.

So blieb der vermeintliche Mord zunächst ungeklärt. 2004 konnte dann aus alten Stasi-Unterlagen der Vorgang rekonstruiert werden. Der damalige deutsche Bundespräsident, Roman Herzog, besuchte 1994 zusammen mit einigen Journalisten Polen. Da er sich, wie immer, nur mäßig auf sein Reiseland vorbereitet hatte, sprach er bei einer offiziellen Rede vom gelungenen deutschen Aufstand in Warschau 1944. Er meinte natürlich den Warschauer Ghetto-Aufstand der Polen, der sich gegen die Deutschen richtete. Zwar entschuldigte sich Herzog, doch die Polen empfanden das Desinteresse West-Deutschlands als tiefe Beleidigung und als Zeichen einer nur auf Vorurteile basierenden Beziehung.

Auch Metulski sah die Rede im TV Polska und fasste den Entschluss, Roman Herzog sexuell zu demütigen. Er floh aus dem Circus Apollo, in dem er gerade gastierte und reiste dem Präsidenten hinterher. Er kam nur bis ins Nachbarland. In der damaligen DDR wurde er wegen seiner Clownsmaske verhaftet und in Bautzen kaserniert. Die DDR-Beamten verstanden nun mal keinen Spaß.

Marek Metulski starb 1997 unter ungeklärten Umständen und wurde schnell beerdigt. Die polnischen Behörden wurden nie über diesen Vorfall benachrichtigt und so mystifizierte der Clown zum polnischen Volkshelden.

Sprache
Vorurteil
"Schwierige Sprache"
Semantik
(Erster Teil)
Semantik
(Zweiter Teil)
Semantik
(Dritter Teil)
Semantik
(Vierter Teil)
Semantik
(Fünfter Teil)
Historischer Sprecher Einfache Beispiele

Sprache

Vorurteil "Schwierige Sprache"

Manchmal ist weniger eben nicht mehr, sondern genauso viel - im Vergleich die polnische Ur- und die amerikanische Verkaufsversion eines Filmdramas

„Wenn mans kann, ists einfach“ gilt gerade auch für die polnische Sprache. Es kommt immer nur auf die innere Bereitschaft an, es zu erlernen und wenn man es kann, kann man es einfach nicht mehr verlernen. Es sei denn, es wird wie das Sprechen von Deutsch in Polen während der kommunistischen Ära sanktioniert: Dann fällt es leicht.

Das wesentliche Merkmal der polnischen Sprache ist die Metamorphose, die als roter Faden durch alle Bereiche mäandert und einem als schier verzweifelt Ertrinkenden immer eine wichtige Hilfestellung bietet, solange man keinen grammatikalischen, semantischen oder aussprachetechnischen Fallstrick erwischt. Aber selbst dann festigt die Verinnerlichung des polnischen Wesensmerkmals, der Gelassenheit, das Nervenkostüm. Man kann dann immer noch lächelnd und nickend, vielleicht mit vorsichtiger lautmalerisch bemühter Motorik einheimischen Konversationen beiwohnen, nicht weit entfernt vom unbedarften Sinnbild des Lernens durch das Deponieren eines gedruckten Vokabulars unter dem Kopfkissen und letztlich vom selbstbewussten Ausschwitzen des Problems, bis es keines mehr ist – irgendwann.

Dabei gibt es eine innere Metamorphose durch den Entwicklungsprozess der Sprache in sich, wo diese zwar als lebendige Kraft, aber räumlich sehr begrenzt mit einem Trutzburg-Charakter und inzestuösen Folgen wirkt und eine äußere Form, wo unter strengster Überprüfung der „Besucher“ über linguistische FallbrückenEinfallstrassenStolperstrecken Transitwege fremde Lehnwörter zwar aufgenommen, aber bis zur Unkenntlichkeit ins Polnische abgewandelt werden. Damit wird man letztlich wieder zwangsweise dem polnischen Image als Mahlgut der Geschichte zwischen fremden Mächten mit nur wenig befreundeten Zweigen wie dem Kaschubischen und Tschechischen gerecht, dass es hier anders gemeint, anders ausgedrückt und sowieso anders ausgesprochen wird.

Dieser Abschnitt räumt mit den ewigen Vorurteilen auf, indem systematisch Akte der Verzweiflung, nach den ersten Jahren des Studiums der polnischen Sprache immer noch kein einziges Wort eines nativen Sprechers zu verstehen, verhindert bzw. als allzu schnelle Selbstaufgabe entlarvt werden. Im Rahmen einer Gebrauchsanweisung sollte man in solchen Fällen ähnlich wie beim Versagen technischer Geräte eine Störliste Punkt für Punkt abarbeiten:

Semantik (Erster Teil)

Einfachheitshalber kann man in der polnischen Sprache als Lernwilliger davon ausgehen, von kaum einer linguistischen Vorbildung profitieren zu können. Geht man davon aus, dass man etwa 20000 Vokabeln braucht, um sich in einer fremden Sprache unterhalten zu können, kann man es sich hier nicht erlauben, allein bei hundert Worten zu schlampen.

Beherrscht man diese aber, ist man auf dem Stand, polnische Substantive, Adjektive und Verben aneinanderzureihen, um sich beispielsweise in einer Notsituation als Sender ohne Empfangseinheit verständlich zu machen; der andere wird schon genug Fantasie haben:

Aus

„Baum, sitzen, kalt, Papier, verlieren, Nachricht, finden?“

wird

„Es ist scheiße kalt. Ich hatte mich hinter den Strauch gehockt und dabei meinen Pass verloren. Wissen Sie, wo sich hier die Botschaft befindet?“

Der erste Schritt ist getan und solange der andere nicht spricht, fühlt man sich der Sprache mächtig und respektiert die metamorphosischen Kräfte des anderen.

Semantik (Zweiter Teil)

Gute Miene zum bösen Spiel der annektionsresistenten Sprache und Sprachverwirrung: "Es sei Deins!" "Nein, es ist meins" "Ja, Deins" "Nein, meins!!!"

Bevor man lernt, wie durch eine Verdrehung der Satzbestandteile Sinngehalt kommuniziert wird, ist zu bedenken, dass die persönlichen und besitzanzeigenden Fürwörter auch dem Gesetz der Metamorphose unterliegen. So wird aus „Mein“ „Dein“ oder aus „Sein“ „Mein“ und umgekehrt. Auch die Zeitformen können nicht 1:1 übernommen werden, da bspw. aus der Gegenwartsform „gehören“ das Präteritum „gehörte“ wird.

Semantik (Dritter Teil)

Der nächste Schritt ist das Beherrschen des Satzbaus: hier ist es auch so, wie es nirgends anders ist. So ist man gezwungen, vor dem Sprechen Sachverhalte in seine Bestandteile zu zerlegen und in einer anderen Reihenfolge zusammenzusetzen, damit es auch richtig verstanden wird.

Kommunikationswunsch des Polnisch-Schülers gemäß einer dialektischen Erörterung aus einem polnischen Lesebuch:

„Hierhin“, reckte der Altnazi den Arm hoch, „versteht Ihr? Höher geht’s nicht!“ „Ich grüßte Hitler, was schon filmreif war. Wie die Filmabende mit meinem Enkel.“

Verstanden wird es aber so:

„Enkel und Opa sehen abends einen alten Nazifilm. Darin macht der Opa einen Hitlergruß. Der Opa sagt:“ Ich habe nur zu verstehen gegeben: Bis hierhin und nicht weiter!“

Die meisten polnischen Witze entstehen durch einen falschen Satzbau, was eine weitere Motivation für den Lernenden mit sich bringt, auch wenn man es selbst nicht versteht, warum die anderen lachen.

Semantik (Vierter Teil)

Die vierte Verschlüsselungsebene ist der promiskuitive Gebrauch von Idiomen in der polnischen Sprache. Nahezu nichts wird offen „übersetzt“, sondern gemäß des Charakters einer auch sprachlich umkämpften Insel alles, was einem in den Sinn und unter die schwere Zunge kommt, anhand von Redensarten und Sprichwörtern verklausuliert und allegorisiert, was eine linguistische Eroberung geradezu verunmöglicht.

Nimmt man z.B. eine einfache Aussage wie

„Ich denke, es ist an der Zeit [mein/Dein] Auto umlackieren zu lassen“

heißt es auf Polnisch:

„Die Hoffnung stirbt zuletzt, wie die geschwätzige bunte Gans lieber in meiner Hand, als einen Tauben auf dem Dach zu haben, der sich die Nummer aufschreibt!“

Semantik (Fünfter Teil)

Da es die Geschichte jeder Sprache ist, vor der schriftlichen Niederlegung und Festlegung zunächst jahrhundertelang ausschließlich gesprochen worden zu sein, mag man nicht nur die Fantasie der Sprechenden bzgl. Semantik, Satzbau und Idiomdeutung würdigen, sondern sich vor allem fragen, bei welchen Gelegenheiten und in welchen Zuständen man über eine lange Zeit solche Laute hervorzubringen vermochte.

Historischer Sprecher

Die berühmt-berüchtigte Figur des Til Eulenspiegel, ursprünglich von Germanisten in den niedersächsischen Raum annektiert, stammt aus Polen. Dies wurde nicht etwa wegen oftmaliger Verständisprobleme Eulenspiegels mit dem gemeinen Volk schon immer vermutet. Es ist diffiziler. Im Kontext war klar geworden, dass seine Methode zum Demonstrieren von Dummheit, etwas allzu wörtlich zu nehmen, ohne scheinbar hinter den wahren Sinn zu blicken, eine sehr polnische war.

Einfache Beispiele



Bildungssystem
Die Jagiellonische Bibliothek

Bildungssystem

Wegweisend für das heutige Schulsystem waren die deutschen Besatzer, die im Zweiten Weltkrieg Polen annektierten. Sie ersetzten die polnischen Lehrer, die zu über 80 Prozent in Konzentrationslager gesteckt wurden und stellten einen eigenen Lehrkörper. Dieser führte die Kasernierung der jungen Menschen ein und war verantwortlich für die Leitsätze, die über jedem Schultor angebracht waren. So kamen „Bildung tuht Not“ oder „Nicht für den Schule Lernen wir“ als Zeugnisse eines peinlichen deutschen Zeitraums in die Geschichtsbücher Polens.

Doch das Aufteilen in Kindergarten (przedszkole), Grundschule (szkoła podstawowa), Mittelschule (gimnazjum), höhere (liceum ogólnokształcące) und noch höhere Schule (Polska Akademia) wurde von den Besatzern übernommen. Vor dieser Zeit war Polens Bildungssystem beschränkt auf Hühnerzüchtung, Feldarbeit und Ernten.

Diese von den Deutschen übernommenen Schularten wurden noch mit polnischen Eigenarten gewürzt und brachten unser Nachbarland auf einen der letzten Plätze in der PISA-Studie. Doch die Kultusminister zeigten sich unbeeindruckt. Schließlich wusste sie, dass die Letzten einmal die Ersten sein würden. Vorsorglich drehten sie den Zensurenspiegel um und vergaben die Note 1 für die schlechtesten und die Note 6 für die herausragendsten Schüler. Wenn das auf PISA übertragen würde, war das polnische Schulsystem doch gar nicht mal so schlecht.

Die Jagiellonische Bibliothek

Die zur gleichnamigen Universität gehörende Nationalbibliothek in Krakau genoss bis in die Mitte der 70er Jahre des 20. Jh. internationale Anerkennung. Die bereits im 14. Jh. gegründete Sammelstelle für Polonica erwarb sich durch den Umfang, der Qualität und der Spezialisierung auf polnische Original-Bände seit dem Beginn des Buchdrucks einen der Wiener Universitätsbibliothek ebenbürtigen Ruf. Infolge sozialistischer Kultur-Renovation entschied sich das ZK jedoch dafür, die „revisionistischen Schinken“ zu verbrennen und die Jagiellonische Bibliothek auf einen der Moderne angepassten Geschmack zu trimmen.

Seit 1976 werden in den Hallen der Kopernikus-Leseräume Magazine aus der gesamten Ostzone gesammelt. Ab 1990 kamen auch westliche Blätter (u. a. Blitz-Illu) hinzu. Die Jagiellonische Bibliothek ist heute bedeutendstes Archiv dieses Genres und erfreut sich größter Beliebtheit auch bei Nicht-Studenten.

Städte
Danzig Szklarska Poręba Breslau (Wrocław) Warschau
Łódź Krakau Lublin

Städte

Breslauer Gummistiefel
- Perfekt an Hochwasser-Situationen angepasst: abwaschbar, wasserfest und für die modebewusste Dame obendrein noch hübsch und wenn alle Dämme brechen alle Stricke auch reißen sollten, gewährleistet die nach kurzer Zeit erworbene spastische Fußlähmung, dass nur die Zehen feucht werden können

Danzig

Wenn man niest und gleichzeitig Danke sagen möchte, entsteht das polnische Wort Gdansk. Es ist der aktuelle polnische Begriff für Danzig. Die reiche Hansestadt galt viele Jahre als Wanderpokal, da es seit ihrer Gründung viele Eroberer gab, die sich an der Hafenstadt bereichern wollten. Doch nachdem die Konquistadoren erkannten, dass Danzig auf den Pommerellen liegt, was viele irrtümlich für eine ansteckende Krankheit hielten, flohen sie und überließen die Danziger sich selbst. So entstand eine Stadt, deren Bewohner sich stolz und unabhängig gaben, bis sie 1939 „heim ins Reich“ geholt wurde. Die Ureinwohner verschwanden aus Danzig und Deutsche bereicherten die Ostseestadt mit ihren Bräuchen. Doch selbst diese hartnäckigen, gestählten und gegen Krankheiten gefeiten Übermenschen konnten die stolzen Danziger nicht auf Dauer bezwingen. 1945 verließen auch sie die Stadt und die Polen hatten ihre Stadt wieder. Um die noch verstreut dort bleibenden Deutschen zu demütigen, gaben sie der Stadt den schwer auszusprechenden Namen Gdansk.

Nach 1945 machte Danzig vor allem durch innovative Wohnkasernen und Werften, in denen mehr gestreikt als gearbeitet wurde, Schlagzeilen.

Szklarska Poręba

Auf 50° 50′ N, 15° 32′ O liegt an der Nordseite des idyllischen Riesengebirges die Stadt Szklarska Poręba. Die einstige Künstler- und Glashüttenhochburg machte Schlagzeilen durch ihren rüden Umgang mit Schriftstellern, die von den anderen Kunstgattungen als Nestbeschmutzer betrachtet wurden und unter Ausgrenzung, Ablehnung und körperlicher Züchtigung litten. Der deutsche Name dieser Stadt, Schreiberhau, gilt als Beleg für die unfreundliche Behandlung der literarischen Zunft.

Auch wenn der Zusammenschluss der Maler, Musiker, Glasbläser, Töpfer und Strickvirtuosen ihre geballte Zurückweisung der unter diesen Bedingungen lebenden Schriftstellern täglich unter Beweis stellten, blieben diese bis 1902 in der Künstlerkolonie am Przełęcz Szklarska stoisch häuslich. Nach 1902 wagte sich kein Literat mehr in dies beschauliche Städtchen.

Einzig Gerhard Hauptmann, der ja auch als Schriftsteller rebellische Züge hatte, bewies den Mut, ein unter falschem Namen gekauftes Haus in Szklarska Poręba an ungeliebte Berufskollegen zu vermieten. Dieser in der Literaturgeschichte kaum bekannte Charakterzug Hauptmanns stellt den Grandseigneur des Naturalismus in einem völlig neuen, unmoralischen Licht dar.

Heute lebt Schreiberhau hauptsächlich vom Tourismus. Zu bewundern sind die Josephinenhütte, die Künstlerkolonie und das Heimatmuseum mit seiner imposanten Sammlung aufgespießter Schriftstellerschädel.

Breslau (Wrocław)

Breslau, ist eines der vier Venedigs des Nordens. Obwohl es weit entfernt von der Ostsee liegt, schaffen es die nahegelegenen Flüsse Ohle oder Oder auch ohne fremde Hilfe, die in den Tiefebenen Niederschlesiens beheimatete Stadt zu überfluten. Die Bevölkerung hat sich an diesen Zustand gewöhnt und die Wathose oder Overknee-Rubberboots prägen das Bild der Breslauer Alltagsmode. Für die modebewusste Dame gibt es mittlerweile sogar Gummistiefel mit hohen Absätzen.

Trotz aller Begabung polnischer Künstler hat Breslau es nie geschafft, Künstler von Weltruhm mit ihrem Namen in Einklang zu bringen. Einzig der Eigenbrödler Wilhelm Busch, der aus Niedersachsen stammend Mitleid mit Niederschlesien hatte, war Breslau zugetan. Er kreierte das Breslauer Stadtwappen und übernahm die Insignien der Breslauer Gründungsurkunde später in sein bekanntestes Werk Masczie und Morislawki, das bei uns als Max und Moritz Ruhm erlangte.

Neben einer lebhaften Industrie, die sich auf das Herstellen von Gummiwaren spezialisierte (Gummistiefel, Gummisandaletten, Wathosen, Badekappen, Kondome und Latex-Kleidung) hat Breslau nichts Sehenswertes zu bieten.

Kulturhistoriker fanden Spuren vom niederschlesischem Wirken Wilhelm Buschs selbst im Breslauer Stadtvertrag. Oder hat Busch seine berühmte Hühner-Episode etwa aus Breslau entlehnt?

Warschau

Warschau (pl. Obacht, Stadt die vom [bzw. im] Sumpfe [ver] kommt) ist nicht nur die bevölkerungsreichste Stadt, sie ist auch gleichzeitig die Hauptstadt und das Wirtschaftszentrum Polens. Und das, obwohl lange nie feststand, ob dieses ursprünglich palisadenbewehrte Dorf nicht in dem Morast der Weichsel, an dem sie einst erbaut wurde, einsinken wird.

Trotz der auf unsicherem Fundament gegründeten Stadt fanden viele Herrscher Gefallen an Warschau und versuchten sich in Annexionsspiele. So fielen die Sachsen, die Preußen, die Russen, die Deutschen und schließlich sogar die Polen selbst in Polens Machtzentrum ein. Kein Wunder, dass man hier vergeblich nach einer historischen Substanz oder klar erkennbaren Linie in der Stadtplanung sucht. Jeder baute irgendwas und jeder nachfolgende Okkupator zerstörte irgendwas. So gilt Warschau heute als Konglomerat verschiedenster Baustile und extrem verwinkelter Straßenzüge. Wer sich heute als harmloser Tourist in die Stadt verirrt und kein polnisches GPS-Gerät bei sich führt, wird sich sehr wahrscheinlich bald auf einem der vielen rechts der Weichsel angelegten Massengräber wiederfinden.

Erschwerend kam hinzu, dass Warschau in der Zeit des Zweiten Weltkrieges eine zweite Ebene, die sogenannte Zentrale des Unterirdischen Polnischen Staates, ins Leben rief. Von hier aus plante man die Rückeroberung des Deutschen Reiches und gab vorsorglich die Parole „Erst gehört uns Unter-Warschau, dann die ganze Welt!“ heraus. Das vorzeitige Ende des Krieges verhinderte die Machtübernahme Europas. Doch die Warschauer gruben unermüdlich weiter und legten auch in Zeiten des Kalten Krieges ein weit verzweigtes Tunnelsystem an. Die vornehme Blässe der Warschauer Bevölkerung rührte nicht vom schlechten Wetter her, sondern zollte der Tatsache Tribut, dass 73% der Warschauer unter Tage lebten. In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts war es mit diesem Spuk vorbei. Die für die Tourismusbranche notwendige Aufweichung der Weichseldämme fluteten die Tunnel und die Warschauer mussten zurück ans Tageslicht.

Heute haben sich die Polen daran gewöhnt, dass Warschau aus dem Nichts die bevölkerungsreichste Stadt wurde. Nur Łódź blickt eifersüchtig auf die Hauptstadt, da sie diesen Titel so plötzlich abgeben musste. Die Fußballspiele Warschau-Łódź gelten daher auch als die Gewalttätigsten in der polnischen Liga.

Łódź

Das heutige, sehr quirlige Łódź fiel in letzter Zeit dadurch auf, dass die Stadtoberen die UNESCO mit Anträgen über eine Aufnahme als Weltkulturerbe bombardiert haben. Aus internationaler Sicht spricht eigentlich kaum etwas für eine Benennung, doch innerhalb Polens genießt die Stadt Kult-Status. Sie ist gleichsam Kultur-Hauptstadt, Hauptstadt der Herzen und bekannteste Stadt Polens. Während bei Danzig und Warschau bei 73% aller Deutschen noch Zweifel herrschen, ob dies nicht deutsche Städte sein könnten (irgendwo im Osten), ist man sich seit Vicky Leandros Hymne „Theo, wir fahrn nach Lodsch“ auch bildungsferneren Gesellschaften sicher, dass Łódź polnischen Ursprung sein muss. So hat dieses Lied zu ungemeiner Popularität dieser Stadt beigetragen. Łódź ist ein Muss, wenn es um Polen-Reisen geht.

Józef Piłsudski konnte weiterhin viel zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen. Um den Chic der polnischen Armee auf einen trendigen Geschmack zu trimmen, benötigte er eine funktionstüchtige Textil-Industrie. Er ließ in und um Łódź modernste Webereien, Brokatproduktionen und Seidennähereien bauen. Hier konnte er seine hübschen und bunten Uniformen nähen, die Polens Feinde schon von Weitem vor Lachkrämpfen zusammenbrechen ließen. Wo sich die Mode-Szene niederläßt, entstehen in ihrem Sog auch andere wirtschaftliche Begleitunternehmen. So findet man in Łódź heute die höchste Kneipendichte Europas oder eine Kunstfilm-Metropole, die sich durch Filmhochschule und viele Kinos bemerkbar macht. Man spricht in Polen ehrfurchtsvoll von HollyŁódź. Außerhalb des weiß-roten Staates nimmt man jedoch keine Notiz vom regen Treiben der Kultur-Szene. Genauer gesagt nimmt man nicht mal Notiz von der Existenz Łódźs. Ein Grund mehr, warum die UNESCO bislang alle Anträge von hier ungelesen in den Papierkorb warf.

Krakau

Slawen entdeckten den Ort, an dem heute die Stadt Krakau liegt in grauer Vorzeit. Zwischen zwei Hügel eingebettet, die östlich und westlich des Slawen-Stammes lagen, wurden diese Nomaden sesshaft. Sie rollten bei ihrem Versuch, die Hügel zu überqueren, auf halbem Weg wieder zurück ins Tal. Auf den Gedanken, nördlich oder südlich auszubrechen, sind sie nicht gekommen. So gründeten diese frühen Bewohner eine Siedlung, die von ihrem Stammeshäuptling Krakau genannt wurde, da er als erste Jagdtrophäe eine Krake aus der Weichsel zog.

Später zog die zur Stadt gewachsene Siedlung die Adelsgeschlechter aus allen Teilen Europas an und sorgte für einen interessanten Kneipenmix, an dem der Jet-Set des Barocks seine Dublonen, Thaler und Gulden verprassen konnten. Unter Drogeneinfluss formten die Habsburger, denen Krakau kurzzeitig gehörte, sogar eine Republik Krakau. Dann kehrte Ruhe ein und erst mit Einmarsch der Deutschen gerieten die Bewohner wieder in Bewegung. Sie teilten sich schnell in Juden und Nichtjuden, damit die Deutschen es beim Sortieren leichter hatten. Die Juden wurden ins Krakauer Ghetto gepfercht, da hier durch die beiden Hügel schon zwei natürliche Mauern vorhanden waren und man nur den Nord- und den Südausgang bewachen brauchte. Nach Kriegsende nahm die UdSSR die Stadt in Beschlag und vollendete das Werk der Deutschen, denen der Kriegsverlust dazwischen gekommen ist.

Heute wird Krakau als heimliche Hauptstadt gehandelt und ist, sehr zum Missfallen der Bürger von Łódź, sogar als Weltkulturerbe bei der UNSESCO gelistet.

Lublin

Die wechselvolle Geschichte Lublins entstand bereits im 12. Jahrhundert. Schwadronierende Ritter bauten eine Burg und ummauerten sie mit einer Stadtmauer. Die hierin eingepferchten Bewohner hatten zwar einen beengten Auslaufradius, waren aber sicher vor Angreifern. Die Situation für die Lubliner hat sich bis heute nicht geändert. Noch immer leben die inzwischen auf 350.000 Menschen angewachsene Zahl der Einwohner innerhalb der Befestigungsmauer. Damit genügend Platz für alle vorhanden blieb, erhöhte man praktisch denkend die Mauerwände. Die Stadtmauer ist mittlerweile so hoch, dass sie als Fernsehturm dient und auch den Nachbardörfern einen guten Empfang an den Geräten beschert.

Kultur
Demonstrationskultur TV Polska Der polnische Film Architektur & Städtebau
Feiertage Essen & Trinken Polnischer Humor Musik
Polnische Nationalhymne Beliebte polnische Spiele und Traditionen

Kultur

Demonstrationskultur

Im Nachhinein ist es schwierig, die Determinanten herauszuisolieren, die zur Demonstrationskultur führten. Waren es die zahlreichen religiös motivierten Umzüge, wie etwa bei Fronleichnam oder beim Sternsingerbrauch oder entstammen sie gar archaischen Riten aus der Geschichte der stets umkämpften größten Insel Europas?

Aus der polnischen Geschichte und dem strengen Katholizismus heraus läßt sich die Demonstrationskultur Polens herleiten. Im Ergebnis führten also zwei Strömungen zu den politischen Zuständen in den 80er Jahren. Auf der einen Seite waren die Polen es gewöhnt, zu Fronleichnam und anderen Feiertagen einem „Führer“ und dem kostbarsten Gut der Gemeinde hinterherzurennen und fromme, edle Parolen in gruppenkonformem Choral herunterzubeten. Dabei waren die oft originär in fernöstlichen, kommunistischen Staaten gefertigen Monstranzen eher von ideellem, als tatsächlichem Wert.

Zum anderen stand die bewegte Geschichte Pate für die subversive misstrauische Grundeinstellung des polnischen Volkes, (wieder einmal) herauszuschreien, wenn man (wieder einmal) erobert wurde, zu viel Steuern zahlen musste, zu Überstunden verpflichtet wurde oder der Nachbar zu viel Zeit auf dem gemeinschaftlich genutzten WC auf dem Flur verbrachte. Schnell versammelten sich dann Gleichgesinnte, es wurden Plakate angefertigt, die Stimmen geölt und auf die Straße gegangen, bis der Arzt kam oder man an die Wirtshausrechnung erinnert wurde. Auch hier lief man eher hinter Werten und Forderungen hinterher, die die Leinwand nicht wert waren, auf der sie geschrieben standen.

Dabei hatte sich eine besondere Variante der Demonstration herausgebildet: die weiche Demonstration. Gab es nämlich wirklich einen konsequenten, menschenverachtenden Aggressor, der mit matriarchalischen Mitteln die Menschenansammlung zu zersprengen suchte, verflüchtigte sich die Menschenmenge genauso schnell wieder, wie sie entstanden war und man begann wieder, unauffällig seiner Arbeit nachzugehen. Kopfschüttelnd sah man auf westliche Demonstranten, die sich an Gleise, Panzer oder Buchläden ketteten und die Schlüssel herunterschluckten: "bld jak możesz kaczyński?!" "Wie blöd kann man nur sein?!"

Ehemaliger Ausbildungsberuf

Die Vermengung dieser Kultur mit religiösen Aspekten führte schließlich zu einer weiteren Stufe des organisierten Protestes, der bereits so komplex war, dass polnische Betriebe mit Unterstützung des allerdings gemäßigten Staates bereits Ausbildungsplätze als Demonstranten vergaben.

Der Ausbildungsplan sah folgende Bereiche vor:

  • Erstes Ausbildungsjahr
  1. Marschieren in verschiedenen Taktfrequenzen
  2. Anfertigung von Transparenten
    1. Rechtschreibung und Grammatik
  3. Tragen von Transparenten (in 10-kg-Schritten)
  • Zweites Ausbildungsjahr
  1. Zeitmanagement
  2. Technik
    1. Bedienung und Reparatur von Megaphonen
    2. Selbstbau von Megaphonen
    3. Sicheres Kapern von Beschallungsanlagen
  • Drittes Ausbildungsjahr
  1. Herausarbeiten eines Demonstrationsgrundes
  2. Rhetorik
  3. Singen von Arbeiterliedern (Der ehemalige Eliteabsolvent Wałęsa sorgte für die Integration dieses Punktes in den Lehrplan: "Wenn mans schon nicht macht, sollte man wenigstens trefflich drüber singen")

TV Polska

Internationales Aufsehen erregte das 1977 gegründete staatliche Fernsehprogramm TV Polska, das sich durch eine atemberaubende Mischung aus Kultur-Programm, politischer Informationen, Tier- und Heimatgeschichten in Serienform sowie ein ruckelfreies Nachtprogramm für Erwachsene auszeichnete. Polen erreichte mit diesem Schritt den längst fällig gewordenen Anschluss an die Neuzeit.

Da die finanziellen Mittel in den Gründungsjahren nicht ausreichten, ausländische Serien hinzuzukaufen oder neue eigene Produktionen zu erstellen, ging man frühzeitig dazu über, das vorhandene Bildmaterial zu immer neuen Serien zusammenzustellen. Auf diese Art konnte den Zuschauern ein kostengünstiges, abwechslungsreiches TV-Programm geboten werden. Gleichzeitig wurde das Fernsehkonsumverhalten beeinflusst. Noch heute haben die älteren Polen Schwierigkeiten mit der Verfolgung des Handlungsablaufes, wenn zu viele unbekannte Personen auf dem Bildschirm erscheinen.

Was in den Bereichen romantischer oder dramatischer Serien noch problemlos funktionierte, scheiterte bei der Vermischung von Erwachsenenprogramm und Tierfilmen. Beide für sich genommen harmlose Einspielungen gerieten in dieser Zusammenstellung zu einer explosiven Mixtur und riefen den Zorn und heftige Emotionen der tief religiösen Bevölkerung hervor. Obwohl das Sendeformat staatlich verordnet war, wagten die Bürger eine erste Auflehnung gegen die Obrigkeit. Aus diesem revolutionären Gedankengut entsprangen später die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc und die Unterwanderung der katholischen Kirche durch Aufstellung eines polnischen Papstes.

Technische Finessen

Ein Programm zu erstellen und auszustrahlen ist die eine Sache. Es auch zu empfangen eine andere. Die polnische Technik-Industrie hing der industriellen Revolution um Jahre hinterher und die Entwicklung und Herstellung eines fortschrittlichen Fernseh-Gerätes überforderte die Ingenieure erheblich. Glücklicherweise kam es beim befreundeten Bruderstaat DDR anfangs der Siebziger Jahre durch einen falsch interpretierten Jahresplan zu einer Überproduktion des beliebten Farbfernsehgerätes Robotron 2000 aus dem sächsischen Kombinat VEB Flachzange Coswig. Mit diesem klassischen Zweifarbsystem wurden sowohl blaue als auch rote Spektren erzeugt, die zu weiteren 163 Farbabstufungen vermischt werden konnten und dem Betrachter den visuellen Eindruck kolorierter bewegter Bilder vermittelte.

Rasante Aufholjagd

Durch interessante Masken konnte diese Filmsequenz als Othello-, Western- und Dornröschenfilm geschnitten werden.

Der späte Einstieg in das Medium Fernsehen führte zu einer neuen Herangehensweise an das Sendeformat. Durch die Kunst des Improvisierens, die Spezialisierung auf Synchronisationen bereits gesendeter Bilder, durch Umgang mit künstlerischer Farbabstraktionen und ohne die Last der Fernsehentwicklungsgeschichte konnten die polnischen TV-Macher unbeschwert an ihr Werk gehen und ihre Beiträge in den Stand der anspruchsvollen Kunst-Filme erheben. Die Regisseure, Cutterinnen und Dramaturgen Drwaren gefragte Spezialisten und manch einer folgte dem Ruf aus Hollywood, wo sie dann jedoch mangels englischer Sprachkenntnisse eher im Bereich der Erdnussernte eingesetzt wurden.

1995 war das polnische Fernsehen bei den europäischen Kulturschaffenden anerkannt und die Gründung von TV Polska International sowie TV Polska revoluzcionscy eine zwangsläufige Folge. Mit dem 1999 gesendeten Themenabend „Der polnische Fernsehfilm“ auf Arte erfuhr auch die breite Masse der Westdeutschen von den ungewöhnlichen Sendungen. Was vor fast 20 Jahren in einer Plattenbau-Wohnung in Sacz mit einfachsten Mitteln begann, ist heute ein bedeutender polnischer Wirtschaftszweig und genießt internationales Mitleid Ansehen.

Der polnische Film

Abgesehen vom bekanntesten Regie-Export, Roman Polanski, der das Sponsoring im Namen trägt, hat sich in der polnischen Filmindustrie auf internationalem Parkett über der Gürtellinie unter dem Strich wenig getan; vor allem wohl deswegen, weil halt mit speziellen Farben gemalt wird, die nur hier verstanden werden. Es gab und gibt zwar immer wieder auf kulturell-gutmenschlichen Filmfestspielen von sich vor allem selbst produzierenden Pseudointellektuellen immer wieder beachtete Auftritte von Alkoholikerdramen, von ambitionierten politischen Dramen über Bürgerbewegungen im Freischwimmerbecken, von Liebesdramen hinter dem (gefallenen) eisernen Vorhang, von Dokumentationen über den dramatisch strengen Katholizismus in sich selbst überlassenen Dörfern oder inständige Insider-Erzählungen über Landflucht aus ebendiesen Ansiedlungen.

Aber nicht zuletzt konnte man auch weder mit den Locations noch mit den Besetzungslisten anderer Filmindustrien Schritt halten und so verblasste und verflackerte das Filmstück aus der polnischen Seele genauso schnell wieder, wie es produziert worden war und das, wo sich andernorts bereits neue, schnell hingeschmierte französische Liebesfilme oder spanische Roadmovies für die Festspiele in Cannes, Berlin etc. in den Startlöchern befanden.

Lohndumping - nicht bei uns!

Vielerorts hatte man schon immer mit einer offiziell ungeliebten Erscheinung des Bauwesens zu tun gehabt. Hoch motivierte, aber schlecht bezahlte, bei Nacht und Nebel angereiste Bauarbeiter ließen Baupläne als Papier geduldig sein und meisterten große Bauvorhaben mit dem Gut, das fehlende Ausbildung vortrefflich kompensiert: Improvisation. Lohndumping war hier aber nie ein Problem. Die Verdienstmöglichkeiten im Ausland waren immer schon grandios und zu Hause gab es andere Anlässe, kostengünstig zu bauen und lange Zeit Stile wie Romanik und Gotik zu pflegen, bei denen die Urheberschaft im Dunkel der Geschichte blieb. Auf der einen Seite behielt man sich marode Siedlungen und einstürzende Neubauten als Wachstumspotenzial vor und konnte immer sicher sein, dass bei klagewütigen Bauträgern niemand belangt werden konnte. Und nach dem EU-Beitritt gewann dieses Merkmal eine neue Qualität, indem man nun sukzessive schlechte Bausubstanz durch ebensolche ersetzte und so mit EU-Geldern europapolitische Entscheidungen zum weiteren Einsatz von EU-Geldern rechtfertigte.

Erneuerer der Baukunst

Hier der Bauplan des Warschauer Belvederes, der von Jan Kubicki als ursprünglich barockes Schloß klassizistisch-kostenbewusst umgebaut wurde
Nach dem Umbau (Aufdruck "Blauer Engel" für energiesparendes Bauen befindet sich auf der Rückseite)

Ein Architekt gilt als Geist, der stets verneint, wenn es darum geht, kostengünstig zu bauen. Ein polnischer Architekt hingegen gilt als Virtuose im Umgang mit Recycling-Baumaterial, Pappe und Restmüll. Weiterhin muss er in seiner Funktion als Bauaufsichtsführer sicher im Umgang mit der etwas gemächlichen Arbeitsweise polnischer Handwerker sein. Hat ein polnischer Architekt Bauten geschaffen, die länger als drei Jahre den Wetterkapriolen ausgesetzt waren und diesen Stand hielten, sind sie auch international begehrte Baukünstler. Zahlreiche, meist von öffentlicher Hand finanzierte Großprojekte, gehen auf diese Berufsgruppe zurück (Kölner U-Bahnbau, World-Trade-Center, Harrisburger Reaktortechnik, erdbebensichere Stadtteile in japanischen Großstädten, aber auch das Tsunami-Frühwarnsystem auf Djakarta)

In Zeiten immer knapper werdender Kassen hat sich die polnische Architektur den Ruf moderner und besonders kostenarmer Bauweise erobert und gilt heute bei öffentlichen Ausschreibungen als unschlagbar. Kein Wunder, dass die Kritik der etablierten internationalen Meister des Goldenen Schnitts nicht verstummt und der polnischen Bauingenieurszunft Wettbewerbsbetrügereien vorwerfen. Sie lassen außer Acht, dass das Erbe der Architekten auf die Hochreife des Barocks zurückgeht, in der unter Leitung des russischen Fürsten Potemkin zahlreiche Dörfer entstanden sind, an dessen Durchführung polnische Architekten maßgeblich beteiligt waren.

Heute erklärt sich der legendäre Ruf vor allem auf Einsatz neuartiger Baumaterialien (polyestergetränkte Pappe, Styropor-Fertigfundamente und Dachbespannung aus Kunststoff-Tragetaschen). Wenn es zu keinem Umdenken der Stahlbetonbauer kommt, wird es zukünftig schwierig für die Branche, an polnischer Architektur vorbeizukommen.

Falowiec

Zweckdienliche Bauten gelten als kardinales Merkmal polnischer Architektur. So kennt man aus der Frühgeschichte den Turmbau zu Babelski, die Laufradmühle von Bialystok und den Koloss von Rzeszów. All diesen Bauten, denen von den Polen der Titel Weltwunder verliehen wurde, zeichnen sich durch eine in der Theorie mehrfach nutzbare Architektur aus.

So diente der Koloss als weithin sichtbarer Transparenthalter und gleichzeitig als Berufsschule für Demonstrationslehrlinge. Der Bau stürzte 355 n.C. bei Experimenten mit Megaphonen zur Postulierung besserer Sklavenbedingungen in sich zusammen.

Auch die Laufradmühle, die einerseits dazu verwandt werden sollte, die Ostsee auszutrocknen und in eine Nordwüste zu verwandeln, scheiterte an der Trägheit der polnischen Bediener. Der Doppelnutzen, Mühle und Fitness-Gerät, verfehlte seinen Sinn. Gleiches gilt für den Versuch, die tiefe Religiosität, die den Polen anheim ist, durch den Bau eines Gott erreichenden Turmes darzustellen. Die übereinander gestellten Bierkisten erreichten zwar eine imposante Höhe, führte aber zum wirtschaftlichen Kollaps, da die Brauereien nicht mehr wussten, wie sie das polnische Lebenselixier durch die Lande befördern sollten.

So blieb als einziges architektonisches Weltwunder das Falowiec, eine Mischung aus zweckoptimiertem Wohnraum und künstlichem Schutzwall, übrig. Diese 15 Stockwerke hohen Bauten erreichten Längen von bis zu 72 km und erstreckten sich in ihren Einzelsegmenten entlang der polnischen Plattengrenze. Um die Funktion des Schutzwalls zu garantieren, wurden an der Außenseite der markanten Gebäude weder Türen noch Fenster eingebaut. Auch wenn jedes Gebäude für sich bis zu 190.000 Familien in Zwei- bzw. Drei-Zimmer-Einheiten glücklich machen sollte, kam es zu erbitterten Widerständen der polnischen Bevölkerung. Die Fischer waren durch die Falowiec weder in der Lage, das Meer zu erreichen, noch, selbst wenn sie durch illegalen Tunnelbau einen Weg zu ihren Booten fanden, den angelandeten Fisch wieder zurück zu schleusen. Sie fanden meist die Tunnelöffnung nicht wieder. Diese Fischmangelversorgung verstimmte die Polen, die in dem Wohneinheitenschutzwall die Ursache für dieses ernährungstechnische Desaster sahen. Viele Familien kehrten dem Falowiec den Rücken und übernachteten lieber in ihren Autos als in dem fenster- und warmwasserfreien Vorzeigeprojekt polnischer Glanz-Architektur.

Bevor 1978 die letzten Lücken der einzelnen Bausegmente geschlossen werden konnten, kam es zu einem kulturpolitischen Umschwung und die polnischen Stadtplaner erkannten, dass sie nicht am Volk vorbei bauen durften. Hastig eingerissene Tordurchfahrten machten den Weg der jugendlichen Demonstranten frei, die sich hier auf der Rückseite der Prestigebauten mittels russischer Farbe künstlerisch verewigten. Diese nicht genehmigte Aktion führte später dazu, die Falowiec als Kulturdenkmale stehen zu lassen und unter den Schutz der Denkmalpfleger zu stellen.

Den sozialistischen Bruderstaaten dienten die Monumental-Plattenbauten als Vorzeigeobjekte verfehlter Politik und sie besannen sich darauf, ihre Massenquartiere der Arbeiter in handlichere Formate zu bauen.

Gedenkstätte

Hier im Warschauer Außenlager eines typischen Baumarktes aus der Do-It-Yourself-Branche, der für den kostenbewussten Gedenkenden Rohlinge anbietet

Polens Hang zur Tragik, Melancholie und Nachdenklichkeit hat seinen Niederschlag nicht nur in einer tiefen Religiosität, sondern auch in einer weltweit einzigartigen Vielfalt an Gedenkstätten-Bauten gefunden. Während anderswo viele verschiedene Stile die Architektur prägten, behielten die meisten Gebäude hier ihr archaisches Aussehen - bis auf die schnell und gern errichteten Gedenkstätten, die oft vitaler Ausdruck der jeweiligen Zeit waren, um lebendigen Politikern, toten Helden und allgemeinen und speziellen Kampfsituationen (wie z.B. das "Wunder von der Weichsel" s. ebd.) zu gedenken.

Bei der Vielzahl der polnischen Gedenkstätten ist es nur natürlich gewesen, dass sich nicht nur Motive immer wieder wiederholten und nur durch noch gewagtere architektonische Merkmale wie einer Gigantomanie in Länge und Breite überzeugen konnten. Es war zudem klar, dass diese Entwicklung auch mit der immer verzweifelteren Suche innovativer Geister nach neuen denkwürdigen Umständen einherging. Einerseits führte es dazu, dass oft noch während mancher nationaler, aber auch lokaler Ereignisse der Bau von Gedenkstätten begonnen wurde und nach friedlichem Ausgang verworfen werden musste. Dabei konnte der bisherige Ausbauzustand als Basis für dringend benötigten Wohnraum und zentral-sakrale Strukturen für den Hausaltar genutzt werden.

Auf der anderen Seite kürte man mittlerweile nicht mehr nur gemeine Soldaten, sondern sogar schon unbekannte Soldaten - wer das auch immer gewesen sein mochte - mit einem solchen Bauwerk. Vermutlich wählte man den Singular, um noch Denkmäler für alle anderen unbekannten Soldaten bauen zu können, was isoliert betrachtet - nach polnischer Wesensart - logisch und konsequent ist.

Mehrfamilien-Klo

An die Nutzungszeiten der WC-Ordnung haben sich die Polen gewöhnt. Schwerer fiel die Beschaffung von Toilettenpapier, wie hier an einer offiziellen Papier-Ausgabestelle.

Um im ohnehin knapp bemessenen Wohnraum noch Platz für raumfüllende Fernsehgeräte zu lassen, besannen sich die polnischen Architekten auf einen weltweit einzigartigen Schachzug. Sie verzichteten in wohnbaulichen Großprojekten auf privat genutzte Sanitäreinrichtungen. Während Waschsalons noch nach Parteizugehörigkeit und Dienstgrad getrennt wurden und immerhin mehreren Menschen gleichzeitig die Möglichkeit körperlicher Hygiene boten, galt für die WC-Salons die Devise: „Eine für alle, alle auf eine!“

Selbst in den moderneren Zweckbauten verzichteten die Bauherren auf die sogenannten Etagenklos und verlegten die aus einem ausgeklügelten Zweikammersystem bestehenden Aborte in den Keller. Kein Wunder, dass die Mieten, je näher die Wohnungen dem Erdreich kamen, begehrter, aber auch teurer wurden.

Um Ungerechtigkeiten und Betrug bei der Nutzung auszuschließen, gaben die Hausmeister in einem WC-Nutzungsplan festgehaltene, streng einzuhaltende Zeiten für jede Mietpartei aus. Hiernach galt gleiches Recht für alle und theoretisch konnte jede Familie wenigstens viermal täglich 10 Minuten den Hygienebereich aufsuchen. Wer zu der Zeit kein Bedürfnis hatte, musste die Zeit verstreichen lassen und auf die nächste Planzeit warten. In der Praxis führte dies aber dazu, dass Freizeiten gegen harte Zlotys gewechselt wurden. Trotz strenger Bemühungen der polnischen Regierung konnte sie diese Art Schwarzmarkt nie kontrollieren und die fiskalische Bereicherung lief am Staat vorbei.

Diese architektonisch einzigartige Bauweise fand eifrige Nachahmer im asiatischen Raum, vornehmlich Japan und China, gilt aber ansonsten als polnische Besonderheit.

Feiertage

FeiertagAnlass
1. Januar Neujahr
7.-31. Januar Sternsingerwochen (Polnische Kinder, aber auch Erwachsene ziehen, einen auf einem Stab angebrachten Stern vor sich hertragend, durch die Ortschaften und beschmieren die Haustüren mit geheimnisvollen Zeichen [siehe auch Gaunerzinken] – bisweilen wird der Stern durch eine entsprechende Körperhaltung symbolisiert)
16. Februar Geburtstag Stefan Czarnieckis (polnischer Nationalheld und Kapitulations-Duellist Schwedens)
Freitag vor Ostern Karfreitag (polnisch: Wielki Piątek - frei übersetzt: "hoffentlich gibts keine Krakauer!")
Tag nach Ostern Ostermontag (polnisch: Śmigus-dyngus - frei übersetzt: "Geteiltes Leid, halbes Leid")
Tage des Katers (bewegliches Fest - bis zu drei Wochen nach Ostern)
2. April Wiederauferstehung Karol Józef Wojtyłas (Papst Johannes Paul der Reisende II.)
1. Mai Tag der Arbeit/Maifeiertag
2. Mai Tag der Staatsflagge (nicht arbeitsfrei – jedoch darf die Fahne überall hin mitgenommen beziehungsweise getragen werden, was sonst grundsätzlich sanktioniert wird)
3. Mai Tag der Verfassung vom 3. Mai 1791 (polnisch: "Zajęcie dt.: "Besetzung" - externer Feiertag - wird von den damaligen Okkupanten Russland, Preußen (eingegliedertes "heutiges Ostpreußen" als Woiwodschaft Ermland-Masuren) und Österreich begangen
8. Mai Tag des Friedens (nicht arbeitsfrei) (bewegliches Fest im Andenken an streikfreie Zeiten in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts)
Fronleichnam Beweglicher katholischer Feiertag zum Gedenken an Frondienste in aller Welt, der durch das zeremonielle Schleppen eines symbolischen Sarges begangen wird (nach einer Legende konnte der lange im Untergrund lebende Dissident Janusz Krupski dank einer Fronleichnamsprozession in Danzig unerkannt in den Nationalpark Kampinos gebracht werden. Indiz für die tatsächliche Begebenheit könnte der damals genommene, lange Weg der Verbündeten und der häufige Wechsel beim Tragen des Sarges sein)
9. Mai bis 30. Juli Wochen der Verbrüderung und der deutsch-polnischen Freundschaft (Zeitspanne wechselt jährlich und ist von der Saisonarbeit polnischer Arbeiter in der deutschen Landwirtschaft und der Bauwirtschaft abhängig (in Polen arbeitsfrei)
1. August Sommerfeiertag (traditionell wird der erste Sommertag Polens begrüßt)
15. August Tag der polnischen Armee und (passend dazu) gleichzeitig Mariä Aufnahme in den Himmel
29. August Geburtstag Jan Henryk Dąbrowskis (polnischer Nationalheld und Duzfreund Napoleons)
31. August Gleiwitz-Tag (zum Gedenken an die erste Radiosendung nach dem Zweiten Weltkrieg - Ausstrahlung durch Radio Złote Przeboje, Motto: "Ab 5.45 Uhr wird zurückgesendet!")
15. September Ende des Frühlings/Anfang des Herbstes
29. September Geburtstag Lech Wałęsas (polnische Streik-Ikone und bedeutender Mauer- und Gewerkschaftsvorturner)
1. November Allerheiligen (wird inoffiziell bis Ende November gefeiert, um wirklich alle Heiligen zu würdigen, denn davon gibt es jede Menge)
11. November Tag der Unabhängigkeit im Jahr 1918 (Gedenken an den Tag Unabhängigkeit)
25. Dezember Weihnachtsfeiertag
26. Dezember Weihnachtsfeiertag (Ausnüchterung)
27.-31. Dezember Weihnachtsnachfeiertage (spezielles Fest für heimgekehrte Exilanten und Spätsaison-Arbeiter - wird mit Nachtrunk und traditionellem Reste-Essen begangen)

Essen & Trinken

Polen gehen selten auswärts essen. Wenn doch, achten sie darauf, dass ein deutliches L von außen angebracht ist. Es besagt, dass man dieses Restaurant voraussichtlich lebend verlassen wird.

Nahrungsaufnahme ist in Polen nicht Selbstzweck, sondern dient immer dem geselligen Beisammensein. Im Unterschied zu mediterranen Ländern, wo man Essen einen ähnlichen Stellenwert einräumt, beschränkt sich in Polen auf die Kernfrage: „Was kriege ich vom Mahl ab?“ Nicht, was man zu sich nimmt, sondern wie viel, steht in Ländern östlicher Prägung im Vordergrund.

Folglich wird beim gemeinschaftlichen Jedzenie szuflować, dem In-sich-reinschaufeln alles, was der Magen verdauen kann, auf den Tisch gebracht. Die sich unter der Last der kulinarischen Vielfalt durchbiegenden Tischdielen federn nach dem Startsignal zur Essensaufnahme schnell wieder zurück, das Geschirr, so es nicht mitverzehrt wurde, wird gereinigt und Wodka fließt in Strömen. Nach 12 Stunden ist das Mahl beendet und die Ausnüchterung beginnt. Gegen Abend wiederholt sich der Vorgang.

Auch wenn es egal scheint, was auf den Tisch kommt, kristallisierten sich doch einige Klassiker polnischer Köstlichkeiten heraus.

Der Borschtsch

Die polnische Küche nahm immer schon gern Gerichte aus anderen Ländern auf, um sie für den hiesigen Geschmack zu optimieren. Als Beispiel sei der russische Borschtsch genannt, eine Suppe aus roten Rüben, die man mit Gewürzen aus Asien, französischer Finesse und sibirischem Erdgas (wenn es denn fließt) zubereitet.

Die Polen nennen Borschtsch allerdings Barschtsch. Etymologisch ist diese Abwandlung nicht mehr herzuleiten, man geht jedoch davon aus, dass es sich um einen versteckten Widerstand gegen die zaristische Küche handelt und dass, wenn man das H in Borschtsch, wie sonst üblich in polnischer Semantik, in ein Z gewandelt hätte, dieses Wort selbst für Polen nicht mehr auszusprechen sei. Eine andere Theorie geht von einer beliebten, wenn auch ausgestorbenen Freizeitbeschäftigung männlicher Polen aus, dem barzcz, dem sogenannten Bärenklau. Seit die Bären in den Karpaten seltener geworden sind, verlagerte man diesen Trendsport auf andere Objekte.

Das Rezept für Barschtsch ist nicht öffentlich und unterliegt strengster staatlicher Geheimhaltung. Internationale Kochbanden versuchten bisher vergeblich, hohe Regierungspolitiker mittels Folter, Erpressung oder Stalking weich zu klopfen um ihnen das Rezept zu entlocken. Doch die polnische Sturheit zahlte sich aus. Niemals verriet ein Politiker dieses Rezept. Erst als Bestechung ins Spiel kam und die Summe im tolerierbaren Bereich lag, gelang die Zutatenliste durch Indiskretion ans Licht der Welt. Heute weiß man, dass Barschtsch aus vielen Zutaten besteht (s. o.) und alles zusammen mit dem Pürierstab zu einer dickflüssigen Suppe gemixt wird. Man isst sie warm oder kalt, als Vor-, Haupt- oder Nachspeise und zu jeder Tageszeit.

Die Reste können in einer Spur zu einem schmalen Streifen ausgegossen und anschließend einer Lufttrocknung unterzogen werden. Polen formen daraus ihre bekannten roten Barschtsch-Gürtel. Seit ein Pole als Papst die Welt durch sein plötzliches Erscheinen erschreckte, werden sogar Vatikan-Schuhe aus dem lederähnlichen Material hergestellt.

Panieńskie pierożki

Die Herstellung von Mädchenteigtaschen

Teigtaschen sind bei Familienfeiern beliebt und schmecken generationenübergreifend auch den Älteren.

Aus Mehl, Wasser, Hefe, Salz und Butter wird ein kräftiger Teig geknetet und für wenigstens zwei Stunden abgedeckt an einem warmen Ort stehen gelassen. Hier hat der Teig Zeit zu gehen und um sich auf sein späteres Leben als Mädchenteigtasche vorzubereiten.

In der Zwischenzeit wird die Tasche präpariert. Hierzu kann eine ausgediente Handtasche, aber auch eine Polyethylen-Tragetasche verwandt werden, wie sie gern in polnischen Einkaufszentren herausgegeben wird. Die Tasche grob säubern und von den Innereien befreien. Ausgelaufene Bierreste aus offenen Pfandflaschen sollten sorgfältig ausgewischt werden, bei Kleinteilen in Handtaschen muss nicht so genau gearbeitet werden. Nachdem die Tasche ausgenommen wurde, werden die Innenwände mit Rosmarin eingerieben und anschließend vollständig mit Meersalz gefüllt. Dieser Vorgang entzieht der Tasche die letzte Feuchtigkeit und sorgt für den angenehmen Geschmack. (Nicht vergessen: Salz vor Zubereitung wieder ausschütten!)

In den aufgegangenen Teig werden jetzt handelsübliche Mädchen-Accessoirs eingeknetet. Dies sind in aller Regel rosafarbene Mobiltelefone sowie Kunststofffiguren von Lillifee. Daneben eignen sich Fotos von männlichen Popstars, Tagebücher, Schmuck und Schminkutensilien.

Die so präparierte Mädchenteigtasche ist nun für ca. 10 – 14 Tage ständiger Begleiter der Jugend und nimmt Gerüche der Umgebung auf. Gleichzeitig fermentiert der Teig und wird mittels Lufttrocknung wetterfest. Nach Abschluss dieser Prozedur die äußere Hülle entfernen, den Kuchen in gleichmäßige Stücke schneiden und mit heißer Vanillesoße servieren.

Panieńskie pierożki wird hauptsächlich am Wochenende verzehrt, wenn Polen bei ihren berüchtigten Familienfesten die Neuanschaffung von rosafarbenen Mobiltelefonen feiern.

Piroggen

Wie der Name verrät, besteht die polnische Nationalspeise aus zwei Bestandteilen, wobei der eine Roggen ist. Beides wird zu einem Teig geknetet, unterschiedlich herzhaft gefüllt und anschließend in heißem Diesel fertiggegart. Man isst Piroggen als kleine Mahlzeit zwischendurch.

International bekannt wurden die Teigtaschen durch Siegfried Lenz Autobiographie „So zärtlich war Piroggen“ bei der er die sehnsuchtsvolle Beschreibung seiner Masurischen Heimat in die Liebesgeschichte einer Magd und ihrer ungestillten Lust auf Piroggen verpackt. Das Drama wurde 1967 mit Monika Bleibtreu als Magda und Gustaf Gründgens als Piroggen verfilmt.

Bigos myśliwski z grzybami

Jäger-Bigos mit Pilzen

Fleisch gilt in Polen als Mangelware. Gerade deshalb entwickelten die Polen eine besondere Gier nach Fleisch. Diese als Polnische Fleischeslust bekannte Sehnsucht führt in der Fleischersatzbeschaffung manchmal zu interessanten Stilblüten. So rühren die Klassiker, Lederschuhe zu Schinkenwürfeln geschnitten oder Autoreifen in Wiener Schnitzel zu verwandeln, aus dem Land zwischen Oder und Weichsel.

Es erstaunt daher nicht, dass es kaum Rezepte in der polnischen Küche gibt, die Fleisch als feste Zutat vorschreiben. Wenn es einmal auftaucht, wird meist der Hinweis (wenn vorhanden) hinzugefügt. Einzig der traditionelle Osterbraten Bigos myśliwski z grzybami verlangt ausdrücklich den Einsatz von Nicht-Vegetarischem.

In dem aus Sauerkraut, Lorbeer und Dickmilch bestehendem Eintopf werden 600g echtes Fleisch mitgekocht (gerechnet für vier Personen). Das Ganze ca. 1,5 Stunden langsam schmoren lassen und mit ungarischer Paprika bedecken. Weitere 20 Minuten durchziehen lassen. Wer will hat, kann kurz vor dem Servieren noch Hartkäse über dies nahrhafte Gericht streuen.

Tipps zur Fleischbeschaffung

Verkehrsunfallopfer werden in Polen in transportfähige Einheiten verpackt.

Wer schnell genug mit dem Auto unterwegs ist, hat manchmal das Glück, ein Tier auf der Autosztrasze zu erlegen. Das frisch erlegte Tier muss, bevor es von anderen Vorbeifahrenden entdeckt wird, sofort im Kofferraum versteckt werden und zu Hause dann in aller Ruhe und ohne, dass die Nachbaren es bemerken, ausgenommen und zügig verarbeitet werden.

Eine andere Art wäre der Besitz von Verwandten im westlichen Ausland. Diese können auf Heinreisen immer feinstes Fleisch in Dosen ins Land schmuggeln. Dass auf diesen Blechbüchsen meistens Haustiere abgebildet sind, darf den Koch nicht stören. Jeder weiß, dass es sich um westliche Propaganda handelt. Wenigstens erzählen es so die Verwandten, die die Konserven mitbringen. In aller Regel finden sich in diesen Dosen herzhafte Stücke vom Rind, vom Huhn oder von der Ente. Selbst Fisch kann dabei sein. Dies erkennt man an den Katzen auf der Verpackung, die sich genüsslich die Schnauze lecken.

Die Wege des Fleisches sind unergründlich. Sollte diese Reise aus unbestimmten Gründen einmal länger dauern, wird dieses Fleisch zu Döner verarbeitet. Sollten Mitarbeiter des Veterinäramtes so etwas bemerken, verkaufen die türkischen Fleischgroßhändler ihre Ware an polnische Supermarktketten. Durch Korruption die Trägheit der verbeamteten Ordnungsamtsmenschen passiert dies jedoch selten und ein Auftauchen von Frischfleisch in polnischen Supermärkten führt meist zu tumultartigen Szenen und chaotischen Ausnahmezuständen.

Krakauer

Liebevoll "kiełbasa nie martwić się" (Wurst, die [sich] keine grauen Haare [mehr] wachsen läßt) oder "nie kiełbasa" (keine Wurst) genannt, gehört zu den bekanntesten polnischen Wurstspezialitäten, die immer schon Ausdruck nicht nur archaischer Wurstmaschinen, sondern auch polnischen Improvisationsvermögens war. Über die Jahrhunderte hinweg war und ist sie Garant für das schnelle und unkomplizierte Stillen von hungrigen Mäulern und Kleinstkindern, die mit entsprechend gefertigten Schnullern an etwaige Mangelwirtschaften gewöhnt werden.

Die Inhaltsstoffe bemessen sich dabei an den Dingen, die es zeitweise im Überfluss gibt: im stark vom Bergbau beherrschten Oberschlesien überwiegt die Schwarzwurstvariante, während die Wurst in Regionen mit viel petrochemischen Betrieben einen paraffinartigen, in der Nähe von Erzminen einen metallischen Nachgeschmack hat und an der Ostseeküste mit erdölfördernden Bohrinseln wie Fisch aus dem Golf von Mexiko schmeckt. Dabei ist sie gekennzeichnet durch eine hohe Bandbreite des Fleischanteils, der zwischen 0 und 15 Prozent schwankt. Ob und inwiefern der Genuss von Krakauer vor diesem Hintergrund zur Schrumpfung der aktuellen Bevölkerung Polens beiträgt, ist - wie immer - umstritten.

Die Wurst bedingt im Produktionsprozess viele Vorteile. Sie verbreitet während des Räuchervorgangs einen so strengen Duft, dass alle unliebsamen Bewohner des Küchenbodens bis zu 23 cm Widerristhöhe zuverlässig vertilgt werden. Die Krakauer dient deshalb auch zur Durchsetzung des Trinkverbotes während des katholischen Fastens. In noch roh-gepresstem Zustand kann sie mit ihrer homogenen, sehr harten und festen Masse dazu verwendet werden, alle größeren blinden Passagiere zu bekämpfen. Sie war deshalb auch Standardwaffe polnischer Polizisten bei Demonstrationen, bevor sie gegessen wurde. Als der polnische Fiskus allerdings begann, sie aus diesem Grund als geldwerte Leistung zu besteuern, wurde sie schließlich selbst zum Streikauslöser, bis sie dort gegen Gummiknüppel ausgetauscht wurde.

Polnischer Humor

Überlieferte Witze gelten immer noch als Humorgarant: "Woran erkennst Du, dass wir schon im Weltall waren? Am Großen Wagen fehlen die Räder."

Man muss sich bei der zur Depression neigenden polnischen Bevölkerung die Frage stellen, ob es eigentlich so etwas wie den typisch polnischen Humor gibt. Im benachbarten Ausland kennt man den polnischen Witz sehr wohl, jedoch bezieht der sich meist geschmacklos auf die Polen selbst. Ob die Polen über Ist Dein Wagen gerad’ gestohlen, ist er schon in Polen wirklich lachen, bleibt mehr als zweifelhaft.

Erschwerend kommt hinzu, dass Polen eine Extrem-Export-Nation ist. Alles, was sich zu Geld machen lässt, wird verkauft. Sei es eine besondere landwirtschaftliche Fähigkeit, alte Autoradios oder wenig ernst gemeinte Liebe. Auch die Ideengeber der polnischen Witzindustrie verkaufen ihre heiteren Geschichten, Parodien und Anekdoten eher an westliche Medien oder Komiker, als dass sie damit den heimischen Markt beliefern. Unter diesen Umständen sucht der Humorwissenschaftler oft vergeblich nach Spuren polnischer Witzidentität.

Fündig wird er dort, wo die Polen sich unverfälscht und ohne Einfluss der Moderne aufhalten. Dies können abgeschnittene Bergdörfer sein, kleine Dörfer in den Weiten der polnischen Tundra oder Städte, die sich der Moderne versperren (Danzig). Hier lebt noch die Tradition, Witze, die man vom Opa gehört hat, an die Enkel weiterzugeben und bietet Paläolinguisten ein weites Forschungsfeld. Der Witz, den man hier antrifft, ist frei von Gemeinheiten, Klugheit oder Zynismus. In summa würde man sagen „Hach, ist der niedlich!“

Chopin

Die Prägung osteuropäischer Musik durch starke Gefühle, wie Heimatverbundenheit, Heimweh und damit verbundener Melancholie des sich ausgesetzt Fühlens hat nicht nur etwas mit den undurchdringlichen Wäldern, in denen man sich schnell verlaufen hat, zu tun. Gerade die polnische Geschichte mit ihren vielen Phasen der Fremdherrschaft und des kurzzeitigen Befriedens kämpferischer Handlungen durch Dritte oder wenigstens Exilanten kann als archetypischer Nährboden für solche Anwandlungen angesehen werden.

Aus der grauen Masse tritt ein Mann hervor, der diese Geisteshaltung zur Kunstform erhob und die Leidenschaft des Verzichts diesmal nicht mit Knietänzen, Tanzbären oder Akkordeonspiel verarbeitete, sondern der Sehnsucht die Note gab, die jeder Pole in seinem Herzen trägt: h-Moll. Frederic Chopin. Gelten bei anderen bedeutenden Komponisten schwermütige Stücke als Ausrutscher, wie "ein deutsches Requiem" von Brahms oder die "Winterreise" Schuberts, ist die Musik das Transportmittel des einzigen Wunsches Chopins, endlich wieder nach Hause zu kommen, weil er sich die Rückfahrkarte nach Polen nicht leisten konnte.

In mönchische Abstinenz gezwungen, als "E.T." der Romantik an die französische Hauptstadt und später ans Bett gefesselt, fabulierte er ein Meisterwerk der Sehnsucht vertonter und vergoldeter Erinnerungen, die jeder ortsansässige im Bergwerk tätige Oberschlesier jeden Abend weinerlich mit Wodka wegzuspülen wusste. So weist zwar jeder Pole inbrünstig auf die Bedeutung Chopins in der europäischen Musikgeschichte hin, obwohl ihm klar ist, dass man eben nur auf Distanz derart vermissen kann. In späteren Kriegen wünschte sich so mancher polnischer Soldat eine Chopin-Beschallung über die Schützengräben hinaus: "Hätten wir nur Lautsprecher gehabt, keine Feldpost hätte mehr geholfen - die Feinde wären weinend weggezogen! Hätten wir nur Lautsprecher gehabt!".

Immerhin erreichte später wenigstens das trauernde Herz Chopins das geliebte Heimatland. Die Beförderungsgebühr konnte so wohltuend klein gehalten werden.

Musikszene heute

Oben: Die Notation eines polnischen Seemannsliedes, tauglich für internationale Künstler und
unten: die gleiche Nachspielhilfe für polnische Musiker.

Ohne Frage, Frédéric Chopin hatte den Volksnerv der Polen getroffen und verstand es, seine Sehnsucht und Heimatverbundenheit durch Nocturnes, Polkas und Preludes auszudrücken. Jedoch blieb er, der die meiste Zeit im Ausland verweilte, ein polnisches Phänomen und Ausnahmetalent.

In der Praxis waren die polnischen Musiker, Komponisten und Dirigenten zwar kreativ, aber insgesamt weniger feingeistig. Sie erfanden eine eigene Notation, die basierend auf einfache Symbole auch unmusikalischen Menschen das Gefühl vermittelten, ihren Beitrag zum polnischen Musikerbe beitragen zu können. So wies die Darstellung einer Trompete den betreffenden Musiker an, an der entsprechenden Stelle in sein Instrument zu blasen. Gleiches galt für Klavier, Tuba und Pauke. Tonart, Taktfrequenz und Pausen spielten bei dieser Notation keine Geige Rolle und lassen die Musikstücke sehr lebendig, aber auch immer wieder anders erscheinen. Dieses bis heute gültige Merkmal polnischer Musik beeinflusste die tschetschenische Freejazz-Szene und ungarische Volksmusiker, konnte sich international jedoch nicht massentauglich durchsetzen.

Erschwerend kann hinzu, dass polnische Musiker immer unter Einfluss von selbst gebranntem Wodka standen, was das Nachspielen der schmissigen Weisen für nüchterne Orchestermusiker fast unmöglich machte.

Die Musik und die Musiker Polens bleiben unter sich und musizieren in Polen für Polen, wie sie selbstbewusst sagen. Einzig Der Popolski-Schau schaffte neuzeitlich den Sprung in die internationale Musik-Szene und vermittelt polnisches Lebensgefühl nach Europa.

http://www.youtube.com/v/1ln4n65fBBA&hl=de_DE&fs=1&

Polnische Nationalhymne

Die polnische Nationalhymne ist selbst ein gewachsenes Stück Speck Geschichte dieses stets umkämpften Landes. In der Vergangenheit diente es immer als eine Art Litfaßsäule, um den gerade Herrschenden zu huldigen. So wurden mitunter Namen der aktuellen Regenten eingesetzt, um nach dem Umsturz von den folgenden Okkupanten zornig getilgt zu werden. Zudem dient es in verklausulierter Form auch als eine Art Geschichtsbüchlein für polnische Kinder, damit diese die Namen polnischer Helden nicht vergessen. Ex existieren also viele Fassungen, hier werden aber nur die zwei gängigsten dargebracht:

OriginalfassungAktuelle Fassung
Noch ist Polen nicht verloren,

Solange wir leben.
Was uns fremde Übermacht nahm,
werden wir uns mit dem Säbel zurückholen.

Noch war Polen noch nicht verloren,

solange wir noch nicht geboren.
Was uns fremde Übermacht nahm,
gehörte ihnen sowieso.

Marsch, Marsch, Dąbrowski,

Von Italien nach Polen.
Unter Deiner Führung
Vereinen wir uns mit der Nation.

Marsch, Marsch, Dąbrowski,

Im Karrn fahrn bis nach Polen.
Unter Deiner Weisung
vereinigen wir uns mit allen.

Wir werden Weichsel und Warthe durchschreiten,

Wir werden Polen sein,
Bonaparte gab uns vor,
wie wir zu siegen haben.

Wir werden Weichsel und Warthe durchschreiten,

wenn sie nicht gefroren,
Mit Bonaparte auf St. Helena
kämpfen wir unverfroren.

Marsch, Marsch Dąbrowski...
Wasser Marsch, Wasser Marsch, Dąbrowski...
Wie Carniecki bis nach Posen

Nach der schwedischen Besetzung,
Zur Rettung des Vaterlands
Kehren wir übers Meer zurück.

Wie Carniecki bis nach Posen,

mit Bremsstreifen in den Hosen
zur Rettung der Nation
kehren wir zurück und alles beginnt von vorn.

Marsch, Marsch, Dąbrowski...
Wäsche am Arsch, am Arsch, Dąbrowski...
Da spricht schon ein Vater zu seiner Barbara

Weinend:
"Höre nur, es heißt, dass die Unseren
Die Kesselpauken schlagen."

Da verspricht ein Vater seiner Barbara

"Kleine,
Es heißt, dass wir morgen siegen,
wenn dem Fass der Boden herausgeschlagen."

Marsch, Marsch, Dąbrowski... Arsch, Arsch, Dąbrowski...

Das Kartoffelfangen

Das Kartoffelfangen ist ein Spiel, das bereits kurz nach der Kultivierung dieses schmackhaften Nachtschattengewächses die Herzen der Polen im Sturm gewinnen konnte. Es ist verwandt mit dem Münzenwerfen. Zwei oder mehrere Spieler - es gibt aber auch die Einspielervariante - stellen sich vor eine Wand, jeder mit einer gekochten Kartoffel in der Hand. Nun muss man versuchen, die Kartoffel so nahe an der Wand zu platzieren, dass diese näher liegt, als die anderen geworfenen Früchte. Die jeweils weiter weg liegende Kartoffel darf vom Sieger behalten werden. Bei diesem Spiel gibt es in der Regel keine Gewinner und der offizielle Teil endet beim Essen von "Kluski śląskie" (schlesische Kartoffelklöße). Die Mütter haben sich das Stampfen gespart.

Reifentreiben

Mittels eines Stocks wird ein Reifen in hoher Geschwindigkeit vor sich hergetrieben. Dabei ist nicht nur eine gute Kondition wichtig, sondern auch eine ausgeprägte Geschicklichkeit, den Reifen nicht fallen zu lassen. Heutzutage wird meist mit frisch demontierten Autoreifen gespielt und der Stock durch die behandschuhte Hand ersetzt. Die Gruppe hat gewonnen, die zuerst vier Reifen eines Typs in eine weiter gelegene Garage bringen konnte. Wem der Reifen hinfällt, muss zurück und ihn wieder montieren.

Völkerwanderung

Ist bei der Stillen Post nicht mehr nötig: der altehrwürdige Bestechungskasten vor polnischen Behörden.

Eine weitere beliebte Sportart Polens ist die Völkerwanderung. Hierbei verlassen Familien ihre Heimat und werden anderswo sesshaft. Von diesem neuen Standort werden Postkarten an die Zurückgebliebenen geschickt. Je nach Spielweise gewinnt derjenige, der die meisten Postkarten erhält oder der die am Weitesten entfernte vorzeigen kann. Trotz der nicht geringen Kosten durch Porto oder Flugpreise nehmen jährlich viele Polen an dieser Sportart teil.

Stille Post

"Stille Post" ist eine Variante des bekannten und beliebten Postspiels, wo Kinder normalerweise vor albernen gelb gestrichenen Kartons mit aufgemalten Posthörnern sitzen und versuchen, sich gegenseitig übers Ohr zu hauen ("Entweder Du bezahlst 30 Euro für dieses Paket oder ich mache Feierabend"). "Stille Post" funktioniert anders und kommt ohne Kulissen aus. Die Kinder stellen sich in einen Kreis und schließen die Augen. Spielziel ist es, dass ein vorher geheim bestimmter "Postbeamter" in die Kleidung eines Kindes einen Brief unterbringt. Der "Postbeamte" darf gefundenes Geld behalten. Das Deponieren von Reisszwecken oder Mausfallen in Taschen ist verboten. Eingeschlafene werden disqualifiziert. "Hier gehts ja zu wie bei der Stillen Post!" ist ein oft verwendeter polnischer Ausruf der Entrüstung in belebten Fußgängerzonen, aber auch während der Zusammenarbeit mit Behörden.

Kaschubien, die Klamottenkiste Polens

Kaschubien gilt als die grüne Lunge und die rechte Niere Polens (die andere liegt in Oberschlesien an der Dialyse), solange sie nicht als Leberspender dienen muss. Denn dieses dünn besiedelte Gebiet trägt durch große Wälder, Hunderte einsamer Seen und zig verwunschener Hügelketten sehr zum Alkoholismus seiner Bewohner bei. Hier haben sich zahlreiche merkwürdige polnische Traditionen erhalten, die anderswo schon längst dem Geist der Zeit geopfert worden sind:

  • Fronleichnamsfest von Kosakowo mit anschließenden Auferstehungsfeierlichkeiten - aus Kosakowo kommt übrigens einer der bedeutendsten Forscher auf dem Gebiet der Katalepsie
  • Kaschubische Märchenzählerei - nicht mit Märchenerzählerei zu verwechseln – sonstwo schon längst vergessen ist der aus praktischer Erfordernis geborene Brauch, die aus Langeweile entstandene Unmenge an polnischen Märchen, Sagen und Mythen für die Kinder handelbar zu machen. So lernt jedes Kind bereits in seinen ersten Jahren eine riesige Liste von Zahlenkolonnen auswendig, hinter denen die einzelnen Märchen stehen und deren Nummer lediglich beim täglichen Märchenabend genannt zu werden braucht:
    • 12020 steht zum Beispiel für das Märchen „Nikòlaj“, in dem es um eine Art polnisches Rumpelstilzchen geht
    • 54823 steht für das Märchen „Der tapfere Soldat und der Geist“, wo der Widerstreit eines unerschrockenen Frontkämpfers mit einem Geist a la Ebenezer Scrooge beschrieben wird, der nach seinem Tod sein Geld ans Militär verliert

Dabei werden aus dem Stegreif neue Märchen erfunden. Es ist auch eine beliebte Neckerei, eine frei erfundene Zahl in den Raum zu werfen und in das erschrockene Gesicht zu blicken, weil man dieses Märchen noch nicht kennt:

  • Kaschubischer Hausbootmarkt – nur mühsam konnten die Kaschuben dem Wasser ihr Land abringen, denn Kaschubien bestand ursprünglich nur aus mit Ostseewasser überschwemmtem Marschland. Durch Salzablagerung, -abbau, Verdunstung und den Bau gewaltiger Zisternen gegen Belagerungen entstanden die heutigen Seen. Die Kaschuben waren früher nämlich ein streitsüchtiges Völkchen. Daher wurden die innerpolnischen Grenzen nach Kaschubien hin auch nicht mit klassischen Zäunen oder Halsgräben, sondern mit Dämmen bewerkstelligt. Darauf gründet sich der Brauch, da jeder Punkt im „Land“ mit dem Boot befahrbar war, statt ein Haus eben ein Hausboot zu bauen und mit ihm auch dem täglichen Gewerk nachzugehen (berüchtigt sind die Danziger Hausboot-Staus auf der polnischen Wassersztrasze "A1" – immer diese Baustellen!). Für den immer noch überschwemmten Bereich Kaschubiens gilt heute noch: Wo Hausboote sind, ist auch ein Markt für Hausboote! So finden sich verstreut Ansammlungen mit Hausboot-Besitzern, die ihre Ware meist steuer- und haftfrei, schnell und anonym loswerden möchten und wo der Partner bereits im Heimhausboot mit laufendem Außenborder sitzt. Auch Tauschaktionen mit kompletter familiärer Besetzung sind keine Seltenheit.
                  Staaten in Europa
(Nach Wichtigkeit geordnet)

Albanien  |  Andorra  |  Belgien  |  Bosnien und Herzegowina  |  Bulgarien  |  Dänemark  |  Deutschland  |  Estland  |  Finnland  |  Frankreich  |  Griechenland  |  Irland  |  Island  |  Italien  |  Kasachstan  |  Kroatien  |  Lettland  |  Liechtenstein  |  Litauen  |  Luxemburg  |  Malta  |  Mazedonien  |  Moldawien  |  Monaco  |  Montenegro  |  Niederlande  |  Norwegen  |  Österreich  |  Polen  |  Portugal  |  Rumänien  |  Russland  |  San Marino  |  Schweden  |  Schweiz  |  Serbien  |  Slowakei  |  Slowenien  |  Spanien  |  Tschechien  |  Türkei  |  Ukraine  |  Ungarn  |  Vatikan  |  Vereinigtes Königreich  |  Weißrussland  |  Zypern

Ex-Länder: DDR  |  Jugoslawien  |  Österreich-Ungarn  |  Sowjetunion  |  Tschechoslowakei  |  Vichyfrankreich
Keine richtigen Länder: Färöer  |  Gagausien  |  Gibraltar  |  Grönland  |  Isle of Man
Möchtegernländer: Bayern  |  Kosovo  |  Krim  |  Nordzypern  |  Transnistrien
Superstaat: Europäische Union

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kamelo:Polen

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